Die Übernahme der Projektleitung für ein wichtiges Projekt bringt oft die Aufmerksamkeit des eigenen Topmanagements mit sich. Das ist einerseits genau das Rampenlicht, das der Karriere guttut, andererseits ist es eine ungewohnte Situation für die meisten Projektmanager:innen. Wer dem damit verbundenen Druck nachgibt und daran scheitert, sich als kompetente:r Partner:in auf Augenhöhe zu präsentieren, kann seiner:ihrer Karriere damit schaden – ganz zu schweigen von dem Projekt!
Willkommen im Senior Management!
Die Führung eines größeren Projekts mit Teilprojekten, verschiedenen Dienstleistern und gegebenenfalls dem Team eines Kunden ist vergleichbar mit der Leitung einer Abteilung: Statt einem leiten Sie mehrere Teams.
Diese Perspektive einzunehmen ist der erste Schritt zum Erfolg. Der zweite besteht darin, sich bewusst zu machen, dass das Topmanagement Sie nun mit anderen Augen sieht: Sie werden ernst genommen, aber gleichzeitig auf den Prüfstand gestellt. Sie spielen jetzt auf einem neuen Level und müssen sich beweisen. Egal, wie lange Sie auf diesen Karriereschritt hingearbeitet haben: Nun zeigt sich, ob Sie auf diesem hohen Level mithalten können.
So ticken Ihre Stakeholder:innen
Den Tagesablauf von Executives prägen ständige Themenwechsel und Unmengen an Input: Innerhalb einer Stunde kann es um Probleme in der Produktion, die Rückfrage eines Investors, Forderungen des wichtigsten Kunden und eine Entscheidung zum neuen Messeauftritt gehen. Es gehört zum Job, sich möglichst schnell ein Bild der aktuellen Situation zu machen. Das bedeutet, herauszufiltern, was die Person, die vor einem steht, jetzt braucht, und die Entscheidung darüber zu treffen, was der nächste Schritt ist.
Entsprechend hoch ist die Erwartungshaltung an Sie, dass Sie Probleme, Entscheidungen, Status etc. auf den Punkt bringen. Vielen Projektleiter:innen fällt es schwer, einzuschätzen, welche Detailtiefe Entscheider:innen benötigen. Vor allem, falls Sie dazu neigen, konkret, detailorientiert und induktiv zu berichten, wird das Reporting an das Topmanagement für Sie eine Herausforderung werden.
Deduktives Vorgehen ist hier die Regel
Einer meiner Klientinnen erging es so mit ihrem Geschäftsführer. Jedes Mal, wenn sie den Status des von ihr geleiteten Projekts vortrug, unterbrach er sie und forderte sie auf "endlich zum Punkt zu kommen". Ihr Vorgehen, um sich den Überblick über die offenen Punkte im Projekt zu verschaffen, ist induktiv: Sie geht alle Punkte einzeln durch und bildet dann die Kategorien und Überschriften. In dieser Form trug sie auch den Status vor.
Ihr Chef dagegen geht deduktiv vor: Er beginnt mit der Übersicht und der Kernbotschaft und entscheidet dann, welche Details er zusätzlich wissen will. Der Konflikt in den Statusmeetings war somit programmiert.
Das deduktive Vorgehen ist für das Topmanagement typisch. Selbst die Executives, die von Haus aus induktiv denken, stellen sich in der Regel rasch um oder fragen nach einigen wesentlichen Eckpunkten, die sie benötigen, um ins Thema zu kommen.
Nachdem meine Klientin verstanden hatte, dass es weder um sie persönlich noch um ihre Kompetenz ging, sondern um ihre Art der Aufbereitung von Informationen, konnten wir eine Methode ausarbeiten, mit der sie in der Lage war, künftig mit der Überschrift anzufangen. Es hat sie einiges an Übung und vor allem Vorbereitungszeit gekostet, für sich die jeweiligen Überschriften zu erstellen und in der Kommunikation damit zu beginnen, aber mit der Zeit gelang es ihr immer besser. Ihrem Chef fiel bald auf, dass er "mehr mit dem Statusbericht anfangen konnte".
Kritische Fragen gehören dazu
Alles selber schon durchlebt
24.07.2024
Eine sehr gute Aufbereitung, den auf alle Aspekte eingeht, die man als Projektleiter so durchlebt - so kann ich eigentlich alle Punkte aus eigener Erfahrung bestätigen. Immer daran denken: Nicht persönlich nehmen, wenn man angegriffen wird. Meist sind die Mitglieder des Topmanagements auch rethorisch voraus und können mit einem kurzen gezielten Satz einen durchaus aus der Ruhe bringen. Und manchmal kommen hier auch neue Ideen zutage - und kratzt natürlich auch am eigenen Ego - "Warum bin ich - der sich damit wochenlang beschäftigt hat - nicht selber darauf gekommen?". Also immer ruhig bleiben.