Rekordversuch in Wien Marathon unter 2 Stunden – Anatomie eines erfolgreichen Projekts

Marathon unter 2 Stunden – Anatomie eines erfolgreichen Projekts

Lange Zeit galten zwei Stunden als magische Grenze im Marathon. Im Oktober 2019 gelang es dem Kenianer Eliut Kipchoge, diese Marke zu brechen. Da jede Sekunde zählte, war es für den Rekordversuch entscheidend, alle Optimierungsmöglichkeiten auszureizen. Dr. Gerhard Friedrich – selbst ein begeisterter Marathonläufer – beschreibt die Rahmenbedingungen dieses anspruchsvollen Projekts (mit Audio-Datei!).

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Rekordversuch in Wien Marathon unter 2 Stunden – Anatomie eines erfolgreichen Projekts

Marathon unter 2 Stunden – Anatomie eines erfolgreichen Projekts

Lange Zeit galten zwei Stunden als magische Grenze im Marathon. Im Oktober 2019 gelang es dem Kenianer Eliut Kipchoge, diese Marke zu brechen. Da jede Sekunde zählte, war es für den Rekordversuch entscheidend, alle Optimierungsmöglichkeiten auszureizen. Dr. Gerhard Friedrich – selbst ein begeisterter Marathonläufer – beschreibt die Rahmenbedingungen dieses anspruchsvollen Projekts (mit Audio-Datei!).

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Die Zwei-Stunden-Marke für den Marathon zu brechen, sahen Sportwissenschaftler als grundsätzlich möglich an – allerdings rechnete man damit erst in etwa zehn Jahren

Lange Zeit galten zehn Sekunden im 100 m Lauf als Schallmauer, bis schließlich Armin Hary diese Zeit im Jahre 1960 erstmals erreichte. So sind die zwei Stunden im Marathon (42,195 km) eine magische Grenze. Diese Zeitmarke zu brechen, hielten Sportwissenschaftler zwar für grundsätzlich möglich – allerdings rechnete man damit erst in etwa zehn Jahren. Um die Dimensionen zu veranschaulichen: Um zwei Stunden zu unterbieten, muss man knapp 422-mal die 100 m in 17 Sekunden laufen.

Die Idee, die Zwei-Stunden-Grenze schon jetzt zu knacken, entstand vor einigen Jahren. Bei einem ersten Versuch 2017 auf der Formel-1-Rennstrecke von Monza kam der kenianische Langstreckenläufer Eliud Kipchoge der magischen Marke mit 2:00.25 Stunden bereits recht nahe. Nachdem Eliud Kipchoge ein Jahr später den Berlin-Marathon 2018 mit einer neuen Weltrekordzeit gewonnen hatte (siehe Bild 1), wollte er die Zwei-Stunden-Marke ein zweites Mal angreifen. Der Lauf in Monza hatte ihm gezeigt, dass es möglich ist.

Nie dagewesen und riskant

Die Machbarkeit des Projekts aus sportlicher Sicht war also in Reichweite. Entscheidend war allerdings, für einen erneuten Versuch ideale Bedingungen zu schaffen und die Optimierungsmöglichkeiten maximal auszureizen. Damit war klar, dass ein offizieller Weltrekord mit einer solchen Zeit derzeit noch außer Reichweite ist (siehe "Strenge Weltrekord-Regeln").

Dieser Beitrag schildert die Rahmenbedingungen dieses anspruchsvollen Projekts, für das es kein Vorbild gab, dessen Vorlaufzeit mit vier Monaten äußerst knapp bemessen war und bei dem man nur einen einzigen Versuch hatte. Auch war zu Beginn nicht erkennbar, welche unerwarteten Herausforderungen das Team zu meistern hätte. Und davon gab es einige, die den Erfolg des Projekts ernsthaft gefährdeten. Damit das Projekt gelingen konnte, musste das Team alles Planbare im Vorfeld berücksichtigen und gleichzeitig auf Unerwartetes schnell und flexibel reagieren. Eine Herausforderung, die erhebliche Ähnlichkeit mit den Herausforderungen eines Projektmanagers hat.

Allen Beteiligten war klar, dass sie in diesem Projekt Dinge tun müssten, die vorher noch niemand getan hatte, um das Ziel zu erreichen. So entstand ein spezieller Teamspirit, der den Erfolg des mit hohen Risiken behafteten Projekts erst ermöglichte.

Strenge Weltrekord-Regeln

Damit eine Rekordzeit als Weltrekord anerkannt wird, muss diese im Rahmen eines Rennens mit mindestens drei Teilnehmern gelaufen werden. Pacemaker, also Begleitläufer, die jeder Athlet sowohl wegen des Windschattens als auch aus mentalen Gründen benötigt, müssen bereits vom Start an mitlaufen und dürfen nicht erst später in das Rennen einsteigen. Pro Tempogruppe ist eine Höchstzahl von drei Pacemakern erlaubt. Diese steigen meist nach einer Distanz von 30 km aus, der Athlet muss daher die letzten Kilometer allein laufen. In seltenen Fällen hat ein Pacemaker das Rennen beendet und gewonnen.

Eliud Kipchoge – vom Mittelstrecken- zum Marathonläufer

Eliud Kipchoge hat eine Karriere als Mittelstreckenläufer hinter sich und gab sein Debüt als Marathonläufer erst 2013, nachdem er schon 2003 die Weltmeisterschaft über 5000 m und danach zahlreiche Gold-, Silber und Bronze-Medaillen bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften über vergleichbare Distanzen gewonnen hatte. Im Unterschied zu den meisten anderen Marathonläufern verfügt er somit auch über Erfahrungen und Qualitäten bei Disziplinen mit höherem Tempo. Eliud Kipchoge hatte 2018 in Berlin den Weltrekord auf 2:01:39 Stunden um beachtliche 1:18 Minuten gegenüber der vorherigen Bestmarke aus dem Jahr 2014 gesteigert und damit seine Konstanz als schnellster Marathonläufer der Gegenwart bewiesen.

Begeisterter Sponsor mit Erfahrung

Nachdem sich Eliud Kipchoge nach seinem Weltrekord in Berlin am 16. September 2018 entschlossen hatte, den Rekordversuch von Monza zu wiederholen, peilte sein Team als Zeitfenster für die Durchführung Oktober 2019 an. Als Realisierungspartner wählte es den London-Marathon. Den Versuch würde Eliud Kipchoge diesmal alleine durchführen, da er ja als Einziger dem Ziel sehr nahegekommen war (siehe "Monza 2017 – erster 1:59 Stunden Rekordversuch").

Monza 2017 – erster 1:59 Stunden Rekordversuch

Im Mai 2017 fand auf der Formel 1 Rennstrecke von Monza ein erster Versuch statt, die Zwei-Stundenmarke zu brechen. Teilgenommen hatten drei Spitzenläufer, die von insgesamt 30 Pacemakern unterstützt wurden, die in Sechsergruppen nach ca. fünf Kilometern wechselten und nach einer Erholungspause wieder einstiegen. Während zwei Läufer das Ziel mit Zeiten von ca. 2:07 Stunden und 2:14 Stunden weit verfehlten, beendete Eliud Kipchoge das Rennen mit einer Zeit von 2:00.25 Stunden – verfehlte das gesetzte Ziel also um nur 26 Sekunden.

Die Finanzierung des Vorhabens übernahm INEOS, ein multinationaler Chemiekonzern. Dessen sportbegeisterter CEO und Eigentümer, Jim Ratcliffe, hatte früher schon verlauten lassen, dass es für ihn ein faszinierendes Projekt wäre, die Zwei-Stunden-Marke im Marathon zu durchbrechen. INEOS und das Team von Eliud Kipchoge fanden auf dieser Basis schnell zusammen. Mit sportlichen Herausforderungen war INEOS bestens vertraut, u.a. als Sponsor des INEOS-Radteams, des französischen Fußball-Erstlegisten OGC Nizza sowie eines Segelteams, das am America‘s Cup teilnimmt. Das Verständnis des Projektauftraggebers für die besonderen Herausforderungen des Projekts war also gegeben – ein wichtiger Faktor für eine erfolgreiche Durchführung.

Wien macht das Rennen

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