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Schlechte Nachrichten gibt es in der Projektpraxis leider häufiger als einem lieb ist. Oft entwickelt sich die Realität nicht wie geplant. Sobald auch Gegenmaßnahmen einen Schaden nicht mehr abwenden können, müssen alle Betroffenen möglichst schnell informiert werden, um entsprechend agieren zu können. Verheimlichen geht nicht. Aber wie lässt sich eine schlechte Nachricht am besten überbringen?
"Auf dem Weg von Asien zu uns sind Container verloren gegangen", berichtet der Arbeitspaketverantwortliche an seine Projektleitung. "In den Containern waren wichtige Zulieferteile für den Aufbau unserer Anlage. Der Termin wird sich deshalb um 30 Tage verschieben. Ich habe Ihnen schon damals gesagt, dass der Transport auf dem Seeweg zu lange dauert und zu riskant ist."
Diese Nachricht hat mehrere Ebenen. Einerseits steckt in ihr die reine Information: "Container fehlen - starker Terminverzug" (Sachinformation). Andererseits sagt die Nachricht etwas über das Verhältnis der beiden Gesprächspartner aus (Beziehungsinformation). In der Formulierung schwingt der Vorwurf mit: "Sie haben meine Warnung ignoriert."
Im obigen Beispiel wird zuerst die Sachinformation und dann die Beziehungsinformation kommuniziert. Diese Reihenfolge zeigt, dass die Meinungsverschiedenheiten noch "kultiviert" ausgetragen werden. Käme die Beziehungsinformation vor der Sachinformation, würde der Arbeitspaketverantwortliche dem Projektleiter explizit den Fehdehandschuh zuwerfen. Dieser Aspekt der Nachrichtenübermittlung lässt sich als Ablaufinformation bezeichnen.
Insbesondere beim Überbringen schlechter Nachrichten ist es wichtig, dass die Beziehungs- und Ablaufinformation der Sachinformation angemessen sind. Wer zum Beispiel die Nachricht mit einem globalen Rundumschlag einleitet ("Die Abteilung XY hat unser Projekt an die Wand gefahren"), verschafft vielleicht seinem lang angestauten Ärger Luft, erschwert aber die Problemlösung. Auf diese Weise wird unüberlegt ein Beziehungskonflikt zwischen den Projektmitgliedern entzündet bzw. angeheizt, der sich zum Flächenbrand ausweiten kann.
Kombinieren Sie das Überbringen schlechter Nachrichten niemals mit Schuldzuweisungen. Eine Ursachenanalyse und das Ziehen entsprechender Konsequenzen ist erst sinnvoll, sobald sämtliche Fakten auf dem Tisch liegen und alle Betroffenen informiert und gehört wurden.
Auch das Medium zur Nachrichtenübermittlung beeinflusst die Kommunikationssituation erheblich:
Um angemessen reagieren zu können, muss der Überbringer der schlechten Nachricht die Reaktion des Empfängers sehen und erleben. Viele Überbringer empfinden die Situation als belastend und versuchen, die Konfrontation mit dem Empfänger zu vermeiden, indem sie auf Distanz bleiben und die Nachricht per E-Mail, Brief oder Mailbox kommunizieren. Auf diese Weise wird die Situation in der Regel verschlimmert. Es ist wahrscheinlich, dass der Empfänger abwehrend reagiert, z.B. mit einer Schuldzuweisung. Ein solcher Beziehungskonflikt erschwert die ohnehin schon schwierige Situation.
Überbringen Sie eine schlechte Nachricht nach Möglichkeit persönlich. Sie zeigen dem Empfänger damit ihre eigene Betroffenheit und geben ihm (und sich selbst) die Möglichkeit, die aufkommenden Emotionen aufzuarbeiten, Konflikte einzudämmen und schnell die Problembewältigung zu beginnen. Falls die Kommunikation nur über E-Mail oder Mailbox möglich ist (z.B. aus Zeitgründen), übermitteln Sie lediglich die reine Sachinformation verbunden mit dem Wunsch nach einem direkten Kontakt (telefonisch oder persönlich).
Beim Überbringen schlechter Nachrichten spielt die Kommunikation eine tragende Rolle - wie die Orchesterbegleitung bei einem Solokonzert. Allgemeine Kommunikationsregeln dienen dazu, die schlechte Nachricht aufnehmbar und verdaubarer zu gestalten: