Mit einschneidenden Veränderungen in seiner Aufbau- und Ablauforganisation sowie im Projektmanagement hat der Göttinger Messtechnikhersteller Mahr sich fit gemacht für den Wettbewerb. Das Ziel: kürzere Produktentwicklungszyklen und eine ertragsorientiertere Projektauswahl.
Kern der Reorganisation waren zwei anspruchsvolle Vorhaben: Mahr stellte die Entwicklungsabteilung des Bereichs Fertigungsmesstechnik am Stammsitz Göttingen von einer reinen Linien- auf eine Matrixorganisation um und führte gleichzeitig ein Multiprojektmanagement-System ein, das an den Standorten Göttingen, Wadgassen und Esslingen eingesetzt wird. Dieser Artikel erläutert das Vorgehen und die Erfahrungen, die dabei gemacht wurden - nicht nur in wirtschaftlicher Hinsicht, sondern auch mit Blick auf die betroffenen Mitarbeiter.
Die Mahr GmbH
Die Mahr GmbH ist eine weltweit tätige, mittelständische Unternehmensgruppe aus der Investitionsgüterbranche, deren Name traditionell mit dem Begriff Fertigungsmesstechnik verbunden ist. Neben hochwertigen Messgeräten zum Prüfen der Werkstückgeometrie sind hochpräzise Zahnradpumpen (Spinnpumpen) und Kugelführungen wesentliche Bestandteile des Produktprogramms.
Hauptkunden sind die Automobilindustrie, der Maschinenbau und feinwerktechnische Betriebe, auch aus Optik und Elektronik. Dazu kommen bei den Zahnradpumpen die Hersteller von Synthesefasern und Elastomeren, deren Zulieferer sowie allgemein die kunststoffverarbeitende Industrie. Mahr beschäftigt zurzeit weltweit etwa 1.400 Mitarbeiter, davon 900 in Deutschland. In der Entwicklungsabteilung sind etwa 90 Personen tätig.
Info: www.mahr.de
Ausgangssituation
Die Entwicklungsabteilung von Mahr in Göttingen war früher in Produktgruppenteams aufgeteilt (Oberflächen-, Form- und Verzahnungs- sowie Längenmesstechnik). Jede dieser Gruppen besaß eigene Mechanik-, Elektronik- und Softwareentwickler. Produktgruppenübergreifend existierte zusätzlich eine Betriebsanleitungs- und Unterlagengruppe.
Bild 1: Frühere Struktur der Entwicklungsabteilung von Mahr Göttingen.
Es gab keine zentrale Stelle, die dafür zuständig gewesen wäre, neue Projekte zu genehmigen. Wenn in einem Produktgruppenteam Ressourcen frei wurden, überlegten Teamleiter und Entwicklungsleiter, welche Vorhaben sie als nächstes realisieren könnten. Der Teamleiter beantragte anschließend formlos bei der Geschäftsführung das neue Projekt. Stimmte die Geschäftsführung zu, begann die Produktentwicklung, mit minimalen Vorgaben. Lasten- und Pflichtenhefte gab es noch nicht im erforderlichen Umfang. Das gesamte Produktprogramm hing von den "Bauchentscheidungen" der Teamleiter, des Entwicklungsleiters und der Geschäftsführung ab.
Meist entschieden die Verantwortlichen nur über einzelne Projektideen. In den seltensten Fällen wogen sie mehrere Vorschläge gegeneinander ab. Projektcontrolling wurde nur in Ansätzen betrieben, weder Kosten noch Inhalte waren richtig geplant. Einzig der Endtermin stand häufig bereits fest. In der Regel handelte es sich um Messetermine.
In dieser Situation besaß die Geschäftsführung nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten, das Produktpro-gramm nach wirtschaftlichen und strategischen Gesichtspunkten zu steuern. Betriebswirtschaftliche Daten wurden für die Projekte kaum erfasst, niemand hatte einen Gesamtüberblick über die laufenden Vorhaben.
Vor- und Nachteile der Linienorganisation
N. N.
27.11.2010