Komplexität
Komplexität bezeichnet die Eigenschaft eines Systems, nicht deterministisch vorhersagbar auf Änderungen innerer oder äußerer Parameter zu reagieren
Komplexität
Komplexität bezeichnet die Eigenschaft eines Systems, nicht deterministisch vorhersagbar auf Änderungen innerer oder äußerer Parameter zu reagieren
Ein komplexes System ist damit nicht einfach kontrollierbar, da steuernde Eingriffe keine eindeutigen, prognostizierbaren Auswirkungen haben. Im Gegensatz zu einem chaotischen System bleiben bei einem komplexen System die Auswirkungen steuernder Eingriffe jedoch stets begrenzt. Es ist somit grundsätzlich möglich, die Systemreaktionen durch sehr geringe Eingriffe zunächst auszutesten und es dadurch einer Steuerung zugänglich zu machen. Allerdings gibt es kein Kriterium, das es erlaubt, sicher zwischen einem komplexen und einem chaotischen System zu unterscheiden.
In der Managementliteratur wird typischerweise "Komplexität" im Sinne des Cynefin-Frameworks von Dave Snowden verstanden (Snowden, D.: Cynefin: a sense of time and space, the social ecology of knowledge management, in: Knowledge Horizons: The Present and the Promise of Knowledge Management, 2000). Darauf basiert insbesondere die Unterscheidung zwischen "Komplexität" und "Kompliziertheit", die oftmals darin gesehen wird, dass in einem komplizierten System die Wechselwirkungen zwar sehr vielfältig, aber reproduzierbar und deterministisch seien. Gemeinhin werden technische Systeme, wie z.B. ein Kraftfahrzeug oder eine technische Anlage als "lediglich kompliziert", aber nicht "komplex" bezeichnet, während soziale Systeme grundsätzlich als "komplex" gewertet werden.
Erläuterungen und Diskussion
Die Charakterisierung von Systemen als "chaotisch" stammt aus der Naturwissenschaft. Maßgeblich dafür war die Entdeckung, dass auch bei physikalisch und mathematisch vollständig beschriebenen Systemen sehr kleine Variationen von Eingangsparametern zu extrem großen Auswirkungen führen können. Populärwissenschaftlich wurde hierfür das Bild des Flügelschlags eines Schmetterlings geprägt, der einen Orkan an anderer Stelle der Erde auslösen könnte.
Dieses einprägsame Bild stellt allerdings die Unterscheidungen des Cynefin-Frameworks und vieler davon abgeleiteter Beratungsansätze grundsätzlich in Frage. Bei der Strömungsmechanik handelt es sich um vollständig beschriebene, naturwissenschaftliche Systeme ohne menschliche Beteiligung. Dennoch verhalten sich thermodynamische Systeme wie die Erdatmosphäre chaotisch, erkennbar an Turbulenzen und Phasenübergängen. Es stellt also eine unzulässige Vereinfachung, wenn nicht sogar naive Technikgläubigkeit dar, technische Systeme als "einfach" oder als "kompliziert" darzustellen. Wäre dem so, bräuchten sie nicht überwacht zu werden und technische Katastrophen wären nicht möglich.
Demzufolge sind alle Systeme, die nicht mit hohem technischen Aufwand von Umwelteinflüssen isoliert und bewusst einfach konstruiert wurden, als potentiell chaotisch anzusehen. Ihre Behandlung als komplexe, komplizierte oder gar einfache Systeme beruht somit lediglich auf einer Modellbildung, um durch diese Vereinfachung Möglichkeiten der Steuerung zu erkennen. Der Wert der Beschäftigung mit dem Modebegriff "Komplexität" liegt also im Wesentlichen darin, auf die sehr eingeschränkte Gültigkeit von Modellen aufmerksam zu machen, die Systeme als einfach, kompliziert oder komplex betrachten.