
Dr. Miriam Sasse
18.10.2017
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Gerät ein Projekt in Schieflage, gilt es schnell und systematisch geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Miriam Sasse zeigt mit den Schemata AMPEL und ABCDE aus dem Rettungsdienst, wie Sie in einer Projektkrise richtig handeln – statt in chaotischen Aktionismus zu verfallen.
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Gerät ein Projekt in Schieflage, gilt es schnell und systematisch geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Miriam Sasse zeigt mit den Schemata AMPEL und ABCDE aus dem Rettungsdienst, wie Sie in einer Projektkrise richtig handeln – statt in chaotischen Aktionismus zu verfallen.
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Auch wenn wir es uns anders wünschen, manchmal geraten unsere Projekte in kritische Situationen. Dann verfallen wir in Aktionismus und versuchen in kürzester Zeit die Situation zu erfassen und Entscheidungen zu treffen. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir als Führungskraft, Projektleiter, Teammitglied, Auditor, Berater oder PMO-Mitarbeiter das Projekt analysieren und behandeln wollen: Wir geraten in eine Dynamik, die schwer zu managen ist – chaotisch, hektisch, verdeckt, politisch und außergewöhnlich.
In diesem Beitrag erläutere ich, wie im Rettungsdienst und TraumaManagement® mit kritischen Situationen umgegangen wird. Die hier häufig angewandten Algorithmen bieten große Vorteile, um auch in kritischen Projektsituationen handlungs- und entscheidungsfähig zu bleiben. Die zwei sehr populären Algorithmen, AMPEL und ABCDE, können Sie im Projektmanagement anwenden, um sie als Handlungsmuster für eine kritische Projektsituation einzusetzen.
In Stressphasen greifen wir automatisch auf bewährte Handlungsmuster zurück ohne dabei alternative Wahlmöglichkeiten zu berücksichtigen. Diese emotionalen Not-Handlungen sind zwar schnell umsetzbar, aber weder sachlich abgewogen noch bewusst entschieden. In einer kritischen Situation führen wir aus Zeitmangel keine durchdachte Anamnese (professionelle Erfragung von potentiell relevanten Informationen durch Fachpersonal) durch. Wir entscheiden stattdessen oft ganz pragmatisch ohne weitere Informationen einzuholen oder verfallen blindem Aktionismus.
In der ersten Phase einer kritischen Situation wollen wir flüchten oder kämpfen. Unsere angeborene erhöhte Ausschüttung von Stresshormonen versetzt uns in extreme Dynamik – sichtbar z.B. in schnellen Beruhigungs- oder Motivationsparolen der Führungskräfte, die sich oft unerreichbar machen oder den Mitarbeitern mit abwehrenden Kommentaren begegnen. Mit zunehmender Intransparenz wächst der Flurfunk, manchmal mit fast paranoiden Aussagen durch immer größer werdendes Misstrauen. Mit Glück geraten nicht alle Mitarbeiter in impulsives, archaisches Ur-Verhalten (schreien herum, verweigern das Gespräch etc.), sondern bedienen sich vorhandenem Schubladen-Denken oder erlernten Handlungsmustern (bilden Task Forces, rufen den Berater zu Hilfe etc.).
Zu oft lassen wir uns jedoch von der Ablaufgeschwindigkeit der Ereignisse beeindrucken und werden dadurch anfällig für "Management by Babysitter" (wer am lautesten schreit, wird als erstes bedient). Bewusst ausgewählte Handlungen und Entscheidungen können wir erst voranbringen, nachdem wir genügend Informationen gesammelt haben. Denn erst wenn die anfängliche Dynamik von alleine abflacht, können wir die Situation kontrolliert und bewusst beeinflussen. Nun verfügen alle Teammitglieder über mehr Informationen und die Lage ist überschaubarer. Auch wenn es immer noch chaotisch ist, können wir in der Situation agieren und Veränderungen beobachten (Bild 1).
Bild 1: Zu Beginn einer Krise herrscht hohe Dynamik bei geringer Information der Beteiligten, im Laufe der Zeit dreht sich dieses Verhältnis um.
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Es gibt eine Alternative zum intuitivem, archaischem Ur-Verhalten und Schubladen-Denken. Rettungsdienst und Luftfahrt nutzen sie bereits: erlernte Algorithmen – kurze, eindeutige, eingängige, trainierbare Handlungsvorschriften zur Lösung eines Problems, bestehend aus wohldefinierten Einzelschritten.
Mithilfe von Algorithmen wägen Rettungskräfte alle Vor- und Nachteile gründlich ab. Sie betrachten das Problem rational und aus unterschiedlichen Perspektiven, bevor sie eine Entscheidung treffen und eine Lösung verfolgen. Diese Art der Entscheidungsfindung bedarf einer ausgiebigen Übung, damit sie schnell verfügbar sind. Fürs Erste hilft eine kleine laminierte Merkkarte, langfristig sollten die Algorithmen intensiv erlernt und praktisch trainiert werden. Im Rettungsdienst werden die Algorithmen im Rahmen von Simulationstrainings und Rollenspielen regelmäßig trainiert und verinnerlicht, damit sie auch unter Stress abrufbar bleiben. Dies lässt sich auch im Projektmanagement hervorragend integrieren: Simulationstraining zur Ausbildung im Projektmanagement oder Rollenspiele für Projektteams in kritischen Situationen (mehr dazu in Teil 2).
Damit diese Algorithmen in kritischen Situationen stabilisieren können und sich als Handlungsmuster verinnerlichen lassen, müssen sie sehr eingängig und ohne Werkzeug verwendbar sein. Zwei Algorithmen aus der Erstanamnese und dem TraumaManagement® haben sich in den letzten Jahren im Rettungsdienst durchgesetzt:
In jedem professionellen medizinischen Erstgespräch (Anamnese) werden potentiell wichtige Informationen von und über den Patienten erfragt. Sie stellen die Rahmenbedingungen für die weitere Behandlung dar. Der Algorithmus AMPEL wurde im Rettungsdienst eingeführt, damit vor und während der Behandlung die Aufnahme der Patientendaten nicht vergessen wird. Es wäre fatal, wenn der Sanitäter dem Patienten z.B. für seine Schmerzen ein Medikament verabreicht, aber vorher nicht fragt, welche Medikamente der Patient bereits eingenommen hat bzw. auf welche Medikamente er allergisch reagiert.
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Daniel Seidl
18.10.2017