Der Terminplan muss gestrafft werden - so geht´s
Der Terminplan muss gestrafft werden - so geht´s
Der Projektleiter hat seinen Terminplan dem Lenkungsausschuss präsentiert und erhält die Aufgabe, diesen um einen bestimmten Zeitraum zu kürzen, damit das Projektergebnis noch auf einem wichtigen Messe- oder Kundentermin vorgestellt werden kann. In dieser Situation reagieren viele Projektleiter spontan und ergreifen Maßnahmen auf Ressourcenseite, verhängen also z.B. Urlaubssperren, ordnen Überstunden an oder stocken das Projektteam auf. Oft wird auch der Versuch unternommen, das Problem zu verlagern und z.B. Zulieferern kürzere Fristen zu setzen oder Arbeitsleistung zuzukaufen.
Meist gelingt es mit solchen Maßnahmen auch, eine gewisse Beschleunigung zu erzielen. Aber sie erhöhen die Kosten und vergiften langfristig das Arbeitsklima oder die Geschäftsbeziehungen. Es ist sinnvoller, die einzelnen möglichen Maßnahmen systematisch hinsichtlich Wirksamkeit und Konsequenzen zu überprüfen und dann gezielt stufenweise einzusetzen.
Führungsverantwortung
Bereits in der Sitzung des Lenkungsausschusses sollte der Projektleiter der Verkürzung des Terminplans nicht widerspruchslos zustimmen. Seine Führungsverantwortung besteht zunächst darin, die Mitglieder des Lenkungsausschusses davon zu überzeugen, dass auch sie das Projekt aktiv unterstützen müssen. Dazu gehört, dass die Priorität des Projekts gegenüber anderen Projekten deutlich erhöht wird, damit es z.B. nicht durch Ressourcenkonflikte blockiert werden kann. Weiterhin sollte der Projektleiter im Lenkungsausschuss über den Gegenwert der Terminplanstraffung verhandeln und z.B. ein höheres Budget, eine Verringerung des Projektergebnisses oder eine höhere Ressourcenverfügbarkeit einfordern.
Analyse des Terminplans
Wer sein Projekt gut strukturiert und den Terminplan in einem Projektmanagement-Werkzeug abgebildet hat, wird als erstes den kritischen Weg des Projektablaufs identifizieren. Eine Verkürzung des Terminplans muss die Abwicklung der darauf liegenden Arbeitspakete beschleunigen. Die im Folgenden aufgeführten Maßnahmen entfalten nur für diese ihre volle Wirkung.
Kostenneutrale Maßnahmen
Es ist zu prüfen, welche Maßnahmen sich durchführen lassen, ohne dass die Projektkosten steigen:
- Zeitreserven kürzen oder herausnehmen. Diese werden oft eingebaut, um Projektrisiken abzusichern. Ggf. müssen andere Maßnahmen zur Risikoabsicherung getroffen werden.
- Arbeitspakete verkleinern: Der Projektleiter sollte die einzelnen Arbeitspakete gemeinsam mit den Arbeitspaketverantwortlichen dahingehend prüfen, ob bestimmte Aufgaben oder Arbeiten weggelassen werden können, ohne dass das Projektergebnis Schaden nimmt.
- Arbeitspakete verkürzen: Der Projektleiter sollte prüfen, ob sich die einzelnen Arbeitspakete schneller erledigen lassen, als in der ursprünglichen Planung vorgesehen. Möglicherweise lässt sich ein Arbeitsschritt statt in drei, in zwei Tagen abschließen. Diese Frage sollte er mit dem Arbeitspaketverantwortlichen abklären.
- Arbeitspakete parallelisieren: Eventuell ist es möglich, bestimmte Arbeitspakete nicht nacheinander, sondern gleichzeitig zu erledigen.
- Arbeitsschritte zusammenlegen: Beispielsweise können für eine Software die Benutzeranleitung und die technische Dokumentation gemeinsam erstellt werden.
- Urlaub verschieben: Die Mitarbeiter können gebeten werden, ihren Urlaub zu verschieben, um das Projekt schneller zu beenden. Es ist auch möglich, eine vorübergehende Urlaubssperre zu verhängen. Das könnte aber viele Mitarbeiter verärgern, die Motivation senken und letztendlich kontraproduktiv wirken. Es ist deshalb besser, auf Freiwilligkeit zu setzen.
- Mehrarbeit: Überstunden können zu einer schnelleren Projektabwicklung beitragen. Unbezahlte Mehrarbeit führt verständlicherweise bei den Mitarbeitern zu Verstimmungen und kann die Effizienz sogar reduzieren. Deshalb sollte der Projektleiter bei erzwungenen Verkürzungen der Projektlaufzeit die Führungsebene in die Pflicht nehmen und eine Bezahlung der Mehrarbeit bewirken.
- Anreize zur Motivation der Mitarbeiter und Erhöhung der Produktivität geben: Beispielsweise kann die Geschäftsführung persönlich an Projektbesprechungen teilnehmen oder den Projektleiter mit mehr Befugnissen als üblich ausstatten.
- Bessere Arbeitsbedingungen: Störungsfreieres Arbeiten für die Mitarbeiter, z.B. die rollierende Übernahme des Telefondienstes durch ein Teammitglied.
- Arbeitspakete streichen: Möglicherweise lassen sich einige Arbeitspakete komplett streichen, ohne dass dies sich auf Lasten und Pflichten auswirkt. Wenn z.B. bei einer Automobilentwicklung die Strömungssimulation für den neuen Außenspiegel vorgesehen ist, kann bei Verwendung des bisherigen Außenspiegels darauf verzichtet werden.
- Erfahrenes Personal einsetzen: In der Materie unerfahrene Mitarbeiter müssen sich erst einarbeiten. Diese Lernphasen lassen sich einsparen oder verkürzen, indem man erfahrene Kollegen einsetzt, sofern sie verfügbar sind und intern mit dem gleichen Kostensatz abgerechnet werden.
Kostensteigernde Maßnahmen
Oft ist es nicht möglich, den Terminplan allein mit kostenneutralen Maßnahmen zu straffen. Deshalb müssen auch solche Maßnahmen betrachtet und geprüft werden, die Kosten verursachen. Der Projektleiter muss aber zunächst mit dem Auftraggeber die daraus folgende Budgeterhöhung verhandeln. Bei einem externen Auftraggeber bedeutet dies eine Nachforderung aufgrund der Vorverlegung des Termins.
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