Riemann-Thomann-Modell trifft Werte- und Entwicklungsquadrat Persönlichkeitstypen analysieren – Konflikte im Team lösen

Persönlichkeitstypen analysieren – Konflikte im Team lösen

Es knirscht in Ihrem Team? Ein Grund können unterschiedliche Persönlichkeiten sein. Unser Autor zeigt Ihnen, wie Sie diese mit dem Riemann-Thomann-Modell identifizieren und die Konflikte anschließend mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat lösen.

Management Summary

Riemann-Thomann-Modell trifft Werte- und Entwicklungsquadrat Persönlichkeitstypen analysieren – Konflikte im Team lösen

Persönlichkeitstypen analysieren – Konflikte im Team lösen

Es knirscht in Ihrem Team? Ein Grund können unterschiedliche Persönlichkeiten sein. Unser Autor zeigt Ihnen, wie Sie diese mit dem Riemann-Thomann-Modell identifizieren und die Konflikte anschließend mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat lösen.

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Bestimmt kennen auch Sie den einen Kollegen, der immer im Mittelpunkt stehen will. Oder die Kollegin, die immer wieder auf "Nummer sicher" geht und so die Projektarbeiten verzögert. Manche dieser Angewohnheiten stören uns mal mehr, mal weniger. Und je nachdem führen sie zu kleineren oder größeren Konflikten.

Konflikte in Projekten sind fordernd, aber notwendig. Denn nur mit ihnen können wir Lösungen für Probleme aushandeln. Was zunächst irritierend klingen mag, folgt einer simplen Logik: Probleme gibt es in allen Projekten. Für diese gibt es zugleich immer mehre Lösungsmöglichkeiten. Je nach Interessenslage werden von den handelnden Personen jeweils andere Lösungen verfolgt bzw. favorisiert. Dies führt zu einem Konflikt. Die Lösung des Konflikts ist dann gleichzeitig die Lösung des Problems.

Nicht immer sind diese Konflikte sachlich begründet. Oft entstehen sie aufgrund unterschiedlicher Persönlichkeitsstrukturen. Diese können durch das Riemann-Thomann-Modell identifiziert und anschließend mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat aufgelöst werden.

In diesem Artikel zeige ich anhand eines fiktiven Beispiels, wie Projektleitungen, aber auch Teammitglieder selbst mit dem Riemann-Thomann-Modell die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen in ihren Teams identifizieren und analysieren können. Ich zeige außerdem, wie Sie Ihre Teamkonflikte lösen, indem Sie das Modell mit dem Werte- und Entwicklungsquadrat kombinieren.

Die Persönlichkeitstypen nach dem Riemann-Thomann-Modell

Haben Sie sich auch schon einmal die Frage gestellt, was für ein Persönlichkeitstyp Sie sind? Oder wurden Sie in einem Vorstellungsgespräch gefragt, wie Sie sich selbst beschreiben würden? Mit einer Selbstanalyse nach dem Riemann-Thomann-Modell können Sie mehr über ihre Persönlichkeit erfahren.

Das Riemann-Thomann Modell: Herkunft

1961 veröffentlichte der Psychoanalytiker Fritz Riemann das Buch "Grundformen der Angst und die Antinomien des Lebens". In diesem beschrieb er vier Persönlichkeitstypen: schizoid, depressiv, zwanghaft und hysterisch. Der Schweizer Psychoanalytiker Christoph Thomann benutzte dieses Modell für seine Paartherapien und erklärte seinen Patient:innen damit deren Verhaltensweisen. Er modifizierte die Persönlichkeitstypisierung, indem er eine Visualisierung der Persönlichkeitstypen entwickelte. Obwohl das Modell nicht aus einer Zusammenarbeit von Riemann und Thomann entstanden ist, sondern eine Weiterentwicklung der Typisierung von Fritz Riemann darstellt, trägt es den Namen von beiden. Eine ausführliche Darstellung des Riemann-Thomann-Modells finden Sie in der Methodenbeschreibung Riemann-Thomann-Modell.

Korrespondierende und übersteigerte Formen der Ängste

Fritz Riemann leitet menschliche Handlungen und Stimmungen vor dem Hintergrund von vier Impulsen ab: Der Angst vor Selbsthingabe, Selbstwerdung, Wandlung und Notwendigkeit. Zwei dieser Ängste stehen jeweils in einem Gegensatz zueinander:

  • Die Angst vor Selbsthingabe und die Angst vor der Selbstwerdung
  • Die Angst vor der Wandlung und die Angst vor der Notwendigkeit

Ist besonders eine Form der Angst vorherrschend, kann daraus auf eine von vier unterschiedlichen Persönlichkeitsstrukturen geschlossen werden (siehe Tabelle 1). Ist bei einer Person also z.B. die Angst vor Wandlung vorherrschend, lässt sich daraus auf eine "Dauer"-Persönlichkeit schließen. Ist die Angst in einem Persönlichkeitstyp besonders stark, entstehen die in der Psychotherapie bekannten Neurosen: Schizophrenie, Depression, Zwangsneurose und Hysterie. Ein "Dauer"-Mensch könnte sich laut Riemann dann zu einer neurotischen Persönlichkeit entwickeln. In der folgenden Tabelle habe ich die Grundformen der Angst sowie die Neurosen dem jeweiligen Persönlichkeitstyp zugeordnet:

Tabelle 1: Die vier Persönlichkeitstypen "Nähe", "Distanz", "Dauer" sowie "Wechsel". Je nach Persönlichkeitstyp existiert eine korrespondierende Grundform sowie eine übersteigerte Form der Angst.

Persönlichkeitstypen

Korrespondierende Grundform der Angst

Bezeichnung der übersteigerten Form (nach Riemann)

Nähe

 

Angst vor Selbstwerdung, die als Ungeborgenheit und Isolierung erlebt wird.

Depressive Persönlichkeit

Distanz

Angst vor Selbsthingabe, die als Ich-Verlust erlebt wird.

Schizoide Persönlichkeit

Dauer

Angst vor Wandlung, die als Vergänglichkeit und Unsicherheit erlebt wird.

Neurotische Persönlichkeit

Wechsel

Angst vor Notwendigkeit, die als Endgültigkeit und Unfreiheit erlebt wird.

Hysterische Persönlichkeit

Ob und wie intensiv eine Ausprägung eines Persönlichkeitstyps vorhanden ist, ist individuell unterschiedlich. Dafür verantwortlich sind die vererbten psychophysischen Anlagen und die individuelle Lebensgeschichte. Diese werden durch das Umfeld in der Kindheit, die Persönlichkeiten der Eltern und Erzieher:innen sowie durch die Gesellschaft mit ihren Spielregeln geprägt. Diese Ausprägungen müssen jedoch nicht hingenommen werden. Sie können verändert werden, indem die ungenügend entwickelten, vernachlässigten oder unterdrückten Teilaspekte entwickelt werden. Damit sich dann eine ausgewogene Persönlichkeit herausbilden kann, ist es aber zuerst notwendig, die eigene Persönlichkeit zu kennen.

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Die vier Persönlichkeitstypen

Die im Folgenden beschriebenen vier typischen Persönlichkeitsformen habe ich vereinfacht dargestellt, um die markanten Unterschiede zwischen der Persönlichkeitstypen hervorzuheben (siehe zum Folgenden: Riemann, 2022). Denn das Bild eines Persönlichkeitstyps wird besonders dann eindrücklich, wenn man dessen extreme Ausprägung kennt. In der Realität vereinigen wir meist alle Elemente dieser Persönlichkeitsformen, allerdings in einem individuell unterschiedlichen Ausmaß.

Da wir uns in diesem Artikel mit dem Lösen von Konflikten beschäftigen, zeige ich zudem den Umgang der Persönlichkeitstypen mit Konfliktsituationen auf. Sie werden sehen: Jeder Typ geht verhält sich in Konflikten anders. Um Konflikte in Ihrem Team zu lösen, reicht es also nicht, wenn Sie die Persönlichkeitstypen identifiziert haben. Sie müssen verstehen, wie jeder einzelne Typ mit Emotionen und Aggressionen in einem Konflikt umgeht.

Nähe-Persönlichkeiten

Die Skala der Ausprägungen des Persönlichkeitstyps "Nähe" ist groß. Zu diesem Typ gehören Menschen, die introvertiert bis hin zu hoffnungslos oder melancholisch sind. Sie fordern ungern Dinge ein oder behaupten sich gegenüber anderen.

Menschen mit einer Nähe-Persönlichkeit können sich in andere einfühlen und sind hilfsbereit. Darüber hinaus sind sie sehr anpassungsfähig. Weitere Tugenden sind: Bescheidenheit, Verzichtbereitschaft, Friedfertigkeit, Selbstlosigkeit und Mitgefühl. Nähe-Persönlichkeiten gehen ihren Wünschen, Trieben und Impulsen nicht nach. Vielmehr sind sie darauf angewiesen, dass diese von anderen erfüllt werden. Denn Nähe-Persönlichkeiten haben ein schwach entwickeltes eigenes "Ich", das ein starkes "Ich" zur Orientierung braucht. Dies führt dazu, dass sie die Schwächen der Menschen in ihrem Umfeld verharmlosen. Da sie Spannungen und Konflikten aus dem Weg gehen, äußern sie keine Zweifel bzw. Kritik an nahestehenden Personen. Denn Kritik birgt immer das Risiko, dass die Beziehung gefährdet wird.

Beruflich neigen Nähe-Persönlichkeiten zu Tätigkeiten, bei denen sie helfen und unterstützen können.

Nähe-Persönlichkeiten in Konfliktsituationen

Der überwiegend von einem Bedürfnis nach Nähe geprägte Mensch will Probleme mit anderen besprechen. Denn nur so findet er heraus, was diese stört und was sie stattdessen möchten. Das vorherrschende Gefühl ist Selbstmitleid und das Bedürfnis, sich anlehnen zu können, um Verständnis zu finden. Da Nähe-Persönlichkeiten Auseinandersetzungen scheuen, ziehen sie sich bei Konflikten am liebsten zurück. Dadurch staut sich viel Unmut an und es braucht nur einen kleinen Anlass, bis das Fass überläuft. In manchen Fällen kann es dann zu einer emotionalen Reaktion kommen.

Beispiel für den Nähe-Typ: Projektassistent Matteo

Projektassistent Matteo (© ASDF – stock.adobe.com)
© ASDF – stock.adobe.com

Matteo ist seit dem Start des Projekts dabei. Er ist mit Leib und Seele Projektassistent und wird von den Projektmitgliedern geschätzt. Matteo kann nur schwer "Nein" sagen. Das führt dazu, dass er Aufgaben auch dann übernimmt, wenn er schon bis über die Ohren mit anderen Tätigkeiten eingedeckt ist. Und das bezieht sich nicht nur auf Aufgaben, die Projektleiter Peter an ihn heranträgt, sondern auch der Rest des Teams. Er kümmert sich auch um Aufgaben, die nicht zu seiner Jobbeschreibung gehören. So organisiert er z.B. Geburtstagsgeschenke für andere Teammitglieder und bereitet die Teamevents vor.

Wenn Matteo einen Fehler macht, hat er sofort ein schlechtes Gewissen. Er setzt dann alles daran, eine Lösung zu finden. Matteo ist darüber hinaus sehr hilfsbereit und empathisch. So hat er immer ein offenes Ohr, wenn ein anderes Teammitglied ein Problem hat. Schwierigkeiten im Team machen ihn schnell betroffen, da ihm ein harmonisches Arbeitsumfeld wichtig ist.

Distanz-Persönlichkeiten