Warum Entscheider ihr Verständnis von Projekten prüfen sollten

Die Frage, warum es so schwierig ist, Entscheidern gutes Projektmanagement zu "verkaufen", treibt mich schon viele Jahre um. Eine wichtige Ursache dürfte die "Sozialisation" darstellen. Menschen – auch Entscheider – verstehen unter "Projekt" und "Projektmanagement" ganz Unterschiedliches, je nachdem, wie und wo sie ihre Laufbahn erfahren haben. Die folgenden Beispiele sollen sowohl Managern als auch Projektmanagern helfen, das "Wesen" ihres Projekts besser zu verstehen und dadurch zielführender an die Aufgabe des Projektmanagements heranzugehen.

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Warum Entscheider ihr Verständnis von Projekten prüfen sollten

Die Frage, warum es so schwierig ist, Entscheidern gutes Projektmanagement zu "verkaufen", treibt mich schon viele Jahre um. Eine wichtige Ursache dürfte die "Sozialisation" darstellen. Menschen – auch Entscheider – verstehen unter "Projekt" und "Projektmanagement" ganz Unterschiedliches, je nachdem, wie und wo sie ihre Laufbahn erfahren haben. Die folgenden Beispiele sollen sowohl Managern als auch Projektmanagern helfen, das "Wesen" ihres Projekts besser zu verstehen und dadurch zielführender an die Aufgabe des Projektmanagements heranzugehen.

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Manchmal braucht man etwas länger, um einen Zusammenhang zu entdecken. Dieser Beitrag spiegelt eine meiner persönlichen Lessons Learned wider. Die Frage, warum es so schwierig ist, Entscheidern gutes Projektmanagement zu "verkaufen", treibt mich schon viele Jahre um (siehe meinen Beitrag "How to sell PM to Executives"). Eine wichtige Ursache dürfte die "Sozialisation" darstellen. Menschen – das schließt Entscheider mit ein – verstehen unter "Projekt" und "Projektmanagement" ganz Unterschiedliches, je nachdem, wie und wo sie ihre Laufbahn erfahren haben. Aus diesem Grund gibt es auch viele, die als "Projektmanager" gelten, aber noch kein richtiges Projekt gemanagt haben.

Die folgenden Beispiele sollen sowohl Managern als auch Projektmanagern helfen, das "Wesen" ihres Projekts besser zu verstehen und dadurch zielführender an die Aufgabe des Projektmanagements heranzugehen.

Beispiel Automotive: Bei den großen Autoherstellern wird ein Automodell (z.B. der VW Bus) oft als "Programm" bezeichnet, dessen einzelne Baureihen (T1, T2, …, T6) sind dann "Projekte", und zwar solche, die bis zur Ablösung der Baureihe laufen. Das widerspricht zwar der "offiziellen" Definition in der PM-Lehre und DIN/ISO 21505 insofern, als dass Projekte einen definierten Anfang und Ende haben und in dieser Zeit etwas Neues (Produkt oder Service) entwickeln müssen, es hält aber auch die Zulieferer nicht davon ab, der Sichtweise ihrer OEMs in der Entwicklung und laufenden Produktion ihrer Komponenten zu folgen.

Ein anderes Beispiel ist die Auftragsfertigung, wo nach den Spezifikationen des Kunden die Komponenten, das Zubehör oder die Verpackungen entwickelt und dann in Serie produziert werden. Für diese "Projekte" gibt es zumeist bewährte Vorgehensmodelle, die die einzelnen Projektschritte in ihrer Sequenz und ihrem Inhalt genau beschreiben und damit ein "Vergessen" wichtiger Arbeiten verhindern sollen.

Was ist das schon, ein Projekt!?

Gemeinsam haben die beiden Beispiele, dass sie den nach der obigen Definition für ein Projekt eigentlich charakteristischen Teil, die Innovation, auf die Leistungen reduzieren, die das Produkt an die Spezifika der neuen Baureihe bzw. des Kundenprodukts anpassen. Eine fortlaufende Produktion sieht die Definition für Projekte gar nicht vor, das ist Programm-Komponenten bzw. dem laufenden Betrieb vorbehalten. In den vorgenannten Beispielen ist die serienmäßige Anwendung des im Projekt entwickelten Produkts oder Service jedoch meist Hauptbestandteil des "Projekts".

Zur Verdeutlichung: Der aus der Baumarkt-Werbung s bekannte Mensch, der "sein Projekt macht", führt der Definition nach ein richtiges Projekt durch: Er hat sich das Wochenende über dafür Zeit genommen, er plant seine Aktionen und Materialien, arbeitet die Aufgaben ab und hat zum Schluss sein "Werk" geschafft – neu und einmalig. Punkt, Ende.

Wie fehlerhaftes Projektverständnis viele Entscheider dazu bringt, keine richtigen Projektmanager einzusetzen

Zurück zu unseren Beispielen aus der Industrie. Derart "zweckentfremdet" bekommen solche "Projekte" auch ein zumeist sehr fachlich fokussiertes "Projektmanagement". Das ist in der Regel ein erfahrener Ingenieur, der das Vorgehensmodell und die Arbeitsschritte, Werkzeuge, Materialien, Vorlieferanten usw. gut kennt und die Ausführung steuert.

Auf Kenntnisse oder eine Ausbildung in dem, was ich unter Projektmanagement verstehe, also z.B. versiertes Umgehen mit Unsicherheit, Risiken, sich änderndem Scope, Zeit- und Kostenplänen, Teambuilding, Koordination des Teams und eventueller Vorlieferanten, Kommunikation, Führung usw. wird hier nicht so viel Wert gelegt – es ist in dieser doch weitgehend geregelten Umgebung auch nicht unbedingt notwendig oder kann vermeintlich "nebenbei" erledigt werden. Meist ist dafür ein technischer Leiter im Unternehmen zuständig und die Projektmanager betreuen unter Umständen auch viele Projekte gleichzeitig.

Daher werden Zeitverzüge und Kostensteigerungen auch eher technischen Schwierigkeiten zugerechnet und nicht eventuell mangelhaftem Management im Projekt und fehlendem Überblick, Steuerung oder Führung. Und deshalb sehen die Entscheider in diesen Unternehmen auch nicht, was ihnen entsprechende Skills bei ihren Projektmanagern oder eben "richtiges" Projektmanagement zusätzlich zur "Abwicklung" durch die technischen Projektleiter (d.h. "Doppelspitzen") an Projektkosten-Ersparnis, Time-to-Market und ROI bringen würden.

Das Problem zieht sich durch alle Branchen!

Selbst in Unternehmen, deren Kerngeschäft tatsächlich "definitionsgerechte" Projekte sind, ist diese Erkenntnis nicht unbedingt weit verbreitet: In der Beratung, Software-, Maschinen- und Anlagenentwicklung oder gar Forschung sind neben technischen auch kreative Tätigkeiten gefordert. Der Faktor Unsicherheit und Risiko ist also unvergleichbar höher, Ideenaustausch, Kommunikation und Zusammenarbeit im Team sind kritische Erfolgsfaktoren.

Leider gaukeln auch in diesen Branchen oft Vorgehensmodelle (z.B. Sure Step- und Value-SAP), PM-Handbücher oder Standards (z.B. PRINCE2 und ITIL) Sicherheit und geregeltes Vorgehen vor. Diese Tools und Guidelines sind gute und wichtige Hilfsmittel, ersetzen jedoch nicht ihre fachgerechte Anwendung im Rahmen eines guten Verständnisses für ihr Anwendungsgebiet Projektmanagement durch einen methodisch versierten Projektmanager. Denn was nutzt es mir, wenn sich mein Projektmanager genau an Sure Step gehalten hat, ihm aber trotzdem Zeit und Kosten davongelaufen sind?!!!

Ein agiler Wandel kaschiert das Problem lediglich

In der Hoffnung, endlich bessere Projekte zu bekommen, ruft auch manch ein Manager den agilen Wandel aus. Nur wenigen davon ist bewusst, was Agilität für das Unternehmen und damit auch für die Führungsebene bedeutet, nämlich, dass agiles Vorgehen kein sachdienliches Projektverständnis ersetzt und beim Management zusätzlich ein Sich-Hineindenken in und Sich-Einlassen auf agile Methodik voraussetzt.

Das agile Projektteam sich mit ein paar Scrum-Artefakten selbst organisieren lassen, dann aber eine feste Planung und Berichte mit fixen Meilensteinen, Deliverables und Budgets erwarten, das wird auch in agilen Projekten schiefgehen. Wo agile Projekte gemacht werden, muss auch das Management agil "ticken". Ohne richtiges Projektverständnis das Beherrschen der Projektmethodik ist jedes Projekt zur Krise verurteilt!

Deshalb muss es immer jemanden geben, der im Projekt "hauptberuflich" den Überblick behält, die Fäden zusammenhält, steuert und das Team führt: Einen Projektmanager, der eben diese Skills besitzt und am besten auch methodisch gelernt und trainiert hat. Fachliche Kenntnisse sollten bei dieser Führungsperson untergeordnet und den Spezialisten im Team vorbehalten sein.

Warum professionelles PM gerade jetzt so wichtig ist

Fassen wir also zusammen: Es sind ein "unvollständiges" Projektverständnis und/oder eine gefühlte Sicherheit durch Tools, die Entscheider oft dazu verleiten, die Aufgabe Projektmanagement zu unterschätzen und in ungeeignete Hände zu geben. Das führt dazu – belegt durch zahlreiche Statistiken – dass weltweit immer noch die meisten Projekte ihre Ziele hinsichtlich Zeit, Kosten und Inhalt nicht plangerecht oder gar nicht erreichen, und dass viele Deckungsbeiträge verbrannt oder Investitionen abgeschrieben werden. Das als "in Projekten ganz normal" anzusehen mögen Politiker sich selbst verzeihen können, Geschäftsführungen und Aufsichtsräte sollte es auf den Plan rufen!

Was aber noch keine Statistik zeigen kann, sind die Auswirkungen, die ein Fortbestand dieser Fehleinschätzung und "Verweigerung" im Zuge der gerade rasch voranschreitenden Digitalisierung und des damit verbundenen umwälzenden Wandels haben wird. Denn Projekte sind per Definition dazu gemacht, Veränderungen umzusetzen – das sollte professionell und verantwortungsvoll angegangen werden!

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Alle Kommentare (1)

Guest

Die geschilderten Herausforderungen kenne ich aus persönlicher Erfahrung sehr gut. In aller Regel hapert es bei den Vorständen nicht an der logischen Einsicht, dass Projekte die einzige strukturierte Möglichkeit darstellen um Veränderungen qualifiziert umzusetzen. Aber die Bereitschaft aus dieser Erkenntnis auch die notwendigen Konsequenzen zu ziehen, fehlt oft.