Was bietet die Zertifizierung zum "PMI Agile Certified Practitioner" (PMI-ACP)?

Wer eine Zertifizierung im agilen Umfeld suchte, hatte bis vor kurzem nur reine SCRUM-Angebote zur Auswahl. Seit Anfang 2012 steht mit dem "Agile Certified Practitioner" des PMI ("PMI-ACP") erstmals jedoch auch eine allgemeine agile Zertifizierung zur Verfügung. Klaas Reineke erklärt, für wen sich diese eignet, worin der Unterschied zu anderen agilen Zertifizierungen besteht und welche Voraussetzungen für die Prüfung erforderlich sind.

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Was bietet die Zertifizierung zum "PMI Agile Certified Practitioner" (PMI-ACP)?

Wer eine Zertifizierung im agilen Umfeld suchte, hatte bis vor kurzem nur reine SCRUM-Angebote zur Auswahl. Seit Anfang 2012 steht mit dem "Agile Certified Practitioner" des PMI ("PMI-ACP") erstmals jedoch auch eine allgemeine agile Zertifizierung zur Verfügung. Klaas Reineke erklärt, für wen sich diese eignet, worin der Unterschied zu anderen agilen Zertifizierungen besteht und welche Voraussetzungen für die Prüfung erforderlich sind.

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Agile Methoden boomen, insbesondere in der Software- Entwicklung. Da viele Unternehmen dabei das Rahmenwerk Scrum einsetzen, ist es nicht verwunderlich, dass bisher Zertifizierungen im agilen Umfeld auf Scrum beschränkt waren. Seit Anfang 2012 gibt es mit der Zertifizierung des Project Management Institute (PMI) zum "PMI Agile Certified Practitioner" (PMI-ACP) jedoch eine erste allgemeine agile Zertifizierung auf dem Markt. Mit dieser Zertifizierung möchte das PMI die Lücke zwischen traditionellem und agilem Projektmanagement schließen.

Die ACP-Zertifizierung ergänzt die im PMBOK® Guide beschriebenen Techniken und richtet sich vor allem an (PMI‑)zertifizierte Projektleiter, die Ihren Werkzeugkoffer um agile Techniken erweitern wollen. Thematisch setzt die Zertifizierung keinen speziellen Schwerpunkt. Sie behandelt neben Vorgehensmodellen wie Scrum oder Extreme Programming (XP) auch das Thema Lean sowie konkrete agile Praktiken, die für eine erfolgreiche Projektdurchführung wichtig sind.

Dieser Beitrag erklärt, für wen sich die PMI-ACP-Zertifizierung eignet, welche Voraussetzungen dafür erforderlich sind, wie die Zertifizierung abläuft und worin der Unterschied zu anderen agilen Zertifizierungen besteht.

Unterschiede zu bestehenden agilen Zertifizierungen

Inhaltlich unterscheidet sich die PMI-ACP-Zertifizierung deutlich von den anderen existierenden agilen Zertifizierungen – z.B. von der Scrum Alliance oder von Scrum.org. Letztere richten ihren Fokus auf die korrekte Umsetzung und Anwendung von Scrum und grenzen sich damit von anderen agilen Vorgehensmodellen, wie z.B. Extreme Programming, Lean Software Development oder Kanban ab. Was ihnen jedoch fehlt, ist eine Hilfestellung, um Scrum in den Unternehmenskontext einzuführen. Denn eine direkte Umstellung auf Scrum ist in vielen Unternehmen aus strukturellen Gründen nicht möglich. Es bleibt daher nur die Möglichkeit, Agilität schrittweise einzuführen. Gerade für die schrittweise Einführung ist die PMI-ACP-Zertifizierung gut geeignet, da sie eine Vielzahl von Methoden für unterschiedliche Problemstellungen abdeckt, die bisherige Zertifizierungen nicht abdecken. Wer es versteht, sich aus dem bereitgestellten Werkzeugkoffer zu bedienen, kann Probleme lösen und durch den Einsatz der unterschiedlichen Methoden die Erfolgswahrscheinlichkeit von agilen oder traditionellen Projekten erhöhen (siehe oose Projektmanagementstudie).

Einige Beispiele:

  • Ist die Softwarequalität zu schlecht und die Fehlerrate zu groß? Der Einsatz von Techniken wie Pair Programming, Test Driven Development und Continious Integration adressiert diese Probleme und steigert die interne Qualität der Software.
  • Gibt es eine Diskrepanz zwischen dem, was der Kunde haben möchte und letztendlich bekommt? Der gezielte Einsatz von User Stories und einem Customer on-site schafft Abhilfe – auch ohne Product Owner.
  • Werden Termine nicht eingehalten und fehlt es an Transparenz über den Projektfortschritt? Der Einsatz einer iterativ-inkrementellen Methode gemeinsam mit agilen Schätzungen der Aufwände und agilem Controlling kann eine Lösung dafür sein.

Ist der Prozess bereits agil, kann das Team eventuell von Methoden aus dem traditionellen Projektmanagement profitieren, die von der PMI-ACP-Zertifizierung abgedeckt werden:

  • Für riskante Vorhaben kann ein offenes und explizites Risikomanagement besser funktionieren, als das den agilen Methoden inhärente Risikomanagement.
  • Für den Product Owner oder Projektverantwortlichen, der standardisierte Kennzahlen melden muss, kann der Einsatz eines AgileEVM (Earned Value Management) hilfreich sein.

Zulassungvoraussetzungen

Die ACP-Zertifizierung ist keine Einstiegszertifizierung, sondern richtet sich an erfahrene agile Praktiker. Voraussetzung für die Zulassung sind 2.000 Stunden Erfahrung in traditionellen oder agilen Projekten und 1.500 Stunden Erfahrung in rein agilen Projekten – also insgesamt 3.500 Stunden Projekterfahrung in leitender Position, z.B. als klassischer Projektleiter, als Product Owner oder als Scrum Master. Für jede Tätigkeit muss der Bewerber die Rolle, die Anzahl der Stunden, den Zeitraum und eine kurze Beschreibung angeben. Aus der Beschreibung wird abgeleitet, ob die Zeit angerechnet werden kann. Teilnehmer mit einer PMP-Zertifizierung (Project Management Professional) des PMI müssen nur 1.500 Stunden agile Erfahrung nachweisen, der Rest ist automatisch durch das PMP-Zertifikat belegt. Das macht die ACP-Zertifizierung besonders für Inhaber der PMP-Zertifizierung interessant.

Zusätzlich muss eine mindestens 21-stündige Schulung zu agilem Projektmanagement bei einem durch die PMI anerkannten Partner (Registered Educational Partner, REP) nachgewiesen werden, wobei die PMI nicht angibt, wie lange diese Schulung höchstens zurückliegen darf. Es ist nicht notwendig, eine speziell auf das ACP-Zertifikat zugeschnittene Schulung zu belegen; das PMI erkennt auch andere agile Schulungen ihrer REPs an.

Alle Kommentare (2)

Guest

Grundsätzlich ist diese Zertifizierung sicher sinnvoll für PMs, die im klassischen Umfeld unterwegs sind. Sie wird zumindest das Verständnis für ein agiles Vorgehen erweitern. Allerdings wird bei dieser Zertifizierung "agil" wohl mehr als Werkzeugkasten statt als Mindset betrachtet. Ich füge dem, was ich schon habe etwas hinzu und mixe dann je nach Projektgegebenheit ein bischen "klassisch" und ein bischen "agil" zusammen. Wem klar ist, daß er damit lediglich marginale Effizienzsteigerungen im Projekt erreichen wird, dem wird es helfen. Allerdings handelt es sich bei "agil" um einen disruptiven Ansatz (http://de.wikipedia.org/wiki/Disruptive_Technologie). Wer die überall angepriesenen Vorteile des agilen Vorgehens erreichen will, der wird nicht umhinkommen, sich auf die Sache zu 100% einzulassen. Auch wenn im Artikel die CSM und PSM Zertifizierungen als "Spielzeug" abgetan werden, konzentrieren sich diese zumindest auf das, was dazu aus Sicht von Scrum mindestens benötigt wird. Man kann sicher darüber diskutieren, ob Scrum, Kanban und / oder XP Practices Teil einer agilen Zertifizierung sein sollten. Entscheidend ist das allerdings nicht. Wir reden hier eigentlich darüber ob wir in Zukunft "ein bischen agil" oder "richtig agil" arbeiten wollen. Je nach Ausrichtung werden sich dann auch die zusätzlichen Probleme bzw. möglichen Effizienzsteigerungen einstellen ;-).

 

Guest

Ich finde der Artikel gibt einen guten Überblick über die ACP-Zertifizierung und hat mir die Fage, ob es eine für mich und mein Projektumfeld geeignete Ergänzungszertifizierung sein könnte, gut beantwortet. Vielen Dank für den Artikel!