Geht nicht gibt’s nicht – TOC in der Praxis Mit dem Voraussetzungsbaum Unmögliches möglich machen

Mit dem Voraussetzungsbaum Unmögliches möglich machen

Eine zur Verschrottung vorgesehene Anlage wird mit Hilfe der Theory of Constraints zum Goldesel! Rudolf G. Burkhard und Hannah Nowak schildern anhand eines Beispiels aus dem Anlagenbau, wie ein Ingenieursteam mit Hilfe des Voraussetzungsbaums einen Produktionsengpass überwindet. So verhinderten sie nicht nur drohende Verluste, sondern konnten sogar Umsatz und Gewinn steigern. Ein Beispiel für alle, die Unmögliches sofort erledigen wollen.

Management Summary

Geht nicht gibt’s nicht – TOC in der Praxis Mit dem Voraussetzungsbaum Unmögliches möglich machen

Mit dem Voraussetzungsbaum Unmögliches möglich machen

Eine zur Verschrottung vorgesehene Anlage wird mit Hilfe der Theory of Constraints zum Goldesel! Rudolf G. Burkhard und Hannah Nowak schildern anhand eines Beispiels aus dem Anlagenbau, wie ein Ingenieursteam mit Hilfe des Voraussetzungsbaums einen Produktionsengpass überwindet. So verhinderten sie nicht nur drohende Verluste, sondern konnten sogar Umsatz und Gewinn steigern. Ein Beispiel für alle, die Unmögliches sofort erledigen wollen.

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In Projekten gibt es immer wieder die Situation, dass ein scheinbar unüberwindbares Hindernis auftritt. Dies kann nur einen Teilaspekt betreffen, wie z.B. der Ausfall des einzigen Zulieferers für eine wichtige Komponente, oder das gesamte Projekt, wenn die Machbarkeit des Projektziels in Frage gestellt wird. Mit dem Voraussetzungsbaum bietet die Theory of Constraints eine Methode, die genau dafür gedacht ist: Auf den ersten Blick als unmöglich Erscheinendes trotz aller Hindernisse Realität werden zu lassen.

Wir wenden dieses Werkzeug regelmäßig an: Wenn man darauf achtet, findet man unzählige Fälle von "Gute Idee, aber leider nicht machbar". Der Voraussetzungsbaum ist einfach zu verstehen und nutzt die natürliche Tendenz der Menschen, Hindernisse zu suchen, wenn man ihnen ein Ziel gibt. Wir möchten Ihnen diese Methode an einem besonders anschaulichen Beispiel schildern: Der Wiederinbetriebnahme einer bereits stillgelegten Produktionsanlage für Druckplatten. Dieses Projekt liegt zwar bereits Jahrzehnte zurück, aber gerade deshalb entfaltet es eine besondere Überzeugungskraft. Zum einen erlaubt uns die zeitliche Distanz eine neutrale Betrachtung, zum anderen stehen wir heute viel zu oft vor Aussagen wie: "Das geht technisch nicht." Die Erkenntnis, dass es "damals" geklappt hat, technische Unmöglichkeiten zu überwinden, weckt den Ehrgeiz, dass es "heute" mit der viel weiter fortgeschrittenen Technik doch erst recht klappen muss.

Die Schrottanlage als Retter in der Not?

Mitte der 1990er Jahre arbeitete ich (Rudolf G. Burkhard) in einem Chemiekonzern. Vor Kurzem war ein Unternehmen, das Druckplatten für Bücher und Zeitschriften produzierte, gekauft worden und musste eingegliedert werden. Ich war als Projektleiter für die Einführung des Konzern-ERP-Systems zuständig. Ich hatte einen guten Kontakt zum Werksleiter und er sprach mit mir auch darüber, dass die Nachfrage nach Druckplatten in den letzten Monaten so stark angestiegen war, dass die Fabrik an ihrer Kapazitätsgrenze war – sie konnte nicht ausreichend produzieren, um die Marktnachfrage zu decken.

Eine neue Produktionslinie zu bauen, würde zu lange dauern – bis zum Produktionsstart wären viele Kunden bereits an die Konkurrenz verloren. Das Unternehmen brauchte also eine "sofortige" Kapazitätssteigerung. Als junger und motivierter Ingenieur sah ich in einer alten Maschine, die abgeschrieben und zur Verschrottung vorgesehen war, die Chance, den Engpass zu überbrücken. (Rückblickend würde ich einen anderen Ansatz aus der Theory of Constraints zur optimalen Ausnutzung eines Engpasses anwenden – dazu aber weiter unten.)

Ich hatte zwar keine Erfahrung mit dieser Art von Maschinen, aber das Buch "Das Ziel" von Eliyahu Goldratt inspirierte mich zu der Idee, zu versuchen die alte Maschine wieder in Betrieb zu nehmen. Denn in dem Buch hatte der Werksleiter in einer sehr ähnlichen Situation eine alte Maschine vom Schrottplatz zurückgeholt, womit er lediglich für die Investition in den Transport eine beinahe sofortige Kapazitätssteigerung bewirken konnte.

Zudem hatte ich kurz zuvor einen Workshop des Goldratt Institutes besucht, in dem ich grundlegende Managementmethoden der Theory of Constraints kennenlernte. In diesem Workshop arbeiteten wir mit verschiedenen Arten von Konflikten (siehe Methodenbeschreibung Konfliktwolke), unausgegorenen Ideen (siehe Methodenbeschreibung Negativer / Positiver Zweig) und am letzten Tag mit (sehr) ambitionierten Zielen (siehe Methodenbeschreibung Voraussetzungsbaum). Der Inhalt des letzten Tages war exakt, was ich brauchte, um mein aktuelles Problem (mein ambitioniertes Ziel!) zu bearbeiten. Ich musste "nur noch" das für die Produktionsanlagen zuständige Production-Engineering-Team mit ins Boot holen.

Manche Hindernisse sind unüberwindbar …

Also sprach ich einen guten Bekannten aus der Engineering-Abteilung auf die alte Maschine an und fragte ihn nach seiner Meinung zu meiner Idee, diese zu reaktivieren. Er war offen und ehrlich: Er sah keine Chance. Die Maschine war zum einen nicht ordnungsgemäß "eingemottet" worden; z.B. waren ätzende Chemikalien nicht gründlich entfernt worden. Zum anderen war auch das Gebäude, in dem die Maschine stand, nicht mehr im besten Zustand – es hatte sogar Löcher im Dach, durch die es auf die Maschine regnete. Außerdem würde das Management nie Budget für ein so hoffnungsloses Projekt lockermachen. Er empfahl mir, damit nur dann an seinen Abteilungsleiter heranzutreten, wenn ich ausgelacht werden wollte.

… oder doch nicht?

Aber ich wollte mich noch nicht geschlagen geben: Ich glaubte fest an die technische Machbarkeit, wenn die Ingenieure es nur ernsthaft versuchen würden. Die einzige Person, die Engineering überzeugen konnte, war der Werksleiter. Und der Werksleiter lachte mich nicht aus. Das Problem mit dem Kapazitätsengpass war ihm sogar wichtig genug, um mir einen ganzen Tag mit den Top-Ingenieuren zur Lösungsfindung zuzusagen, nachdem ich ihm kurz die Funktionsweise des Voraussetzungsbaums erklärt hatte.

Die Finanzierung würde trotzdem immer noch ein Totschlagargument bleiben, das die Ingenieure nicht überwinden konnten. Solange dieses Hindernis existierte, würde es jede Motivation zur Lösung der technischen Probleme im Keim ersticken. Also musste ich sicherstellen, dass "Geld kein Problem darstellte". Ich erklärte dem Werksleiter, dass er für die Erstellung des Voraussetzungsbaums ein unverzichtbares Teammitglied sein würde, mit zwei essentiellen Rollen:

Alle Kommentare (6)

Wolfram
Müller

... ich nutze die Idee gerne auch im Rahmen von Changeprojekten. So zu beginn um die Leute abzuholen. Man kann ja einfach auch mal nur nach den Hindernissen fragen! Denn jedes Hinderniss ist (wenn man es logisch aufdröselt) ja eine kleine überschaubare Aufgabe im Veränderungsplan. Wenn dann noch alle das gleiche Ziel haben - ist der Buy-In perfekt!

 

Jürgen
Sturany

Danke für die anschauliche Präsentation einer hochwirksamen "alten" Methode und das Aufzeigen wie wichtig es ist in Zusammenhängen, Möglichkeiten und Lösungen zu denken anstatt zu resignieren weil es momentan "einfacher" scheint.

 

Sehr gerne! Ja, die Rückbesinnung auf das "Einfache" und "Alte" ist oft sehr nützlich - gerade heutzutage entsteht schnell ein Gefühl der Überforderung im Angesicht der hohen Komplexität mit der wir täglich zu tun haben. Da kann dieses Vorgehen wirklich helfen, um das Team aus der Resignation wieder ins Denken zu bringen.

 

Rudolf
Burkhard

Das schwierige ist, fast immer, die Gruppe zu überzeugen dass das anspruchsvolle, ehrgeizig Ziel möglich ist. In der Vorbereitung haten wir das Geld mit dem Werksleiter schoon gesichert damit dieses Hindernis nicht zum Haupthindernis wird. Das war mein JOb ... dem Werksleiter zu zeigen dass, falls es möglich ist (technisch) ist der Finanzielle Effekt so gross das es zum "no-brainer" wird.

 

Rudolf
Burkhard

Das schwierige ist, fast immer, die Gruppe zu überzeugen dass das anspruchsvolle, ehrgeizig Ziel möglich ist. In der Vorbereitung haten wir das Geld mit dem Werksleiter schoon gesichert damit dieses Hindernis nicht zum Haupthindernis wird. Das war mein JOb ... dem Werksleiter zu zeigen dass, falls es möglich ist (technisch) ist der Finanzielle Effekt so gross das es zum "no-brainer" wird.