Eine Kraft, die stets Gutes will, doch Böses schafft Antreiber im Tarnanzug – Gegenantreiber (an-)erkennen und fürs Projekt nutzen

Frustration kann wie Stress zu unbewusst eingesetzten Verhaltensmustern wie z.B. innerer Kündigung führen. Diese destruktiven "Gegenantreiber" gefährden das Projekt. Wir können sie jedoch erkennen und durch Interventionen ins Positive kehren.

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Eine Kraft, die stets Gutes will, doch Böses schafft Antreiber im Tarnanzug – Gegenantreiber (an-)erkennen und fürs Projekt nutzen

Frustration kann wie Stress zu unbewusst eingesetzten Verhaltensmustern wie z.B. innerer Kündigung führen. Diese destruktiven "Gegenantreiber" gefährden das Projekt. Wir können sie jedoch erkennen und durch Interventionen ins Positive kehren.

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3 Tage
14.05.2025
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"Natürlich mache ich, was man mir sagt – aber mehr auch nicht. Das bringt nichts, weil Qualität hier nicht zählt, sondern nur schnell, schnell. Kaum einer hat Ahnung – am wenigsten unser Auftraggeber. Ich muss mir das ganze Rumgesülze nicht mehr anhören, denn die haben alle weder Ahnung, noch sind die interessiert sich auf etwas zu einigen, was uns voranbringt und gleichzeitig den Kunden gefällt. Das bringt hier alles sowieso nichts mehr."

Die Aussage unseres langjährigen, als engagiert und zuverlässig geltenden Designers kam nicht ganz unerwartet, dennoch machte sie meinen Chef und mich betroffen. Wir kannten ihn als kommunikativ, dienstleistungsorientiert und sehr geduldig. Was war mit ihm passiert? Ganz einfach: Seine Gegenantreiber hatten die Kontrolle übernommen.

Nachdem ich mich in meinen bisher erschienenen drei Artikeln mit den Antreibern beschäftigt habe, stelle ich Ihnen nun das Konzept der Gegenantreiber – den Antreibern im Tarnanzug – vor und welche Gefahr diese für Ihr Projekt darstellen können. Anschließend beschreibe ich anhand des Fallbeispiels, welche Methoden und Maßnahmen Sie nutzen können, um sie entweder in ihrer destruktiven Dynamik zu bremsen oder im Idealfall konstruktiv für Ihr Projekt zu nutzen.

Das Konzept der Antreiber besteht aus drei Teilen: Den Antreibern selbst, den Gegenantreibern und den Erlaubern. Dank des Konzepts der Antreiber und der Gegenantreiber lässt sich nachvollziehen, wie ein Kollege, der dafür bekannt ist, es allen recht machen zu wollen, innerhalb kurzer Zeit dazu übergeht, alle anderen für "ahnungslos und desinteressiert" zu halten. Mit seinem dritten Bestandteil – den Erlaubern – liefert es Maßnahmen, mit denen Sie diese Entwicklung rückgängig machen können.

Nachfolgend erläutere ich kurz das Konzept der Antreiber und der Erlauber. Wenn Sie beides schon kennen, springen Sie einfach zum Abschnitt "Was ist ein Gegenantreiber?"

Was sind Antreiber und wie bilden wir sie aus?

In der Entwicklung von Persönlichkeiten entstehen Antreiber in der Kindheit. Der Psychologe und Volkswirt Günther Mohr beschreibt das so: "Sie stellen eine Form der Problemlösung dar, die aus einer Misserfolgserfahrung resultiert" (Mohr, 2017). Es sind Lösungsversuche des Kindes, um von den Eltern doch noch Anerkennung und Wertschätzung zu erfahren.

Wird ein Kind beispielsweise häufig und schnell von den Eltern gescholten, kann es eine Lösung sein, sich ganz besonders lieb zu verhalten, um es den Eltern möglichst recht zu machen. Mit der Zeit und zahlreichen Wiederholungen, wächst sich der Lösungsversuch zu einer Bedingung für das Selbstwertgefühl aus: "Ich werde nur dann gemocht, wenn ich zu allen ganz besonders lieb bin." (Antreiber "Mach es allen Recht!")

Das Konzept der Antreiber

... stammt aus der Transaktionsanalyse und wurde von Dr. Taibi Kahler entwickelt (Kahler, 1980). Die NASA setzte es bei der Auswahl ihrer Astronauten ein, Kahler selbst als Berater des US-Präsidenten Bill Clinton. Es liefert ein wichtiges Analyse-Werkzeug, um zu erkennen, wie sich Menschen und Systeme dabei behindern, zu hilfreichen Lösungen zu kommen und zeigt Wege auf, um Krisen zu lösen oder sogar zu vermeiden.

Da auch unsere Eltern nur Menschen sind, die im Umgang mit ihren Kindern bestimmte Muster ausprägen, haben wir alle solche Lösungsversuche entwickelt.

Bild 1: Erlauber vermitteln Anerkennung und Wertschätzung.

Die Transaktionsanalyse – eine Methode aus der humanistischen Psychologie, die lebensnahe Konzepte zur Kommunikation in Beziehungen entwickelt hat – nennt diese Versuche "Antreiber".

Warum sind Antreiber so gefährlich, speziell für Projekte?

Stress ist ein großes Risiko für ein Projekt. In diesem Zustand befindet sich das Gehirn der Projektbeteiligten im Überlebens- oder Fluchtmodus. Denken oder gar reflektiertes Handeln sind in diesem Modus so gut wie unmöglich. Stattdessen bedient man sich automatisch der üblichen Muster, die oft mit den in der eigenen Organisation wirkenden Verhaltensweisen übereinstimmen. Dieses Projektrisiko wird maximiert, da die Antreiber ihre größte Wirkung unter Stress entfalten. Zur ohnehin vorhandenen Unsicherheit, zum aufkeimenden Konflikt, zur Ratlosigkeit gesellt sich noch ein schlechter Ratgeber: der Antreiber.

Antreiber entspannen mit "Erlaubern"

Zum Konzept der Antreiber gehören auch die fünf Erlauber. Sie mildern die Wirkung des Antreibers oder heben diese sogar ganz auf. Erlauber vermitteln Anerkennung und Wertschätzung. Das beginnt bei dem wahrgenommenen Antreiberverhalten, denn das will ja zunächst Gutes bewirken: Perfekte Produkte, hohe Leistungsbereitschaft usw. Damit Sie Erlauber-Interventionen richtig einsetzen können, ist es wichtig zu erkennen, welche Antreiber gerade wirken (siehe Tabelle 1).

Tabelle 1: Antreiber und Erlauber im Projekt
Antreiber Erlaubnis Interventionen – so können Sie die Wirkung des jeweiligen Antreibers zurückdrängen
Sei stark! Sei offen und drücke deine Gefühle aus! Setzen Sie regelmäßige, kurze Treffen mit einem sachlichen Tagesordnungspunkt an (z.B. dem Projektstatusbericht) und schaffen Sie in diesem Rahmen auch Raum dafür, Gefühle aus- und anzusprechen. Erkennen Sie z.B. das Engagement und Durchhaltevermögen der Projektbeteiligten an. Überführen Sie Gefühlsäußerungen in Maßnahmen (z.B. Risikomatrix für das Risikomanagement oder Delphi-Methode zur Aufwandsschätzung) und kommunizieren Sie diese.
Sei perfekt! Du bist gut genug, so wie du bist! Du darfst dir erlauben zu experimentieren und Unterschiede machen in deinem Streben nach Fehlerlosigkeit. Stellen Sie dem Anspruch, den Projektgegenstand perfekt umzusetzen, das strategische Projektziel gegenüber. Schätzen Sie die erreichte Genauigkeit im System wert. "Feiern" Sie die Fehler des Monats und brainstormen Sie dabei gemeinsam mit dem Team, was man aus diesen Fehlern lernen kann.
Sei gefällig! Mach es dir selbst recht! Es ist gut, dass Du die Bedürfnisse Anderer achtest. Du darfst auch für Deine Bedürfnisse sorgen und diese deutlich machen. Sprechen Sie Mitarbeitern, die von diesem Antreiber gelenkt werden, Anerkennung für den freundlichen Umgang und deren Kooperationsbereitschaft aus. Stellen Sie deutlich den Nutzen des Projektziels für das eigene Unternehmen und die eigene Arbeit in den Vordergrund. Wertschätzen Sie die Offenheit und den Mut von Mitarbeitern, wenn diese ihre Statusberichte mit roten Ampeln versehen.
Beeil dich! Nimm dir Zeit! Du darfst die Fähigkeiten schnell zu sein für dich nutzen, wo sie angebracht sind und dir auch Zeit lassen dich in bestimmte Dinge zu vertiefen. Schätzen Sie die hohe Anzahl an Themen wert, die das Unternehmen gleichzeitig im Blick hat. Prüfen Sie, wie viele Themen sich bündeln lassen, sodass sie in wenigen Projekten zusammenlaufen. Sorgen Sie für eine klare Zeit- und Meilensteinplanung.
Streng dich an! Mach es! Es ist gut, wenn Du die Leistungen nach den Ergebnissen bewertest, nicht nach der Mühe. Du darfst es dir auch leichtmachen. Du darfst eins nach dem anderen tun und dich über deine Erfolge freuen. Schätzen die Bereitschaft derer wert, die sich mit aller Kraft für das Unternehmen einsetzen. Verhandeln Sie klar umgrenzte Arbeitspakete. Kommunizieren Sie ein nachvollziehbares Projektziel mit einer klaren Strategie, die eindeutigen Prioritäten folgt.

Was ist ein Gegenantreiber?

Ein Verhalten, dass durch einen Gegenantreiber ausgelöst wird, wirkt wie das Gegenteil des jeweiligen Antreiberverhaltens. Trotzdem ist auch dieses Verhalten immer schädlich, kann durch seinen grundsätzlich destruktiven Charakter sogar schädlicher sein als das Antreiberverhalten.

Alle Kommentare (2)

Hallo Herr Ziegler,

vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den entsprechenden Link aktualisiert, sodass Sie nun zur gewünschten PDF-Datei gelangen. Wir wünschen Ihnen viel Freude beim Lesen!

Herzliche Grüße
Julia Schumacher
Redaktion