Projektfeindliche Unternehmenskultur – was tun?
Projektfeindliche Unternehmenskultur – was tun?
Es gibt Projekte, die aus dem Ruder laufen, weil die Unternehmenskultur nicht für die Projektarbeit geeignet ist. Die Auswirkungen auf die Mitarbeiter und die Projekte habe ich im ersten Teil dieses Beitrags erläutert. Im Folgenden stelle ich dar, wie sich eine Veränderung der Unternehmenskultur erreichen lässt, um zukünftig eine verbesserte Projektarbeit zu ermöglichen.
Die notwendigen Veränderungen greifen tief in das Bestehende ein und sind nur dann erfolgreich, wenn sie mit ausreichender Energie und langem Atem vorangetrieben werden. Es hat sich als sinnvoll erwiesen, ein entsprechendes Projekt aufzusetzen, das diesen Umdenkprozess verantwortlich steuert. Damit sind Projektleiter bzw. das Projektteam die wichtigsten Promotoren, um die im Folgenden vorgeschlagenen Veränderungsschritte umzusetzen. Erfolgreich wird das Vorhaben allerdings nur sein, wenn Geschäftsleitung und oberes Management es aktiv unterstützen und für entsprechende Kommunikationsaufgaben zur Verfügung stehen.
Lösungsansätze auf Ebene der Mitarbeiter
Klare Botschaft: Die alten Werte sind nicht mehr sinnvoll
Unabhängig davon, welche Störungen die Unternehmenskultur hervorruft, müssen Projektteam und Management den Mitarbeitern als erstes deutlich machen, dass die alten Muster bzw. daraus resultierende Verhaltensweisen für die Projektarbeit nicht brauchbar sind. Projektarbeit kann nur funktionieren, wenn neue Werte entwickelt werden.
Neue handlungsleitende Werte können nicht von außen eingepflanzt werden, die Mitarbeitern müssen sie freiwillig erarbeiten und annehmen. Dieser Selbst-Erarbeitungsprozess kann aber von außen initiiert und unterstützt werden. Aber Vorsicht: Die Mitarbeiter werden diesen Prozess sofort beenden, wenn sie sich manipuliert fühlen. So ist es z.B. wichtig, die alten Werte nicht schlecht zu machen. In der Vergangenheit waren sie sinn- und wertvoll - das sollten die Promotoren des Veränderungsprozesses deutlich kommunizieren. Wenn etwas gut war, fällt es leichter, davon Abschied zu nehmen.
Das Loslassen unterstützen
Als nächstes müssen die Promotoren den Mitarbeitern vermitteln, dass es nicht darum geht, bekannte Arbeitsweisen (marginal) zu verbessern (Verbesserungslernen). Stattdessen müssen sich die Mitarbeiter neue, für die Projektarbeit geeignete Verhaltens- und Arbeitsweisen aneignen (Veränderungslernen). Voraussetzung dafür ist, dass sie aktiv die Entscheidung treffen, das Alte und Bekannte loszulassen. Das fällt nicht leicht, weil so Instabilität erzeugt wird, bevor wieder neue Stabilität gewonnen werden kann.
Die Bereitschaft zum Loslassen kann unterstützt werden, indem
- unmissverständlich deutlich gemacht wird, dass ein "Weiter wie bisher" in Zukunft ohne negative Konsequenzen für den Einzelnen nicht möglich ist. Der Projektleiter und seine Projektmitarbeiter müssen klar stellen, dass Arbeitsplätze nach "altem Muster" keine Zukunft haben und über kurz oder lang verschwinden werden.
- im Gegenzug die Attraktivität der neuen Handlungsmuster herausgestellt wird. Das sollte auf zwei Ebenen geschehen.
In Umkehrung zum vorherigen Punkt muss das Projektteam deutlich machen, dass die neu anzueignenden Arbeitsmuster Bedingung für jedes berufliche Fortkommen sind. Darüber hinaus müssen sie plastisch aufzeigen, dass die neuen Arbeitsformen den Betroffenen viel mehr Möglichkeiten bieten, um Arbeitsinhalte und Arbeitsweisen mitzugestalten und damit eine ganz neue Form der Befriedigung vermitteln können. - das Selbstbewusstsein der Mitarbeiter gefördert wird, indem der Glaube an die Entwicklungskompetenz des Einzelnen überzeugend vermittelt wird.
Am besten gelingt das, wenn die Promotoren konkrete Situationen aus der Praxis der jeweiligen Mitarbeiter heranziehen und im Gespräch deutlich machen, dass hier das neue Potenzial vorhanden ist, nur mutig ergriffen und weiter entwickelt werden muss. In einem der Fallbeispiele konnten wir z.B. daran anknüpfen, dass die Einkäufer in kleinen Teilbereichen schon sehr viel mehr Risiko-Verantwortung übernommen hatten, als ihnen selbst bewusst war. Solche Ansatzpunkte findet man nur, wenn man mit den unmittelbaren Führungskräften der betroffenen Mitarbeiter eng kooperiert.
Neue Werte: Was soll konkret geändert werden?
Neue Werte können nur angenommen werden, wenn klar ist, an welcher Stelle im Orientierungsgefüge sie alte ersetzen. Anderenfalls entstehen Widersprüche, die den gesamten Lernprozess gefährden. In den vorgestellten drei Fallbeispielen mussten sich die Mitarbeiter von bestimmten Wünschen und Ängsten lösen und das eigene Verhalten ändern (Tabelle 1).
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U. Keller
21.04.2008