Agiles Spiel für Einsteiger Mit dem Ball-Point-Game die agilen Prinzipien greifbar machen
Learning by doing: Als Trainer vermittelt Matthias Wolf-Dietrich seinen Teams die Prinzipien von agilem Projektmanagement, indem er mit ihnen agiles Arbeiten simuliert. Ein ideales Einsteigerspiel ist das Ball-Point-Game, das nach dem Ansatz "Inspect and Adapt" funktioniert. Die Spieler erleben unterschiedliche agile Elemente und Meetings wie Sprints sowie Retrospektiven und sammeln Erfahrungen in einem selbstorganisierten Team.
Management Summary
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Agiles Spiel für Einsteiger Mit dem Ball-Point-Game die agilen Prinzipien greifbar machen
Learning by doing: Als Trainer vermittelt Matthias Wolf-Dietrich seinen Teams die Prinzipien von agilem Projektmanagement, indem er mit ihnen agiles Arbeiten simuliert. Ein ideales Einsteigerspiel ist das Ball-Point-Game, das nach dem Ansatz "Inspect and Adapt" funktioniert. Die Spieler erleben unterschiedliche agile Elemente und Meetings wie Sprints sowie Retrospektiven und sammeln Erfahrungen in einem selbstorganisierten Team.
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Man kann Scrum-Trainings besuchen, man kann viel und lange über Agilität reden und diskutieren – oder man probiert es einfach mal selbst aus. Denn nur so wird man begreifen, was die Erfolgsfaktoren sind und wie diese zusammenspielen. "Be-greifen" ist ein gutes Stichwort: Der Vorteil einer Simulation ist das Berühren, das Erfahren und das Selbsttun. Lernen braucht ein positives emotionales Umfeld, erst so wird nachhaltiges Lernen möglich. Als Trainer und Berater baue ich daher gerne praktische Übungen in meine Trainings ein. Eine davon, das Ball-Point-Game, ist eine einfache Simulation. Ein Spiel, das in kurzer Zeit die wichtigsten Erkenntnisse des agilen Arbeitens näherbringt.
Ziel und Ablauf
Beim Ball-Point-Game soll das Team eine "menschliche Ballmaschine" bauen. In mehreren Zyklen wird simuliert, wie ein agiler Prozess aussieht und – noch wichtiger – wie sich die Zusammenarbeit in einem echten Team anfühlt. Die Teilnehmer erleben unterschiedliche agile Elemente sowie Meetings und können Erfahrungen in einem selbstorganisierten Team sammeln.
Ein Team besteht sinnvollerweise aus mindestens vier Personen, es können aber auch mehr sein – mit bis zu 200 haben wir es schon ausprobiert. Die ideale Teamgröße liegt erfahrungsgemäß bei sieben Personen. Natürlich können auch mehrere Teams parallel spielen, das motiviert viele Teilnehmer noch mehr, weil die Teams vermeintlich in Konkurrenz zueinanderstehen. Für das Ball-Point-Game sollte man ca. 30 bis maximal 60 Minuten einplanen. Es eignet sich vor allem für Teams, die noch wenig oder gar keine eigene Erfahrung mit agilen Methoden haben.
Material
Neben Flipchart und -Markern (idealerweise eine Farbe pro Team plus einen schwarzen Stift) und einer Stoppuhr (Handy reicht auch) brauchen Sie natürlich Bälle – einer pro Teilnehmer ist das Minimum, mehr sind wünschenswert, damit immer ausreichend Bälle zur Verfügung stehen und der Spielfluss nicht ins Stocken gerät.
Visualisierung des Spielstands
Auf einem Flipchart vermerkt der Moderator in jeder Iteration die Schätzungen der Teams und ihre Ergebnisse, also die Anzahl der durchgeschleusten Bälle. Das kann entweder in Form einer Tabelle (Bild 1) passieren oder in einer Grafik (Bild 2), welche die Teilnehmer selbst ausfüllen. Die Tabelle besteht aus drei Spalten: "Iteration", "Schätzung" und "Ergebnis". In jeder Zelle können dann die Schätzungen und Ergebnisse pro Team, eventuell in unterschiedlichen Farben, eingetragen werden (siehe Bild 2).
Wenn Sie die Darstellung in einer Grafik wählen, zeichnen Sie auf der horizontalen Achse die Iterationen auf und auf der vertikalen eine Skala für die erreichten Punkte, hier von 0 bis 100. Später können die Teams ihre (optionalen) Schätzungen mit einem "O" bei der richtigen Iteration eintragen. Die Ergebnisse werden mit einem "X" an der betreffenden Stelle notiert (siehe Bild 3).
Durch die unterschiedlichen Farben lassen sich die Eintragungen der Teams gut unterscheiden. Sollte die vertikale Skala nicht ausreichen, da ein Team über 100 Punkte sammelt, kann man sie im Verlauf der Simulation auch erweitern. Dass es die Skala gesprengt hat, kann das Team zusätzlich motivieren.
Olivia Danilsen
20.11.2018
Matthias Wolf-Dietrich
20.11.2018
Hier –wie gewünscht – meine…
27.02.2020
Hier –wie gewünscht – meine kurzer Erfahrungen mit über 50 Ball-Point Games.
Vorab: Ich verwende das Ball-Point Game in Schulungen für neue Teams die ich neu aufbaue. Es ist nämlich nebenbei ein sehr guter Team Building-Event. Für gemischte Schulungen, bei denen auch die Gruppen größer als 6 +/- 2 Personen (plus PO / SM) sind, gibt es m.E. geeignetere Übungen (z.B. Human Knot – TastyCupcakes.org).
1. Die Regel Nr. 5 gehört nicht zur Originalversion des Spiels und schränkt m.E. die Freiheiten des Teams und die Lernpotentiale ein. (Und das Spiel soll – wie Scrum – mit möglichst wenig Regeln auskommen; fördert die Selbstorganisation.)
Ich verwende diese Regel nicht und somit kommt es regelmäßig vor, das Teilnehmer den herunter gefallenen Bällen hinterher laufen, was Zeit kostet (Task Switching) und das gesamte Team aus den Tritt bringt (Störung des Flow), bis sie dann merken, welche Verschwendung das ist und die Bälle einfach liegen lassen.
2. Das die Kreativität und die Selbstorganisation steigt, je weniger Regeln vorgegeben sind, zeigte sich mir bei einem Team, dass meine Balltasche verwenden wollte, um gleich alle 10 bereitgestellten Bälle gleichzeitig durch das Team laufen zu lassen. Hier habe ich dann doch eingegriffen und darauf hingewiesen, dass meine Balltasche nicht zum Spielmaterial gehört…
3. Apropos Anzahl der Bälle: Es gibt Anleitungen die behaupten, dass man für das Spiel mind. 100 Bälle benötigt. Da ist falsch! Ich komme locker mit 10 Bällen aus, selbst wenn ich mal zwei Teams parallel spielen lasse. Wenn ein gefühlter Mangel an Bällen entsteht, benötige ich auch keine zusätzliche Regel, um die Qualität zu erhöhen (siehe Varianten im Artikel). Wenn zu viele Bälle herunter fallen und wegrollen dann kommen die Teams selbst darauf, dass mit der Qualität etwas nicht stimmt.
4. Auch wenn in Boris seiner aktuellen Anleitung (Abruf 02/2020) keine Ergebnisgrafik mehr enthalten ist, verwende ich bewusst eine Grafik analog Bild 3 (ein Bild sagt mehr als 1.000 Zahlen…) mit durchaus 150 Bällen an der Y-Achse, um die Teams heraus zu fordern. Und ich versuche immer Zeit für 5 Iterationen zu haben, weil sich das Team nach 3 Runden eingespielt hat und dann ein gewisses Maximum mit seiner Vorgehensweise erreicht hat. Dann provoziere ich die Teams mit meinem hohen Skalenwert an der Y-Achse uns sage ihnen, dass andere Teams durchaus an diesen Wert herangekommen sind. Sie sollen doch noch mal überlegen, ob es nicht noch Verbesserungspotentiale gibt!
Das führ sehr oft dazu, dass die Teams ihr geübtes Vorgeben aufgeben und eine ganz neue, alternative Vorgehensweise ausprobieren (Disruptive Innovation). Und das Ergebnis ist in Bild 3 dargestellt: Die Teams brechen mit der Performance ein, weil sie sich erst einmal neu finden müssen; haben dann mit der neuen Vorgehensweise aber so viel Potential erschlossen, dass sie danach zu Ergebnissen kommen, die sie mit der zuerst verwendeten Vorgehensweise nie erreicht hätten.
Und damit erleben Sie zwei wesentliche Merkmale von Scrum:
1. Inspect & Adapt in kurzen Iterationen
2. Experimente und ggf. Rückschläge sind o.k., zu erwarten und nicht schlimm! Sie eröffnen aber neue Horizonte.
Eine Regel behalte ich aber immer in der Hinterhand, insb. nachdem ich das Ball-Point Game auch schon mehrfach in Schulklassen mit bis zu 34 Schülerinnen & Schülern als Teambildungsübung verwendet habe: „Die Bälle müssen nachvollziehbar durch das Team wandern…“