
Frau Anforderungsmanager
26.11.2009
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Um die Anforderungen und Wünsche des Kunden lückenlos zu erfassen, ist ein umfassendes und richtig angewandtes Anforderungsmanagement (engl. Requirements Engineering) unentbehrlich. Doch das bloße Anwenden entsprechender Methoden reicht alleine nicht aus. Eine gute Kommunikation, das totale Verständnis des Sachverhalts und eine vermittelnde Position zwischen allen Beteiligten - auch das muss ein Anforderungsmanager mitbringen, um wirklich alle relevanten Informationen zu bekommen.
Im nachfolgenden Beispiel dachten die Projektverantwortlichen, dass ein "Anforderungsmanagement nach Lehrbuch" auch dem Projekt sicher zum Erfolg verhilft. Sie mussten jedoch feststellen, dass dies nicht ausreicht. In diesem Beitrag erfahren Sie, was genau passierte und welche Lehren die Beteiligten daraus gezogen haben.
Anmerkung:
Wenn im nachfolgenden Text von "Anwenderinnen" die Rede ist, sind damit weibliche wie männliche Personen gemeint. Entgegen verbreiteter Praxis verwenden wir hier die weibliche Form als Stellvertreter für die geschlechtergerechte, aber sperrige Formulierung "Anwenderinnen und Anwender". Entsprechendes gilt für die Begriffe "Projektleiterinnen" und "Mitarbeiterinnen". Auch diese stehen jeweils für die Vertreter beider Geschlechter.
Als Controlling-Leiterin des Bildungsdepartementseines Schweizer Kantons muss Helga M. eine Vielzahl von Daten zum Schulbetrieb erheben, z.B. Budget- und Finanzdaten, Schülerzahlen und Angaben zum Unterrichtsstoff. Diese Daten benötigen ihre Kollegen im Bildungsdepartement zur Steuerung der Schulen. Die bisherige Form der Datenerhebung war der Kantonsregierung allerdings nicht effizient genug: Da es in den Schulen keine einheitliche Software zur Verwaltung der Daten gab, sendeten die Schulleiter diese als Papierausdruck an das Bildungsdepartment, wo die Mitarbeiter sie erneut eintippen mussten. Um solche Medienbrüche in Zukunft zu vermeiden, startete die Kantonsregierung ein Projekt zur Einführung eines durchgängigen, IT-gestützten Verwaltungssystems.
Dieses Projekt leitete Helga M. gemeinsam mit einem externen Berater.
Der Projektleitung war eines schnell klar: Bei so vielen verschiedenen Gruppen, die Anforderungen an das System stellten - sowohl in der Verwaltung als auch in den einzelnen Schulen - , ist ein von Beginn an durchgängiges und komplettes Anforderungsmanagement für den Projekterfolg entscheidend. Die Rolle des Anforderungsmanagers wurde deshalb mit einer Person besetzt, die dafür ideal geeignet erschien: Martin K., Mitarbeiter der Direktionsinformatik, "kannte den Laden" und hatte zudem das Foundation Zertifikat des International Requirements Engineering Board (IREB) erfolgreich abgeschlossen.
Der frisch ernannte Anforderungsmanager Martin K. nahm sich einiges vor und setzte die erforderlichen Strukturen und Prozesse lehrbuchmäßig um:
Im Projektteam und bei den Key Usern fand für diese Strukturen und Prozesse eine entsprechende Schulung statt. Somit wussten alle direkt Beteiligten, wie das Anforderungsmanagement funktionieren sollte.
Bild 1: Zyklischer Prozess des Anforderungsmanagements.
In den Augen von Anforderungsmanager Martin K. lief alles "wie es sein sollte". Doch dies war ein Trugschluss, wie sich bald herausstellten sollte. Nachdem die Anforderungen erhoben und eingefroren worden waren, verschlechterte sich in den darauffolgenden Wochen und Monaten die anfangs gute und zuversichtliche Einstellung der Stakeholder gegenüber dem Projekt erheblich. Teilweise zeigte sich mehr oder weniger deutlicher Widerstand gegen das Projekt:
26.11.2009
Uwe Merkert
25.02.2009