Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht Die 4 Os zur Risikoidentifikation in Großprojekten
Welch fatale Auswirkungen ein einzelnes übersehenes Risiko auf ein Großprojekt haben kann, zeigt der Brandschutz beim Berliner Flughafen. Dr. Philipp Gausling stellt seinen selbstentwickelten Risikokatalog vor, mit dem Sie die Risiken Ihres Projekts systematisch und vollständig erfassen können.
Management Summary
Als Mitglied erhalten Sie die wichtigsten Thesen des Beitrags zusammengefasst im Management Summary!
Wenn man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht Die 4 Os zur Risikoidentifikation in Großprojekten
Welch fatale Auswirkungen ein einzelnes übersehenes Risiko auf ein Großprojekt haben kann, zeigt der Brandschutz beim Berliner Flughafen. Dr. Philipp Gausling stellt seinen selbstentwickelten Risikokatalog vor, mit dem Sie die Risiken Ihres Projekts systematisch und vollständig erfassen können.
Management Summary
Als Mitglied erhalten Sie die wichtigsten Thesen des Beitrags zusammengefasst im Management Summary!
Dem Risikomanager fällt es schwer, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen
In 9 von 10 Großprojekten kommt es zu Planungsabweichungen im Hinblick auf die Projektkosten und -dauer aufgrund falsch eingeschätzter oder übersehener Risiken (vgl. Flyvbjerg, 2014). Denn aufgrund ihrer Komplexität sind Großprojekte mit einer Vielzahl von Risiken behaftet. Dabei gleicht kein Projekt dem anderen: Da Großprojekte äußerst unterschiedlich gestaltet sein können, treten zum Teil sehr projektspezifische Risiken auf. Aufgrund dieser Tatsache und der hohen Anzahl möglicher Risiken passiert es oft, dass Risikomanager einzelne Risiken übersehen. Dies kann schwerwiegende Folgen haben, wie z.B. beim Berliner Flughafen (BER).
Beim BER wurde lange Zeit ein technisches Risiko übersehen, sodass der Flughafen die erforderlichen Brandschutzbestimmungen nicht erfüllen konnte. Ursprünglich sollten im Falle eines Brands mobile Rauchschürzen zwischen Terminal und Tiefbahnhof die Ausbreitung von Qualm verhindern. Da dies nicht funktionierte, werden stattdessen Glaswände errichtet, die eine neue Baugenehmigung voraussetzen. Neben langen Verzögerungen in der Fertigstellung und den teuren Umbauten müssen zudem teure Computersimulationen bezüglich der Entrauchung wiederholt werden (vgl. hier und in diesem Abschnitt Metzner, 2017a). Aufgrund einer Verkettung derartiger Vorfälle hat sich die geplante Eröffnung des Flughafens mittlerweile von 2011 auf 2020 verschoben (vgl. Metzner, 2017b).
Dieses Beispiel zeigt, wie wichtig es ist, alle Risiken für ein Großprojekt zu erfassen. Fehler wie beim Berliner Flughafen gilt es bei der Planung zu vermeiden, damit zum einen der Einfluss der Risiken auf das Projekt besser eingeschätzt werden kann und zum anderen gezielte Maßnahmen gegen diese Risiken ergriffen werden können.
Im vorliegenden Beitrag stelle ich mit den 4 Os zur Risikoidentifikation von Großprojekten ein Konzept vor, mit dem Sie systematisch eine vollständige Übersicht über mögliche Risiken in Großprojekten erlangen. Dieser hat sich bereits bei Risikoanalysen von Großprojekten wie dem DESERTEC-Projekt und der Nord-Stream Pipeline (in leicht abgewandelter Form) bewährt (vgl. Gausling (2016), DIN SPEC 91331:2015-11). In diesem Zusammenhang definiere ich auch mögliche Risikoarten, veranschauliche diese anhand von konkreten Projektbeispielen und arbeite die Einsatzmöglichkeiten des Risikokatalogs im Prozess der Risikoidentifikation heraus.
Dieser Beitrag richtet sich an alle Initiatoren und Planer von Großprojekten wie staatliche Institutionen, Unternehmen, Projektleiter oder Projektgesellschaften, sowie an alle Risikomanager und weitere am Risikomanagement von Großprojekten Interessierte. Ich möchte Sie für die Vielfalt unterschiedlicher Risiken in Großprojekten sensibilisieren und einen selbst entwickelten Risikokatalog präsentieren, der eine systematische und ganzheitliche Erfassung von Risiken in Großprojekten ermöglicht.
Was sind eigentlich Risiken und wie werden sie kategorisiert?
In der Fachliteratur wird Risiko als die "negative Abweichung vom Erwartungswert einer Zielgröße […], die aus einer Fehlentscheidung aufgrund unvollkommener Informationen im Entscheidungszeitpunkt resultiert" (Gausling, 2016) aufgefasst. Risiko sollte jedoch als eine mehrdimensionale Größe verstanden werden: Gerade in einem Großprojekt kann eine Vielzahl unterschiedlicher Risiken eintreten, die sich zudem gegenseitig bedingen (siehe dazu den Fachbeitrag "Abbildung von Risiken in Großprojekten oder was Risiken und Cocktails gemeinsam haben"). Damit Sie einen systematischen Überblick über die Gesamtheit der relevanten Risiken bekommen, sollten Sie diese kategorisieren.
Die Kategorisierung stellt den ersten Schritt bei der Risikoidentifikation dar, die als Frühwarnsystem zum Erkennen von Projektrisiken etablierter Bestandteil eines projektweiten Risikomanagementsystems ist (siehe dazu den Methodensteckbrief "Risikokatalog"). Da die Kategorisierung wesentlicher Bestandteil der Risikoidentifikation ist und sich somit unmittelbar und wesentlich auf den weiteren Prozess des Risikomanagements auswirkt, kommt der Kategorisierung im Folgenden besondere Bedeutung zu.
Zur Kategorisierung haben sich in der Praxis folgende drei Kriterien etabliert:
- die Ursache des Risikos
- die Projektphase, in der das Risiko auftritt
- der Risikoverantwortliche, der die Verantwortung für das Risiko trägt
Kategorisieren nach Risikoursache
Um eine überschneidungsfreie Kategorisierung zu erreichen, empfehle ich Ihnen, Risiken zunächst nach ihrer Ursache zu kategorisieren. Denn weder eine Kategorisierung nach Projektphasen noch eine Zuordnung zu bestimmten Risikoverantwortlichen führen zu überschneidungsfreien Kategorien.
Sofort weiterlesen und testen
Erster Monat kostenlos,
dann 24,95 € pro Monat
-
Know-how von über 1.000 Profis
-
Methoden für alle Aufgaben
-
Websessions mit Top-Expert:innen