Teamführung Befehlen Sie nicht, begründen Sie!
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Teamführung Befehlen Sie nicht, begründen Sie!
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Heute um 16.00 Uhr ist Projektleiterrunde wie jeden Freitagnachmittag. Sie leiten ein Marktforschungsprojekt, das nächste Woche in die zweite Phase geht, in der Sie die Kundenbefragungen durchführen. Sie haben sich bestens vorbereitet und einen detaillierten Plan für diese Phase erarbeitet. Am Montag früh werden Sie sich mit Ihrem Team Punkt 9.00 Uhr treffen, um die zweite Phase Ihres Projekts zu starten. Alle Teammitglieder und Sie freuen sich bereits darauf, dass es endlich richtig losgeht.
Um 16:10 Uhr sitzen Sie mit dickem Hals im Meeting und sind kurz davor zu platzen. Eben hat der technische Geschäftsführer verkündet, dass Ihr Marktforschungsprojekt zurückgestellt wird, was einem Projektabbruch gleichkommt. Stattdessen werden Sie und Ihr Team einem Marketingprojekt zugeteilt, das für das neue Produkt massiv die Werbetrommel rühren soll. Der Steuerungskreis für das Projektportfolio habe das einstimmig beschlossen, betont der Geschäftsführer ausdrücklich.
Sofort diskutiert die Runde, insbesondere die Projektleiter, die mit der Entwicklung des neuen Produkts befasst sind, wie die Werbekampagne für das Produkt, das noch gar nicht fertig entwickelt ist, aufzusetzen wäre.
Unbegründete Entscheidungen von oben frustrieren!
Wie geht es Ihnen jetzt? Vielleicht schießen Ihnen ja Gedanken durch den Kopf wie:
- "Das machen die absichtlich, um mich zu ärgern."
- "Die haben ja überhaupt keine Ahnung, das ist wieder mal eine typische Entscheidung von oben!"
- "Die sitzen 'am grünen Tisch' und wollen ein Produkt auf den Markt drücken, ohne zu wissen, was die Kunden wollen!"
- "Bin ich hier im falschen Film?"
Sie sind aus zwei Gründen stinksauer: Zum einen haben Sie das Gefühl, dass über Ihren Kopf hinweg eine Entscheidung gefällt wurde, die Teile Ihrer bereits geleisteten Arbeit ihres Sinns beraubt. Die Tatsache, dass sich die Entscheider dabei einig sind, macht Sie noch wütender, Sie fühlen sich ins Abseits geschoben. Vermutlich wollte aber der Geschäftsführer lediglich die Dringlichkeit oder die Wichtigkeit dieser Entscheidung unterstreichen, als er ihre Einstimmigkeit hervorhob.
Zum anderen hatte der Geschäftsführer "vergessen", einen Grund für diese Entscheidung anzugeben. Dafür wiederum kann es viele Gründe geben. Manche Entscheider möchten die Mitarbeiter schützen und sie vor Ängsten und Sorgen bewahren, z.B. weil sie nicht wollen, dass die besten Mitarbeiter kündigen, wenn eine Krise droht. Andere Entscheider vergessen es tatsächlich ganz einfach, da für sie nur die getroffene Entscheidung und ihre Umsetzung zählen oder sie gehen davon aus, dass ihre Mitarbeiter denselben Wissensstand haben wie sie.
Tatsache ist jedoch, dass Sie als Leiter des betroffenen Projekts keinen logischen Grund für diese Vorgehensweise erkennen können. Das gibt Ihnen viel Raum für persönliche Fantasieszenarien. Wenn Sie sich schon öfter über die Entscheidungen der Geschäftsführung oder des Projektportfolio-Gremiums geärgert haben, lässt diese Entscheidung viele Interpretationen in Ihrer Fantasie zu, vielleicht sehen Sie durch den Abbruch Ihres Projekts sogar Ihren Job gefährdet. Je verärgerter Sie sind, desto weiter sind diese Gründe von der Realität entfernt.
Dabei hätte es der Geschäftsführer ganz einfach gehabt, Ihnen diesen Ärger zu ersparen. Und genauso einfach haben Sie es als Projektleiter, Ihre Teammitglieder zu motivieren, Ihre Arbeitsanweisungen auszuführen. Sie brauchen hierzu lediglich das Wörtchen "weil"!
Das Zauberwort "weil"
Die Harvard-Psychologin Ellen Langer (Caldini, 2013) führte in den 70er-Jahren ein Experiment zum Verhalten von Mitarbeitern am Kopierer durch. Sobald sich eine Schlange kopierwilliger Mitarbeiter vor dem Kopierer ansammelte, kam aus einem nahe gelegenen Büro eine Person und bat mit den Worten: "Würden Sie mich bitte vorlassen" darum, vor allen anderen kopieren zu dürfen. Dieses Experiment wurde mehrmals zu unterschiedlichen Tageszeiten wiederholt. Am Ende führten im statistischen Mittel 60% der Bitten zum Erfolg.
In einer zweiten Runde veränderte Langer die Form der Bitte. Die Person äußerte ihre Bitte nun mit folgenden Worten: "Würden Sie mich bitte vorlassen, weil ich es sehr eilig habe." Auch diese Variante wurde mehrmals zu unterschiedlichen Zeiten durchgeführt. In 94% der Fälle hatte die Bitte nun Erfolg. Man ging davon aus, dass es an der logischen und sinnvollen Begründung lag.
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Gast-Kommentatorin
21.10.2014
Joshua Schär
13.05.2015