Colocation oder Remote-arbeiten Wo werden wir in Zukunft arbeiten?

Wo arbeiten wir in Zukunft - Colocation oder Remote-arbeiten?

Colocation oder freie Wahl des Arbeitsorts – wo werden wir in Zukunft arbeiten? Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Trotzdem sollten Sie sich für eine entscheiden – denn Kompromisse funktionieren selten wirklich gut, meint Simon Klaiber.

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Colocation oder Remote-arbeiten Wo werden wir in Zukunft arbeiten?

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Colocation oder freie Wahl des Arbeitsorts – wo werden wir in Zukunft arbeiten? Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Trotzdem sollten Sie sich für eine entscheiden – denn Kompromisse funktionieren selten wirklich gut, meint Simon Klaiber.

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Beobachtet man mit offenen Augen und Ohren sowohl die Agile- als auch die – im Grunde sehr nahestehende – New-Work-Bewegung, fällt recht schnell ein kleiner aber entscheidender Widerspruch auf: Die diametral unterschiedliche Antwort auf die einfache aber bedeutsame Frage: Wo sollen die Menschen arbeiten?

Fragt man eine Verfechterin der agilen Methoden, hört man meist: Colocation! Das bedeutet: Die Menschen sollen räumlich so nah beieinander arbeiten wie irgendwie möglich.

Fragt man eine Vertreterin der New-Work-Bewegung, hört man: Die Menschen wissen am besten, wo sie am effektivsten arbeiten können. Sie sollten die Freiheit haben, zu arbeiten, wo immer sie wollen.

In diesem Artikel möchte ich beleuchten, woher diese Diskrepanz kommt, ob es zwischen diesen Positionen auch aussichtsreiche Kompromissmöglichkeiten gibt oder ob es bei Colocation und Remote-arbeiten einen klaren Gewinner gibt.

Welche Arbeitsorte gibt es? – Begriffsdefinitionen

Colocation: Die Mitarbeiter arbeiten räumlich so nah wie möglich beisammen alle am gleichen Ort.

Remote First: Alles ist auf Remote-arbeiten ausgerichtet, aber auch das Arbeiten im Büro ist möglich, wenn sinnvoll oder gewünscht.

Remote Only: Es gibt kein Büro mehr, die Kollegen arbeiten alle an verschiedenen Orten.

Warum fokussieren sich Agilisten auf Colocation?

Zunächst versuchen wir nachzuvollziehen, woher die Fokussierung der Agilisten auf Colocation kommt. Ich höre häufig: "Scrum ohne Colocation ist gar kein richtiges Scrum".

Daher werfen wir zunächst einen Blick in den Scrum Guide. Dort finden wir: nichts! Der Scrum Guide verliert kein Wort über Colocation oder die räumliche Komponente der Arbeit im Allgemeinen. Im Agilen Manifest, das Bindeglied aller agilen Methoden, ist das Einzige, das grob etwas mit Colocation zu tun hat, das 6. Agile Prinzip:

"Die effizienteste und effektivste Methode, Informationen an und innerhalb eines Entwicklungsteams zu übermitteln, ist im Gespräch von Angesicht zu Angesicht."

Hier lässt sich trefflich darüber schreiten, ob "von Angesicht zu Angesicht" bedeutet, dass dies im gleichen Raum sein muss oder ob eine Videokonferenz ebenfalls diesem Prinzip entspricht.

Die einzige verbreitete agile Methode, die sich explizit mit Colocation auseinandersetzt, ist eXtreme Programming (XP), eine agile Methode, die einen starken Fokus auf die Software-Craftsmenship-Aspekte agiler Entwicklung setzt. Hier heißt es: "You can add vital communication paths to your team by just taking down the barriers that divide people." In "eXtreme Programming. Das Manifest" widmet Kent Beck, Begründer der Methode, dem räumlichen Aufbau einer idealen Arbeitsumgebung für ein XP-Team ein ganzes Kapitel.

Spricht man mit Agilisten, kristallisiert sich jedoch schnell heraus, warum sie Colocation als "Goldstandard" ansehen: Man versucht, innerhalb des Teams eine "osmotische Kommunikation" zu erzeugen: Dadurch, dass das (kleine) Team eng beisammen sitzt und alle wichtigen Informationen wie ein Scrum Board, Statistiken, etc. für alle immer klar sichtbar an der Wand hängen, weiß jeder im Team zu jeder Zeit über den aktuellen Stand sowie aktuelle Tätigkeiten und Probleme von Kollegen Bescheid, ohne dass diese Informationen explizit kommuniziert werden müssen. Man kommuniziert sozusagen unsichtbar "durch Osmose", ohne dass zusätzlicher Aufwand dafür erbracht werden muss.

Wer schon einmal ein Team erlebt hat, bei dem osmotische Kommunikation funktioniert, weiß, dass dies ein unglaublich großer Effektivitätsschub ist. Man merkt aber auch schnell, dass ein solcher Effekt sehr fragil ist und bereits eine Tischreihe Abstand oder ein lautes Nachbarprojekt im gleichen Raum diesen Effekt zerstören können.

Was sind die Argumente für Work Everywhere?

Die New-Work-Verfechter Jason Fried und David Heinermeier-Hansson hingegen weisen darauf hin, dass man den Mitarbeiten vertrauen sollte, selbst einschätzen zu können, was für sie das ideale räumliche Setup für ihre eigene Arbeit ist. Darüber hinaus betonen sie zwei negative Aspekte, die das Arbeiten in einem festen Büro habe:

  1. Die potentiell schädlichen Auswirkungen des Pendelns
    Fried David Heinermeier-Hansson schreiben, Pendeln stresse, mache nachgewiesenermaßen dick und krank und sei schlecht für das Familienleben sowie eine Verschwendung kostbarer Lebenszeit.
  2. Die unterbrechungsreiche Natur eines modernen Büros
    Die unterbrechungsreiche Natur eines modernen Büros verhindere "Deep Work" – also das lange konzentrierte Arbeiten an komplexen Problemen. Dies sei ein besonderes Problem, da gerade die Lösung komplexer Probleme das größte Wertschöpfungspotential verspricht. An anderer Stelle beschreiben die beiden Autoren moderne Büroumgebungen als "Interruption Factories", also Unterbrechungsfabriken.

Der Wechsel zu Remote First oder gar Remote-Only bringt darüber hinaus auch für Arbeitgeber Vorteile: Der Talentpool an neuen Mitarbeitern wird größer. Gerade in Ballungszentren wie München, dem Rhein-Main-Gebiet oder Berlin, oder noch drastischer im Silicon Valley oder New York, ist der Markt für hochqualifizierte Mitarbeiter hart umkämpft bis leergefegt. Ein Remote-First-Unternehmen hat die Möglichkeit, topqualifizierte Bewerber zu finden, für die ein Umzug in diese Hot-Spots aus den verschiedensten Gründen nicht in Frage kommt und dadurch einen entscheidenden Vorteil im Kampf um Talente.

Darüber hinaus führt die Möglichkeit, den räumlichen Aspekt der Arbeit selbst zu bestimmen – und auch später anzupassen – zu einer enormen Mitarbeiterbindung. Außerdem führen räumliche Veränderungen auf Seiten des Mitarbeiters nicht mehr automatisch zu einem Wechsel des Arbeitgebers.

Wie stehen die Ansätze miteinander in Beziehung?

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