
Peter Müller
16.03.2018
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Als Projektmanager brauchen Sie die Fähigkeit, Kunden und Projektbeteiligte dazu zu bringen, sich zu öffnen und mehr zu erzählen. Wenn Endanwender nicht alle ihre Bedenken gegen die neue Software äußern, Teammitglieder bei der Übergabe eines Arbeitspakets nicht alle ihre Fragen dazu stellen oder Auftraggeber ihre Wünsche an das Projektergebnis nicht vollständig darlegen, entgehen Ihnen wichtige Informationen. Dies kann Ihr Projekt erheblich in Schwierigkeiten bringen. Als Projektmanager haben Sie also ein großes Interesse daran, dass alle Teammitglieder und Stakeholder in Gesprächen möglichst offen mit Ihnen kommunizieren. Nur wie stellen Sie das an?
Normalerweise lässt man seinem Gesprächspartner 0,7 bis 1,5 Sekunden Zeit, um auf eine Frage zu antworten. Erhält man bis dahin keine Antwort, spricht man wieder, stellt die nächste Frage oder beantwortet die eigene Frage selbst. Aber gerade für komplexe Denkvorgänge sind 0,7 bis 1,5 Sekunden zu kurz. Die Zeit reicht einfach nicht, um neue Information zu durchdenken. In der Folge erhalten Sie kurze, oberflächliche und stereotype Antworten. Je langsamer Ihr Gesprächspartner denkt und je ungeduldiger Sie sind, umso mehr erzeugen Sie Verstocktheit, Verunsicherung, Verweigerung und vorauseilenden Gehorsam.
Sie erfahren von Ihrem Gesprächspartner meist mehr, wenn Sie ihm Denkzeit geben. Drei Sekunden sind eine neurologische Konstante, um neue Informationen zu verarbeiten und mit bereits bestehenden Informationen in Verbindung zu bringen. Stellen Sie also eine Frage und warten Sie mindestens drei Sekunden, bevor Sie nachhaken, falls er nicht antwortet. (Zählen Sie z.B. innerlich 21 - 22 - 23.) Wenn er antwortet, dann hören Sie sich seine Antwort komplett an. Hört er mit dem Sprechen auf, gedulden Sie sich und geben Sie ihm erneut drei Sekunden Denkzeit. Meist ist Ihr Gesprächspartner mit seiner Antwort noch nicht ganz fertig und sagt erst jetzt das Relevante. Geben Sie dem anderen immer wieder Denkzeit, bis er auch nach drei Sekunden nichts mehr sagt. Dann sprechen Sie weiter oder stellen Ihre nächste Frage.
Wenn Sie Ihrem Gesprächspartner Denkzeit geben, hat das mehrere Vorteile:
Sie erhalten wesentlich vollständigere Informationen in einer viel besseren Qualität als üblich.
Die 3-Sekunden-Regel kann man nicht nur in Einzelgesprächen, sondern auch in Gruppendiskussionen anwenden. Man vereinbart vorab mit den Teilnehmern, dass jeder nach einem Wortbeitrag oder einer Frage drei Sekunden wartet, bevor er selbst etwas erwidert, kommentiert oder fragt. Eine ganz simple Regel mit großer Wirkung:
Da sich mehr Personen aktiv und besser beteiligen, erhalten Sie als Projektmanager ein umfassenderes Bild des Status Quo, es werden mehr Ideen ausgetauscht, die Kreativität bei der Lösungsfindung steigt und Probleme kommen schneller auf den Tisch.
Wenn Sie wissen wollen, wie viel Zeit Sie Ihrem Gesprächspartner lassen, dann nehmen Sie ein paar typische Gespräche auf. Messen Sie Ihre Denkzeit mit der Stoppuhr. Sie werden überrascht sein!
Dr. Michael Franz ist Co-Autor des Buches "High Probability Selling. Verkaufen mit hoher Wahrscheinlichkeit. So handeln und denken Spitzenverkäufer", Business Village 2008, ISBN 978-3-938358-55-9.
Die ersten drei Kapitel des Buches sind unter www.highprobability.de zum Gratis-Download erhältlich.
16.03.2018
Roman Buchwald
10.04.2013