Interview mit Thomas Wuttke, Programm-Manager für den Zusammenschluss der deutschen PMI Chapter Das PMI Germany Chapter: Warum ein Chapter besser ist als vier

"Die deutschen Volunteers sollen ihre Energie voll in die inhaltliche Arbeit stecken können"

Die deutschen Chapter des Project Management Institute (PMI) schließen sich zu einem German Chapter zusammen. Wir sprachen mit Thomas Wuttke, dem Programm-Manager für den Zusammenschluss, über den aktuellen Stand, die Pläne für die nahe Zukunft und welche Verbesserungen er sich davon langfristig für das PMI in Deutschland erhofft.

Interview mit Thomas Wuttke, Programm-Manager für den Zusammenschluss der deutschen PMI Chapter Das PMI Germany Chapter: Warum ein Chapter besser ist als vier

"Die deutschen Volunteers sollen ihre Energie voll in die inhaltliche Arbeit stecken können"

Die deutschen Chapter des Project Management Institute (PMI) schließen sich zu einem German Chapter zusammen. Wir sprachen mit Thomas Wuttke, dem Programm-Manager für den Zusammenschluss, über den aktuellen Stand, die Pläne für die nahe Zukunft und welche Verbesserungen er sich davon langfristig für das PMI in Deutschland erhofft.

Sunil Prashara, CEO und President des PMI (zweiter von rechts) traf sich im Berliner Reichstag mit Mitgliedern des neuen Germany Chapter e.V. Von links nach rechts: Thomas Wuttke, Jens Liebold, Stephan Wolter, Wolfgang Friesike und Jörg Glunde

projektmagazin: Herr Wuttke, wann wird das gemeinsame Germany Chapter, als Zusammenschluss der vier bestehenden deutschen PMI Chapter, seine Arbeit aufnehmen?

Thomas Wuttke: Unser Zielkorridor ist das 2. Quartal 2020, eventuell bereits im April.

projektmagazin: Was muss davor noch passieren?

Thomas Wuttke: Wir arbeiten derzeit an den gesetzlichen Vorgaben, Stichwort Verschmelzung und Due Dilligence. Aber vor allem müssen ja noch die Mitglieder alle zustimmen.

projektmagazin: Herr Wuttke, wie kam es zu der Idee, die deutschen Chapter zu einem einzigen Chapter zu verschmelzen?

Thomas Wuttke: Die Idee ist 20 Jahre alt und es gibt schon lange institutionalisierte Formen enger Zusammenarbeit, wie die aktuelle "German Chapters Collaboration". Mit der Fusion der Chapter konnten wir aber erst im vergangenen Sommer beginnen, weil erst zu diesem Zeitpunkt die Bereitschaft da war. Dafür hatten wir zwei Möglichkeiten: Wir hätten entweder alle Mitglieder in eines der bestehenden Chapter übernehmen oder einen neuen Verein gründen können. Wir haben uns für letzteres entschieden, um einen klaren Schnitt und einen echten Neuanfang zu machen.

projektmagazin: Wie sind Sie vorgegangen, um die Idee umzusetzen?

Thomas Wuttke: Im September 2019 wurde der Verein PMI Chapter Germany gegründet in Berlin-Charlottenburg eingetragen. Dieser Verein hatte eine ganz einfache Satzung. Seit dem Herbst basteln wir in vielen Abstimmungsrunden und Diskussionen an der Satzung und Vereinsordnung für die angestrebte Zielgröße. Außerdem wird der Zusammenschluss in den Vorstandsrunden der Chapter thematisiert und darüber auch regelmäßig in den Newslettern berichtet.    

projektmagazin: Wie ist aktuell der Status des neuen Vereins?

Thomas Wuttke: Der Verein besteht aus seinen sieben Gründungs-Mitgliedern: Das sind jeweils zwei Mitglieder der drei Chapter Berlin, Frankfurt und Süd, darunter sind auch die Präsidenten der drei Chapter. Das siebte Mitglied bin ich, man hat mich als Programm-Manager für die Fusion geholt. Damit hat der Verein die in Deutschland vorgeschriebene Mindestzahl an Mitgliedern.

projektmagazin: Drei Chapter? Fehlt da nicht eins?

Thomas Wuttke: Ja, In der Tat, das Kölner Chapter ist nicht dabei. In Köln gibt es ein paar Besonderheiten, so hat z.B. dieser Verein als einziges der vier Chapter einen gemeinnützigen Status. Die Verschmelzung mit Köln hätte andere und vor allem viel teurere Maßnahmen erforderlich gemacht. Unter anderem.

projektmagazin: Was heißt das für das deutsche Chapter? Gibt es dann zwei Chapter?

Thomas Wuttke: Nein, das Germany Chapter ist das Germany Chapter und wird auch das Programmangebot für den Westen bereitstellen. Am Ende wird es nur ein einziges PMI Chapter in Deutschland geben, das hat das PMI bereits auf einer Chapter-Tagung in Brüssel im November 2019 klar zum Ausdruck gebracht.

projektmagazin: Wie geht es weiter?

Thomas Wuttke: Nach der Verschmelzung und Eintragung ins Vereinsregister wechseln alle PMI Chapter-Mitglieder der Chapter Berlin, Frankfurt und Süd automatisch in den neuen Verein. Die müssen also gar nichts tun. Und die Mitglieder des PMI Chapter Köln bekommen von PMI Headquarter eine E-Mail, mit der sie – sozusagen mit einem Mausklick – kostenfrei und problemlos in das Germany Chapter wechseln können.

projektmagazin: Wie sieht es mit Neuwahlen aus?

Thomas Wuttke: Wir sieben Gründungsmitglieder bilden nach der Verschmelzung gemeinsam mit Volunteers der bisherigen Chapter ein geschäftsführendes Präsidium und rufen nach dem Eintrag in das Vereinsregister umgehend Neuwahlen aus, um eine demokratische Wahl zu organisieren. 

"Unsere Volunteers sollen ihre Zeit und Energie voll in die inhaltliche Arbeit stecken können."

projektmagazin: Welche Vorteile erhoffen Sie sich von der Bündelung aller deutschen PMI Chapter-Mitglieder in einem Verein?

Thomas Wuttke: Wenn Organisationen zusammengehen, ist ja immer von Synergien die Rede. Hier bei uns liegen sie wirklich auf der Hand: Aktuell haben wir in Deutschland viermal ähnliche Strukturen, z.B. zur Verwaltung der Mitglieder, zum Abhalten der Wahlen usw. Das braucht zukünftig nur noch einmal geschehen. Außerdem haben wir alles für eine Geschäftsstelle vorbereitet, also in Satzung und Vereinsordnung. Das ist aber nur ein Vorschlag, wir als Gründungsvorstand werden keine Geschäftsstelle auf die Beine stellen, sondern nur die Vorbereitungen treffen.

projektmagazin: Was bezwecken Sie mit einer Geschäftsstelle? 

Thomas Wuttke: Damit könnten wir uns noch besser um die Mitglieder kümmern, und auch erstmals einen physischen Anlaufpunkt bekommen. Wir erhoffen uns dadurch einen besseren Service und mehr Identifikation mit dem Verein. Oder andersrum: Wo rufen Sie denn heute an, wenn Sie PMI in Deutschland anrufen wollen? Das mag banal klingen, ist aber ist doch tatsächlich ein Thema für einen Verein, der nun einmal davon lebt, dass sich seine Mitglieder mit ihm identifizieren und sich für ihn engagieren.

Dazu kommt, dass unsere Volunteers ihre Zeit und Energie voll in die inhaltliche Arbeit stecken können. Das Verschwinden der Grenzen wird zu einem besseren Angebot führen. Früher gab es ehrlich gesagt schon mal ein gewisses Fürstendenken, das dann hoffentlich der Vergangenheit angehört.

projektmagazin: Planen Sie bereits neue inhaltliche Angebote?

Thomas Wuttke: Ja, wir möchten die Communities of Practice ausbauen und branchenspezifische Communities gründen, z.B. für Automotive. Oder auch themenspezifische Communities ins Leben rufen, zur Digitalisierung oder für das Thema PMO. Am Ende wird das eine lange Liste und war bislang – übrigens in keinem der vier Chapter – besetzt. Die Basis hat unsere Ankündigung mit großem Interesse angenommen, es haben sich bereits einige Freiwillige gemeldet. 

Projektmagazin: Welche weiteren Vorteile sehen Sie?

Thomas Wuttke: Dass die deutschen PMI-Mitglieder mit einer Stimme sprechen, wird uns mehr Einflussmöglichkeiten geben, allen voran bei der Politik. Das ist auch der Grund, warum wir uns für Berlin als Sitz des neuen Vereins entschieden haben.

"Als Projektmanager sind wir selbst die Protagonisten der Veränderung – und stemmen uns dann dagegen, wenn es uns selbst betrifft."

projektmagazin: Der Standort Berlin genießt ja nicht nur Sympathien, es gibt z.B. den Ausspruch vom "Raumschiff Berlin", der eine gewisse Abgehobenheit des Berliner Politikbetriebs unterstellt. Befürchten Sie nicht, in diesen Topf geworfen zu werden? 

Thomas Wuttke: Tatsächlich gab und gibt es einige Vorbehalte, die meiner Meinung nach aber wenig mit der Standortwahl zu tun haben. Dennoch haben wir das unterschätzt und ja, den Satz vom Raumschiff habe ich auch schon mal gehört. Aber Berlin ist nunmal unsere Hauptstadt und ich persönlich fand es beachtlich, dass die Entscheidung für Berlin als Sitz der neuen Einheit in der Projektgruppe überhaupt keine langen Diskussionen verursachte. Wir diskutieren sehr viel, sehr ausführlich, manchmal auch sehr intensiv – aber in der Berlinfrage waren wir uns seinerzeit schnell einig.

Aber ich bin mir sicher, dass diese Vorbehalte sich bald auflösen, wenn die Mitglieder merken, wie viel sich auf einmal bei uns bewegt.  

projektmagazin: Was ist dann der Grund für die Vorbehalte?

Thomas Wuttke: Das möchte ich Ihnen anhand einer einfachen Rechnung verdeutlichen: Derzeit hat jedes der vier Chapter mindestens 10 Vorstandsposten, künftig haben wir nur noch 11, es fallen also ca. 30 Vorstandsposten weg. Wir können ja nicht einerseits die Synergien ausloben und dann den Effekt nicht wollen. Denn ganz viele Tätigkeiten wurden redundant gemacht.

Das heißt aber keinesfalls, dass nun Volunteers beschäftigungslos werden, ganz im Gegenteil! Wir reduzieren vorrangig administrative Doppelarbeit, die für die Mitglieder vor Ort keinen direkten Nutzen bringt.  Das wiederum setzt Kapazitäten frei, die Engagierte voll in die inhaltliche Arbeit stecken können – und das ist entscheidend.

projektmagazin: Gibt es Gegenwind trotzdem von der Basis?

Thomas Wuttke: Ich denke es ist eine menschliche Konstante, dass wir Veränderungen auch kritisch sehen. Allerdings sind wir als Projektmanager ja selbst die Protagonisten der Veränderung. – und stemmen uns dann dagegen, wenn es uns selbst betrifft.

Ich denke, die größte Sorge der Basis ist, dass die gewohnten Chapter-Veranstaltungen wegfallen und jeder Bleistift in Berlin genehmigt werden muss. Und um es hier nochmals zu sagen: Das Angebot vor Ort wird komplett beibehalten und eher weiter ausgebaut und Berlin ist nur der juristische Sitz des Vereins. Wir sind eine virtuelle Organisation und jede Local Group kann sich so viele Bleistifte kaufen, wie sie will.

projektmagazin: Welche weiteren besonderen Herausforderungen hat dieses Projekt?

Thomas Wuttke: Wir haben einige Aspekte der Projektarbeit unterschätzt, z.B. die juristischen Aspekte und die interne Koordination. Vor allem kam das für die Volunteers der bestehenden Chapter ja alles noch on top hinzu. Daneben war der größte Posten wie erwähnt das Stakeholdermanagement, vor allem intern aber auch extern. (siehe dazu den Fachartikel "Keine Angst vor 1.000 Stakeholdern")

"Das PMI unterstützt uns, weil es möchte, dass wir in Deutschland mit einer Stimme sprechen."

projektmagazin: Um welche externen Stakeholder mussten Sie sich kümmern?

Thomas Wuttke: Da ist natürlich PMI selbst, unsere Partner und Sponsoren und auch die PMI Community in Europa. Das PMI unterstützt uns jedoch tatkräftig, weil es möchte, dass wir in Deutschland mit einer Stimme sprechen.

Apropos Stakeholder: Eine Stakeholder-Gruppierung, die wir z.B. völlig unterschätzt haben, waren und sind die Notare. Das klingt jetzt vielleicht albern, ist aber ein entscheidender Durchführungsfaktor. Ohne zu sehr ins Detail gehen zu wollen, aber da gibt es erhebliche Unterschiede zwischen München, Frankfurt und Berlin.  

projektmagazin: Welche Aufgaben stehen auf Ihrer Seite noch aus?

Thomas Wuttke: Wir haben gerade die neue Vereinsordnung und die Satzung verabschiedet. Das erforderte ein umfangreiches Konfigurationsmanagement zwischen den juristischen Gegebenheiten, den Anforderungen des PMI und nicht zuletzt der Zeitachse. Jetzt geht es um die Details der Verschmelzung. Ich habe gerade das Gefühl, das 2. Staatsexamen zu machen, um Verschmelzungsbericht, Verschmelzungsvertrag, Due Dilligence. Notartermine und Mitgliederversammlungen in die richtige Reihenfolge zu bekommen.

Und wir freuen uns auf die Mitgliederversammlungen, die voraussichtlich im April stattfinden werden. Vielleicht darf ich an dieser Stelle auch noch auf unsere kleine Zwischenwebseite www.onegermanchapter.de hinweisen, die noch ein paar Informationen bereithält.

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Alle Kommentare (1)

Kurt
Lehberger

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