Projektstruktur

Die Projektstruktur im allgemeinsten Sinne ist die Menge aller Elemente und ihrer wechselseitigen Beziehungen des Systems Projekt.

Projektstruktur

Die Projektstruktur im allgemeinsten Sinne ist die Menge aller Elemente und ihrer wechselseitigen Beziehungen des Systems Projekt.

Projektstruktur gemäß DIN 69901-5

Die DIN 69901-5:2009-1 "Projektmanagement - Projektmanagementsysteme - Teil 5: Begriffe" engt den Begriff der Projektstruktur erheblich ein, indem sie nur die "wesentlichen Beziehungen" zu ihr zählt. Weiterhin listet die DIN als Elemente des Projekts lediglich aktivitäts-orientierten Elemente auf. Andere Elemente eines Projekts, wie z.B. Produkte, Ressourcen, Kosten usw. zählt die DIN 69901-5 bei strikter Auslegung somit nicht zur Projektstruktur.

Projektstruktur gemäß ICB 3.0

Die ICB 3.0 widmet ein eigenes Kompetenzelement den Projektstrukturen. Sie spricht explizit von "Projektstrukturen" und führt beispielhaft neben der aktivitäts-orientierten Struktur auch Organisations-, Kosten-, Informations- und Dokumentationsstrukturen auf. Weiterhin dehnt sie den Strukturbegriff auf Portfolios und Programme aus. Die ICB 3.0 weist darauf hin, dass Projekte mehrdimensional strukturiert sind.

Projektstruktur gemäß PM3

Im PM3, dem Standardwerk der GPM, führen Wolff, Rosenthaler und Knöpfel den Ansatz der ICB 3.0 zur Projektstrukturierung umfassend aus. So definieren sie unterschiedliche Komplexitätsgrade für Projektstrukturen und arbeiten verschiedene Strukturierungsprinzipien aus. Sie benennen Objekte, Aktivitäten und Informationen als die Hauptdimensionen eines Projekts, nach denen es strukturiert werden kann.

Projektstruktur gemäß PMBOK(R) Guide

Der PMBOK Guide spricht nicht von "project structure", sondern direkt von "work breakdown structure" (WBS) oder von "resource breakdown structure". Hauptaugenmerk liegt dabei klar auf der work breakdown structure, die vom PMBOK Guide als "deliverable-oriented hierarchical decomposition oft he work to be executed by the project team" definiert wird. Der WBS ist damit eine aktivitäten-orientierte Projektstruktur, wobei jedem ihrer Elemente zugleich die zu erbringenden Werke zugeordnet werden.

Projektstruktur gemäß PRINCE2

Das britische Projektmanagementsystem PRINCE2 vertritt einen konträren Ansatz zum PMBOK Guide, indem es die Produktorientierung zum Prinzip erhebt. Dementsprechend strukturiert PRINCE2 das Projekt auch anhand des Produktstrukturplans, d.h. einer produktorientierten Projektstruktur. Aus dem Projektstrukturplan entsteht bei PRINCE2 zunächst das Produktflussdiagramm. Der Terminplan der Aktivitäten wird erst anhand des Produktflussdiagramms entwickelt.

Erläuterungen und Kommentar

Die nicht unerheblichen Unterschiede in der Behandlung von Projektstrukturen zwischen den drei großen Projektmanagementsystemen werden in der Fachliteratur kaum diskutiert und finden auch in der Praxis kaum Beachtung. Der wichtigste Grund dafür ist vermutlich, dass in der Praxis meist direkt mit der Terminplanung der Vorgänge begonnen wird und auf eine Projektstrukturierung verzichtet wird, obwohl ausnahmslos alle Richtlinien diese zum Pflichtbestandteil der Projektplanung erklären.

Von den oben dargestellten Herangehensweisen überzeugt die ICB 3.0 bzw. der PM3 am meisten. Sowohl PMBOK Guide als auch PRINCE2 vereinfachen das Thema Projektstruktur so stark, dass komplexe Projekte damit nicht mehr vollständig behandelt werden können. Der Ansatz des PMBOK Guides, die Produkte in eine aktivitäten-orientierte Struktur zu integrieren, führt bei komplexen Produkten schnell zu inneren Widersprüchen. Wenn Produkte zu ihrer Erstellung mehrere Arbeitspakete benötigen und umgekehrt Arbeitspakete sich mit mehreren Produkten befassen, kann keine konsistente hierarchische Struktur daraus aufgebaut werden. Gleiches gilt für den produktorientierten Ansatz von PRINCE2.

Die korrekte Lösung ist zweifelsohne die Definition mehrerer Strukturen, mindestens jedoch der Produktstruktur (gemäß PRINCE2) und der WBS (gemäß PMBOK Guide). Zur vollständigen Beherrschung des Projekts müssen dann noch die Wechselbeziehungen (Arbeitspakete und Produkte) hergestellt werden.

Für die Praxis wäre es bereits ein großer Gewinn, wenn zumindest die Produktstruktur erstellt wird, bevor der Projektablauf geplant wird. Der Terminplan selbst kann ja auch als aktivitäten-orientierte Projektstruktur angesehen werden, auch wenn der zeitliche Ablauf nur selten als orientierungsgebendes Strukturierungsmerkmal geeignet ist.

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