Die positiven wie negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Digitalisierung der Arbeitswelt sind mittlerweile hinreichend bekannt. Es gibt aber eine weitere, endemische Krankheit in den Organisationen, deren Auswirkungen immer mehr deutlich werden: die strukturelle Arthritis.
Teams am Limit
Corona bringt die Projektteams in vielen Unternehmen an den Rand des Kollapses. Viele Teammitglieder bewältigen im Homeoffice 100% Tagespensum – plus 100% Projektpensum obendrauf und schuften 60 Stunden die Woche, bis zum Burnout. Doch erstaunlich viele Topmanager:innen scheint die Pandemie kaum zu stören. Oft höre ich Sätze wie: "Unsere Projektteams sind größtenteils im Homeoffice, alles läuft wie gewohnt und mit Remote Work sparen wir sogar noch Kosten!" und "Wir haben Corona im Griff!" Mit dieser Meinung stehen die Manager:innen aber alleine.
Ihre Meinung bilden sich die meisten Führungskräfte, ohne ihre Projektteams zu befragen. Ich mache das regelmäßig (weil es Teil meines Jobs ist) und höre ebenso regelmäßig: "Es ist völlig gleichgültig, ob wir im Büro sitzen oder im Homeoffice. Solange die Strukturen im Betrieb immer noch so langsam, umständlich und verknöchert sind wie vor Corona, hält das die Projekte auf – und nicht Corona!"
Strukturelle Arthritis – veraltete Standards und rostige Tools
Corona ist also nicht der Flaschenhals für die Projekte, sondern vielmehr – immer noch und immer wieder – jene strukturellen Hindernisse in den Betrieben, die seit Jahren Projekte verzögern und erschweren. "Unsere internen Strukturen sind schlicht nicht projekttauglich!", ist nur die deutlichste von vielen Aussagen, die ich bislang dazu gehört habe. Es geht um Strukturen, in denen z.B. fällige Entscheidungen nicht dann getroffen werden, wenn sie das Projektteam benötigt, sondern wenn der Lenkungsausschuss das nächste Mal tagt. Ich nenne das "strukturelle Arthritis".
Statt Strukturen könnte man auch "Projektmanagement-Standards" sagen. Oft sind diese veraltet oder fehlen ganz. Wenn sich z.B. kaum jemand an die Abgabefristen hält. Standardisierung fehlt auch beim Thema Software-Unterstützung: Bei angemessenen PM-Tools wird gerne gespart. Dann versuchen die Projektteams, ihre Projekte mit Microsoft PowerPoint, Word oder Excel zu steuern – ein Mangel, den man schnell beheben könnte, indem man Tools einführt und die Mitarbeiter darin schult.
Corona als "Brandbeschleuniger" für die Digitalisierung
"Seitdem Projektteams remote…
02.06.2021
"Seitdem Projektteams remote arbeiten, kriegen viele Chefs "von unten" nichts mehr mit." Diese Aussage und weitere in diesem Artikel, kann ich nicht nachvollziehen. Im Gegenteil habe ich erfahren, dass wir produktiver arbeiten als vor Corona, nicht aber, weil wir länger arbeiten, sondern besser miteinander kommunizieren.