ERP-Auswahl mit System: In drei Schritten zum Ziel
ERP-Auswahl mit System: In drei Schritten zum Ziel
Die Qual der Wahl - auf die Auswahl eines Enterprise Resource Planning Systems (ERP-Systems), passt diese Formulierung ausgezeichnet. ERP-Systeme ermöglichen es, die gesamte Auftragsabwicklung eines Unternehmens mit allen dazugehörigen Bereichen einschließlich Controlling, Kostenrechnung sowie Finanz- und Lohnbuchhaltung IT-gestützt durchzuführen. Entsprechend vielfältig ist das Spektrum der angebotenen Lösungen, die unterschiedliche Funktionstiefe und verschiedene Alleinstellungsmerkmale aufweisen. Um bei dieser Vielfalt die Software auszuwählen, die den Anforderungen des Unternehmens am besten entspricht, ist Sorgfalt und systematisches Vorgehen erforderlich. Der folgende Text beschreibt, wie ein Auswahlprojekt gestaltet werden kann, das einerseits zügig eine Entscheidung für eine passende Lösung herbeigeführt und andererseits schon frühzeitig wichtige Weichen für die spätere Einführung der Programme stellt.
Die Ausgangssituation im Unternehmen
Ob Geschäftsprozessoptimierung, Re-Engineering oder eine neue strategische Ausrichtung: Viele Unternehmen stellen im Rahmen eines anderen Projekts fest, dass die eingesetzte IT-Lösung den Anforderungen nicht mehr gerecht wird, z.B. wenn Geschäftsprozesse neu konzipiert werden, die sich nicht ohne weiteres in der vorhandenen Lösung abbilden lassen oder wenn neue Aufgaben dazukommen, für die es dort keine passende Funktion gibt. Dann ist es an der Zeit, die vorhandene Software durch eine Neue zu ersetzen.
Wurde bisher noch manuell gearbeitet, so wird der Softwareeinsatz dann notwendig, wenn mit den bisherigen Hilfsmitteln (Tabellenkalkulationsprogramm, Papierformulare etc.) Vorgänge nicht mehr effektiv genug abgearbeitet werden können. Optimierungspotenziale stecken hier schon häufig in der Straffung der Vorgänge durch den Wegfall von Mehrfachtätigkeiten oder langwierigen Suchvorgängen
Vor der Auswahl eines neuen Programmpakets sollte man bedenken, dass kein ERP-System von sich aus verborgene Potenziale eröffnet. Die Software bietet vielmehr die notwendige datentechnische Unterstützung, um einen zielgerichteten und effizienten Datenfluss sicherzustellen und so z.B. Mehrfachtätigkeiten auszuschließen. Deshalb ist es wichtig zu klären, auf welche Potenziale es im Wesentlichen ankommt (z. B. die Durchlaufzeit für Produkte zu verkürzen, oder die Angebotserfolgsquote zu erhöhen). Erst wenn die strategischen Ziele klar gesteckt sind und die Ansprüche an eine IT-Unterstützung feststehen, sollte man das Auswahlprojekt starten.
Eines haben alle ERP-Projekte gemein: Ihre Einführung verändert wesentliche Arbeitsabläufe im Unternehmen und beeinflusst damit die Arbeitsumgebung der meisten Mitarbeiter. Oft sind mit einem derartigen Projekt Rationalisierungsmaßnahmen verbunden, über die selten offen gesprochen wird, und die zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führen können. Dies sind gravierende Änderungen der bestehenden Situation, die bei vielen Mitarbeitern zu Ängsten führen und von einem unbewussten Widerstand gegen das neue System bis hin zu dessen offener Ablehnung führen können. Wird dies ignoriert, kann das Einführungsprojekt massiv belastet werden und sogar zum Scheitern führen - auch wenn die neue Software gut für das Unternehmen gepasst hätte.
Ein Blick auf den "klassischen" Ansatz
Beim "klassischen" Ansatz wird zuerst eine Bestandsaufnahme aller IT-gestützten Tätigkeiten im Unternehmen durchgeführt(Ist-Analyse) und die Schwachstellen der bisher eingesetzten Software herausgearbeitet (Schwachstellenidentifikation), beispielweise die Notwendigkeit einer doppelten, "redundanten" Datenerfassung. Daraus wird ein Sollkonzept entwickelt, das beschreibt, wie die Abläufe mit einem zukünftigen System aussehen sollen (Geschäftsprozessmodellierung) und was die neue Software können muss, damit sie den jetzigen Anforderungen im Unternehmen entspricht. Die Informationen werden schließlich in einem Lastenheft so aufbereitet, dass ein Systemhaus daraus ein Angebot erstellen kann.
Diese Vorgehensweise ist jedoch ohne Unterstützung eines erfahrenen Beraters kaum zu bewältigen, da meist im eigenen Hause weder die notwendige Erfahrung noch die erforderlichen Fähigkeiten zur analytischen Aufbereitung der Abläufe und der Gestaltung von Geschäftsprozessen vorhanden sind. Zudem ist eine externe Perspektive auf interne Sachverhalte objektiver als der eigene "Firmenhorizont". Viele Firmen schrecken allerdings vor den zu erwartenden Beratungskosten und dem hohen Zeitbedarf von sechs bis zwölf Monaten für eine gründliche Vorbereitung des Auswahlprozesses zurück.
Im folgenden Teil wird ein alternatives, dreistufiges Auswahlverfahren mit relativ straffem Zeitplan vorgestellt. Es konzentriert sich auf die Auswahl einer Standardsoftware mit definiertem Funktionsumfang und reduziert die Ist-Analyse auf eine Darstellung der zum Ausgangszeitpunkt vorhandenen Programmfunktionalität. Statt eines Lastenhefts wird ein Funktionenprofil erstellt; die Auswahl erfolgt anhand der Standardfunktionalität der Software. Das Konzept eignet sich vor allem, um ein bestehendes System abzulösen.
Das Projektteam
Wegen der umfassende Veränderungen, die durch die ERP-Einführung auf das Unternehmen zukommen, gewinnt die Zusammensetzung des Projektteams besonders an Bedeutung. Alle für das Unternehmen wichtigen Funktionsbereiche sollten schon bei der Auswahl der Software in das Projekt mit einbezogen werden. Auf diese Weise können sie einerseits ihre Anforderungen an die Funktionalität der neuen Software einbringen und andererseits die notwendigen Kenntnisse und Erfahrungen für das nachfolgende Einführungsprojekt aufbauen.
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