![Change-Prozesse im Projekt nachhaltig gestalten – der Faktor Mensch Change-Prozesse im Projekt nachhaltig gestalten – der Faktor Mensch](/sites/default/files/styles/teaser_two_columns_desktop/public/2025-02/websession-teaserbilder-180x135_0.png?itok=9ZXQCC5y)
Stefan Hagen
13.02.2014
- Anmelden oder Registieren, um Kommentare verfassen zu können
Die Projektmanagementdisziplin ist mittlerweile über 60 Jahre alt. Dies hat aber nicht dazu geführt, dass Projekte mehrheitlich erfolgreich verlaufen. Ganz im Gegenteil. Vor allem große Projektvorhaben enden häufig in Desastern. Gründe hierfür gibt es viele.
An Amazon-Kindle übertragen
Melden Sie sich bei Ihrem Amazon Konto an und folgen Sie den Anweisungen, um Ihre Datei hochzuladen und auf Ihr Kindle-Gerät zu übertragen. Unter diesem Link können Sie Ihre Amazon-Geräte und Dateien verwalten. Feedback oder Fragen?
Die Projektmanagementdisziplin ist mittlerweile über 60 Jahre alt. Dies hat aber nicht dazu geführt, dass Projekte mehrheitlich erfolgreich verlaufen. Ganz im Gegenteil. Vor allem große Projektvorhaben enden häufig in Desastern. Gründe hierfür gibt es viele.
In diesem Beitrag möchte ich aufzeigen, dass die Probleme im Projektmanagement tiefer liegen: Haltungen, Werte und Bezugssysteme hindern uns häufig, Projektmanagement wirklich "neu zu denken". Denn mit einer PM-Philosophie des 20. Jahrhunderts werden wir die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts nicht bewältigen können.
Aus Wissenschaftsgebieten wie der Kommunikations- oder der Gehirnforschung wissen wir, dass menschliche Wahrnehmung nichts mit Objektivität oder „Wahrheit“ zu tun hat. Jeder von uns konstruiert sich seine individuelle Realität.
Die viel zitierte "Brille", mit der wir die Welt betrachten, ist ein Resultat unseres bisherigen Lebensweges, der Sozialisation, die wir durchlaufen haben und den Erfahrungen, die wir gemacht haben. Daraus manifestieren sich Haltungen, Glaubenssätze und Grundannahmen, die schlussendlich unsere Gedanken, unsere Wahrnehmung und damit auch unser konkretes Handeln beeinflussen.
Über dieses Thema wurde viel geschrieben und gesagt. Um es kurz zu machen: Ich plädiere für ein systemisches Weltbild, ein systemisches Verständnis, mit dem wir die Welt und konkret auch Projekte betrachten. Was meine ich damit?
Eine kleine Gegenüberstellung soll mehr Klarheit bringen:
Rational-mechanistisches Weltbild | Konstruktivistisch-systemisches Weltbild |
---|---|
Mensch = Mittel zum Zweck | Mensch = Sinn und Zweck |
Haufendenken, beginnendes vernetztes Denken | Holistisches Denken, Denken in Systemebenen |
Wettbewerb | Kooperation / Koopkurrenz |
Du, ich | Ich, wir |
Führen = herrschen | Führen = dienen |
Befehl, Delegation | Verantwortung, Vertrauen |
Fremdorganisation | Selbstorganisation |
Linie, Hierarchie | Heterarchie, Holarchie |
Management | Führung |
Arbeitgeber | Gastgeber |
Wissensmanagement | Lernende Organisation |
Die Liste könnte lange fortgeführt werden. Mit geht es an dem Punkt aber nicht um Vollständigkeit und schon gar nicht den Anspruch, die Themen differenziert darzulegen und zu argumentieren. Vielmehr möchte ich aufzeigen, dass es sich um einen grundlegenden Paradigmenwandel handelt. Wir können uns darauf einlassen, oder eben nicht. Klar ist aber: Das mechanistische Weltbild in Organisationen und im Speziellen in Projekten muss und wird ein Ablaufdatum haben.
Wenn ein systemisches PM-Verständnis die Antwort sein soll, was war nochmal die Frage dahinter? Einige Gedankensplitter dazu:
Ich lege mich fest: Mit dem (mechanistischen) Projektmanagementverständnis des 20. Jahrhunderts werden wir die Herausforderungen der Gegenwart und Zukunft nicht bewältigen können. Wir brauchen ein Umdenken im Projektmanagement.
Die moderne Systemtheorie (s. hierzu auch ein Video von Kambiz Poostchi) beschreibt drei Schlüsselfunktionen, die in sozialen Systemen wahrgenommen werden müssen, um kurzfristigen Erfolg und langfristige Überlebensfähigkeit sicherstellen zu können. Dies sind – übertragen auf Projekte:
Schlüsselfunktionen in Projekten | Beschreibung |
---|---|
Projektführung | • Systemerhalt (Autopoiese) • Welchen Beitrag leistet das Projekt? Auftrag, Vision, Werte, Sinn und Zweck... • Führung = Wirken am System • Fokus auf Effektivität • normativ-strategische Orientierung • Innovation und Entwicklung Visionskraft |
Projektmanagement | • Systemstabilität (Homöostase) • Wie stellen wir die Erreichung der Ziele sicher? Ziele, Aufgaben, Termine, Verbindlichkeit... • Management = Wirken im System • Fokus auf Effizienz • operative Orientierung • Kontinuität und Stabilität Umsetzungskraft |
Projektmarketing | • Systemanpassung (Morphogenese) • Wie kommuniziert das Projekt mit dem Umfeld / den Anspruchsgruppen? Design, Form, Kommunikation, Dialog, Resonanz... • Darstellung der Leistungsfähigkeit und Bedeutung des Projekts („Performance“) • Vermarktung und Kommunikation Wachstumskraft |
Die genannten drei Systemfunktionen werden in kleineren Projekten primär von Projektauftraggeber und Projektleiter wahrgenommen. In größeren Projekten verteilen sich die Funktionen idealerweise auf mehrere Stakeholder, Projektbeteiligte und -rollen. "Systemisch" geführt und koordiniert sind Projekte dann, wenn die genannten Schlüsselfunktionen bewusst und professionell wahrgenommen werden.
13.02.2014
14.02.2014
14.02.2014
14.02.2014
17.02.2014
17.02.2014
01.10.2015
05.07.2023
sehr geehrter herr dr. hagen,
vielen dank für diesen interessanten artikel.
schon die ersten definitionen des projektbegriffs in der zweiten hälfte des letzten jahrhunderts haben die attribute "komplex", "innovativ" und "fachübergreifend" enthalten und damit implizit darauf hingewiesen, dass projekte nur in einer besonderen organisationsform abseits traditioneller führung gewinnbringend bearbeitet werden können. auch weil die meisten projektmitarbeiter nur selten der projektleitung hierarchisch und fachlich unterstellt waren und sind.
für mich als soziologin, die systemtheorie studiert hat, war deshalb von anfang an klar, dass "hierarchie und anordnung" in einem echten projekt nicht funktionieren können. stattdessen ging und geht es bis heute darum:
* erkenntnisse multiperspektivisch zu gemeinsamen bildern zusammenzufügen und dabei wichtige stakeholer aus dem systemumfeld angemessen zu berücksichtigen
* entscheidungen möglichst auf augenhöhe im team zu treffen
* sich wegen der einmaligkeit eines innovativen vohabens als reflektierendes und lernendes team aufzustellen
* konflikte aufgrund unterschiedlicher sichtweisen der beteiligten konstuktiv zu nutzen und zu lösen
in der consensa projektberatung verfolgen wir deshalb den systemischen projektmanagementansatz (wir nennen das "prozesskompetenz im projekt") konsequent seit ende der 80er jahre und haben (fast) alle projekte mit großem erfolg abgeschlossen.
mehr davon finden sie in meinem buch "prozesskompetenz in der projektarbeit", welches als erstauflage ende der 90er jahre erschienen und nach vielen neuauflagen mittlerweile leider nur noch antiquarisch zu beziehen ist.
heute vermischt sich dieser ansatz zumindest in meinem umfeld mit erkenntnissen der agilen transformation, sodass sich die frage nach dem funktionalen einsatz von methoden und denkansätzen im projekt noch viel deutlicher stellt als in weniger volatilen zeiten.
so zu arbeiten ist allerdings anspruchsvoll und erfordert bei vielen menschen einen langen lernprozess, der sich aber am ende sowohl in der persönlichen entwicklung als auch karrieretechnisch auszahlt.
ich bin gespannt auf ihr feedback zu diesem kommentar und würde mich über weiteren austausch zu diesem spannenden thema sehr freuen,
ihre
daniela mayrshofer
Andrea Windolph
13.02.2014