Projektfeindliche Unternehmenskultur - was tun?
Projektfeindliche Unternehmenskultur - was tun?
Bei unserer Tätigkeit als Managementberater stoßen wir immer wieder auf Projekte, die in allen Dimensionen (Funktionalität, Kosten, Termine) aus dem Ruder laufen, obwohl es auf den ersten Blick keine der sonst üblichen Störquellen gibt. Das heißt konkret:
- dem Projektleiter unterlaufen keine gravierenden Fehler in der Projektstrukturierung und -planung,
- es brechen keine unvorhergesehenen externen Einflüsse über das Projekt herein,
- der Auftrageber sorgt für hinreichende Klarheit und Kontinuität,
- es kann sogar sein, dass ein ausführliches Projektmanagement-Handbuch mit klar beschriebenen Aufgaben und standardisierten Abläufen vorliegt.
Bei der Analyse dieser Projekte haben wir folgende Störquelle identifiziert: Aufgrund ihrer beruflichen Sozialisation und der Unternehmenskultur, in der sie bisher gearbeitet haben, sind die Teammitglieder nicht in der Lage, sich so in ein Projekt einzubringen, wie es für den Erfolg notwendig wäre. In der Folge werden die einzelnen Arbeitspakete zu langsam, mit zu vielen Schleifen und Qualitätsmängeln abgearbeitet.
Im ersten Teil dieses Artikels erläutere ich Merkmale, an denen sich erkennen lässt, ob und in welcher Ausprägung dieses Problem vorliegt. Im zweiten Teil werde ich konkrete Schritte vorschlagen, mit denen die Projektkultur des Unternehmens in die gewünschte Richtung entwickelt werden kann. Die Überlegungen gelten nicht nur für Unternehmen, die weit gehend projektorientiert arbeiten bzw. arbeiten wollen, sondern auch für solche, in denen eine funktionierende Koexistenz von Linien- und Projektorganisation angestrebt wird.
Machtlose Projektleiter
Eine Bemerkung vorab: Motivation und Führung der Teammitglieder ist Aufgabe des Projektleiters. Allerdings ist es für diesen oft schwer, das beschriebene Problem frühzeitig zu erkennen - vor allem, wenn er als externer Projektprofi eingestiegen ist und keine Erfahrungen mit dem Unternehmen hat. Doch auch wenn ein Projektleiter das Problem sieht, kann er es nur bedingt im Rahmen des Projekts und auch dann nicht kurzfristig lösen.
Die Fallbeispiele
Die beschriebenen Überlegungen basieren auf Erfahrungen, die wir als Berater bei sehr unterschiedlichen Unternehmen gemacht haben. Die Fallbeispiele werden hier nur im Überblick vorgestellt. Bei der weiteren Entwicklung des Gedankens werden Detailbeobachtungen ergänzt.
Metall verarbeitendes Unternehmen
Das erste Beispiel handelt von einem mittelständischen Metall verarbeitenden Unternehmen mit ca. 500 Mitarbeitern am Standort, das spezielle Rohrverbindungen für den Sanitärbereich herstellt. Das Unternehmen hat eine traditionelle Struktur und ist deutlich fertigungslastig geprägt. In der Zukunft soll viel stärker projektorientiert gearbeitet werden.
Auslöser für die Zusammenarbeit mit uns waren Probleme in einem Entwicklungsprojekt, das die gesamte Produktpalette "zukunftsfähig" machen sollte. Der Projektleiter sollte gecoacht und das Projektteam begleitet werden. Nachdem die Dimension der Schwierigkeiten deutlich geworden war, wurden die Maßnahmen durch eine Beratung und Workshops für das obere Management ergänzt. Am Ende wurde ein Konzept zur Entwicklung der Projektkultur im Unternehmen erstellt.
Biotechnologieunternehmen
Im zweiten Fall berieten wir ein Biotechnologieunternehmen im Bereich Gentransfer. Fast alle der ca. 100 Mitarbeiter haben ein einschlägiges Hochschulstudium; das Durchschnittsalter liegt bei etwa 30 Jahren. Alle Kundenanfragen werden in Form von Projekten abgearbeitet. Dabei laufen nicht alle Projekte so optimal, wie es notwendig wäre.
Unser Auftrag war es zunächst, ein Training und Coaching für Projektleiter durchzuführen. Dabei wurden Probleme sichtbar, welche die Projektleiter nur schwer selbst lösen konnten. Zu ihrer Unterstützung haben wir ein Konzept entwickelt und in Trainings umgesetzt, das den Teammitgliedern vermitteln sollte, was das Unternehmen im Rahmen der Projektarbeit von ihnen erwartet.
Öffentliche Verwaltung
Im dritten Fall geht es um eine bundesweite öffentliche Verwaltung. Diese verfügt über viele regionale Dienststellen, in denen immer wieder Projekte aufgesetzt werden, um geschäftspolitische Vorgaben vor Ort umzusetzen. Obwohl man deutliche Fortschritte in der Kundenorientierung erreicht hat, ist das Handeln vieler Mitarbeiter noch vom klassischen Verwaltungsdenken geprägt. Der Output vieler Projekte ist deshalb gering. Einige Projekte (vor allem Veränderungsprojekte) sind gescheitert. Das war für die Verantwortlichen vor allem deshalb ernüchternd, weil mit großem Aufwand standardisierte Verfahren für das Projektmanagement entwickelt und trainiert wurden. Unser Auftrag bestand darin, eine Problemanalyse durchzuführen, ein Konzept für die Förderung der Projektkultur zu entwickeln und in Pilotmaßnahmen zu erproben.
Passenden Unternemenskultur
27.07.2011
Martin H
08.04.2008