Wenn der WIP die Swimlane blockiert Kanban: 3 typische Fehler, 3 wichtige Tipps

Kanban: 3 typische Fehler, 3 wichtige Tipps

Können Sie Kanban? Sebastian Schneider zeigt Ihnen drei typischer Fehler auf und gibt Ihnen nützliche Tipps an die Hand, um diese künftig zu vermeiden.

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Wenn der WIP die Swimlane blockiert Kanban: 3 typische Fehler, 3 wichtige Tipps

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Können Sie Kanban? Sebastian Schneider zeigt Ihnen drei typischer Fehler auf und gibt Ihnen nützliche Tipps an die Hand, um diese künftig zu vermeiden.

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In der Theorie klingt das Arbeiten mit Kanban-Boards wie ein Kinderspiel: Sie erstellen für sich oder Ihr Team ein neues Board mit einem Tool Ihrer Wahl, arbeiten die Prozessschritte aus und legen ein Limit für den WIP (Work in Progress, d.h. die Zahl der gleichzeitig bearbeiteten Aufgaben) sowie die entsprechenden Akzeptanzkriterien für die einzelnen Schritte fest. Ihre Liste füllt sich und die Aufgaben werden schnell, gleichmäßig und plangerecht erledigt – eigentlich kein Hexenwerk. Doch trotzdem treten bei der Arbeit mit Kanban-Boards immer wieder dieselben Probleme auf:

Es bleiben immer die gleichen Aufgaben liegen, zu viel Arbeit sammelt sich im System an oder das Team schafft es nicht, selbstorganisiert die gestellten Aufgaben abzuarbeiten. Die Ursache dieser Probleme liegt aber nicht bei der Methode selbst, sondern in menschlichen Verhaltensmustern.

In diesem Artikel gebe ich Ihnen zu Beginn eine kurze Einführung in die grundlegenden Prinzipien und Praktiken von Kanban. Anschließend zeige ich Ihnen die typischen Fallstricke bei der Arbeit mit Kanban-Boards auf und gebe Ihnen praktische Tipps an die Hand, mit denen Sie diese Fehler in Zukunft vermeiden können. So schöpfen Sie die Möglichkeiten von Kanban voll aus – egal ob Sie in Ihrem Team oder als Einzelperson mit der Methode arbeiten.

Grundlagen

Um mit Kanban erfolgreich zu arbeiten, sollten Sie die grundlegenden Prinzipien und Praktiken der Methode beachten:

Kanban-Praktiken

Zu Beginn jedes Kanban-Boards steht die Visualisierung der Arbeit bzw. der Arbeitsabläufe. Dabei ist es egal, ob Sie sich für ein virtuelles oder physisches Kanban-Board entscheiden: Beide Varianten schaffen unmittelbar Transparenz, wenn sie die zu erledigende Arbeit anzeigen. Anschließend definieren Sie die Schritte für Ihren Prozess. Dieser Prozess drückt sich in Spalten auf dem Kanban-Board aus. Die Prozessregeln für Ihr Board runden den Aufbau ab: Was kommt in welche Spalte und wie sieht der komplette Prozess aus? Wann und wie darf Arbeit einen Schritt verlassen und vom nächsten Schritt "gezogen" (Pull-Prinzip) werden? Wichtig ist hier, dass das Regelwerk möglichst leichtgewichtig ausfällt. Im nächsten Schritt begrenzen Sie die parallel möglichen Aufgaben (WIP) und regeln den Arbeitsfluss anhand passender Metriken, wie z.B. Durchlaufzeiten (Lead- oder Cycle Time) oder Cumulative Flow Diagrams (CFD’s).

Zudem sollten Sie, ähnlich wie bei Scrum, Feedback-Schleifen einführen. Denn es wäre wenig erfolgsversprechend, einen Arbeitsprozess einzuführen, ohne je wieder darüber zu sprechen und die Vor- und Nachteile zu diskutieren. Ob Sie die Feedback-Schleifen als Retrospektiven oder als Lessons-Learned-Meetings einführen, bleibt Ihnen überlassen. Im Kanban-Prinzip "Gemeinsam verbessern und experimentell weiterentwickeln" erfolgt schließlich eine kontinuierliche Analyse und Verbesserung des Prozesses. Ein Experiment ist in diesem Fall kein einfaches Austesten ohne Plan und Ziel, sondern ein konkreter Test mit einer Annahme, die anschließend entweder als bestätigt oder widerlegt gilt. Auf diese Art optimieren Sie den Prozessablauf stetig und beziehen sich zudem auf belastbare Daten.

Zusammengefasst:

  1. Visualisieren Sie
  2. Limitieren Sie parallele Arbeit (Work in Progress, WIP)
  3. Verwalten Sie den Fluss der Arbeit
  4. Machen Sie Regeln im Prozess klar
  5. Implementieren Sie Feedback-Schleifen
  6. Verbessern und entwickeln Sie den Prozess gemeinsam experimentell weiter

Kanban-Prinzipien

Wenn Sie sich mit Kanban auseinandersetzen, werden Ihnen früher oder später auch die Kanban-Prinzipien begegnen, die wir nun der Reihe nach durchgehen.

Starten Sie, wo Sie im Moment stehen

An erster Stelle steht das Prinzip "Starte, wo du im Moment stehst". Das bedeutet nichts anders, als dass Sie direkt mit einem Kanban-Board starten können, ohne Ihren Arbeitsprozess zuerst optimieren zu müssen. Anschließend ist es allerdings unabdingbar, den Prozess stetig zu analysieren und durch evolutionäre Veränderungen zu verbessern.

Dieses Prinzip wird gerne herangezogen, um den Vorteil in den Startbedingungen von Kanban gegenüber anderen Methoden, Techniken oder Frameworks auszudrücken. Aber hier lauert ein Trugschluss: Denn wenn Sie ausschließlich dieses Prinzip anwenden, werden Sie weiterhin dort verharren, wo Sie sich gerade befinden.

Einigen Sie sich mit dem Team auf gemeinsame Verbesserungen durch evolutionäre Veränderungen

Treffen Sie im Team die gemeinsame Vereinbarung, sich auf notwendige Verbesserungen zu einigen. Hat das Team Möglichkeiten zur Verbesserung erkannt, setzt es diese evolutionär um. Durch diese Übereinkunft gehen Sie den nächsten wichtigen Schritt für sich und den Prozess im Team (vgl. auch Kanban-Praktik "Implementiere Feedback-Schleifen"). Spätestens jetzt sind Sie auf dem Weg zu einem besseren Prozess. Begreifen Sie dieses Prinzip als eine Art Selbstverpflichtung, die Sie als gesamtes Team eingehen möchten.

Ermutigen Sie zur Führung auf allen Ebenen

Wir alle können in unserem Team unterschiedliche Arten der Führung übernehmen und das auf verschiedenen Ebenen. Wir können Verantwortung übernehmen, indem wir uns um Hindernisse kümmern oder Metriken richtig kommunizieren. Jede:r ist verantwortlich und unterstützt die Teamleitung darin, das Team in eine bessere Zukunft zu führen.

Wenn Sie in Ihrer Organisation eher klassische Strukturen haben – was im Grunde nicht schlecht sein muss – sollten Sie gemeinsam darüber sprechen, was Führung in diesen Strukturen im Team bedeutet. Finden Sie dazu Beispiele und stellen Sie einen Rahmen auf, in dem sich Teams organisieren dürfen (siehe hierzu auch meinen Artikel zu Teamfindungsworkshops): Was dürfen Sie z.B. selbst in die Hand nehmen? Können sie einen Prozess verändern? Dürfen sie Spalten anpassen oder Meetings anders aufsetzten? Solche und ähnliche Fragen helfen besonders traditionell arbeitenden Teams eine gemeinsame Basis zu finden. So stolpern Sie nicht von Prinzip zu Prinzip und Praktik zu Praktik und müssen sich nicht immer wieder die gleichen Fragen stellen.

Begreifen Sie Führung nicht im Sinne von "Ich als Chef sage meinem Team, wie es seine Arbeit zu erledigen hat". Basierend auf Motivation und Fähigkeiten (vgl. auch Dan Pink, Drive) sollten Sie Führung als gemeinsame Aktivitäten und Handlungen verstehen, die zu einem gewünschten Ergebnis im Sinne des Teams und für das Team erfolgen.

Die 3 typischen Fehler

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Alle Kommentare (2)

Thomas
Mc Kie

Vielen Dank für die detailierte Beschreibung. Da ich selbst bisher weder (explizit) agil noch mit Kanban gearbeitet habe, wirkt diese Methode auf mich mehr abschreckend als etwas, was ich mal ausprobieren sollte. Vorteile habe ich beim Lesen keine relevanten gefunden. Ggf. liegt das auch am Fokus des Artikels, der sich ja v.a. darum dreht, welche Fehler man vermeiden sollte.