Die IPMA Competence Baseline 3.0 Projektmanagement auf dem Weg zur Volljährigkeit?
Die IPMA Competence Baseline 3.0 Projektmanagement auf dem Weg zur Volljährigkeit?
Die Höhe an ineffizienter Projektleistung beurteilen Experten durchaus unterschiedlich. Einig sind sie sich aber alle, dass die Fähigkeiten, Projekte erfolgreich abzuwickeln, sowohl bei Unternehmen als auch bei Fach- und Führungskräften oft nicht ausreichen. Immer mehr Firmen, speziell global agierende Großunternehmen, haben allerdings die Bedeutung von Projektmanagement erkannt und entsprechende Maßnahmen zur Verbesserung umgesetzt. Meist definieren sie dabei jedoch ihre individuellen Kriterien, ohne allgemeine Standards zu berücksichtigen. Die entstandenen Projektkulturen unterscheiden sich somit hinsichtlich der geforderten Qualifikationen und angebotenen Fortbildungen stark. Eine Befragung des Projekt Magazins im Jahr 2005 bestätigte diesen Trend (siehe "Status Quo der PM-Kompetenz in Organisationen und Großunternehmen in Deutschland", Projekt Magazin, 22/2005). Auch Träger von Fortbildungen bieten diverse PM-Zertifikate an, die weder untereinander vergleichbar sind, noch eine nachprüfbare Aussage über die tatsächliche Qualifikation des Inhabers treffen.
Es besteht also einerseits großer Bedarf an Projektmanagement-Kompetenz; gleichzeitig herrscht Uneinigkeit darüber, worin diese genau besteht. Die beständige Weiterentwicklung der Disziplin Projektmanagement schafft zwar eine fachliche Basis, aber sie gewährleistet nicht die Qualifikation von Personal.
Was müssen Projekt-Profis wissen?
Die International Project Management Association (IPMA) sieht es seit ihrer Gründung 1965 als ihre zentrale Aufgabe, eine Lösung für die Frage nach der Projektmanagement-Kompetenz anzubieten. Mit einem vierstufigen Zertifizierungssystem liefert die IPMA, vertreten durch ihre jeweiligen nationalen Mitgliedsverbände, eine Antwort auf die Frage, wann eine Fach- oder -Führungskraft qualifiziert für die Leitung eines Projekts ist. Grundlage dieses Zertifizierungssystems ist eine umfassende Definition dessen, worin Projektmanagement-Kompetenz genau besteht. Diese Definition ist in der so genannten IPMA Competence Baseline (ICB) festgehalten.
International Project Management Association (IPMA)
Die 1965 gegründete International Project Management Association (IPMA) mit Sitz in Genf (www.ipma.ch) ist der internationale Dachverband der nationalen Projektmanagement-Fachverbände. Die Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement (GPM)(www.gpm-ipma.de), die Schweizer Gesellschaft für Projektmanagement (SPM)(www.spm.ch) und die Österreichische Projektmanagement Austria (PMA) (www.p-m-a.at) sind die deutschsprachigen nationalen Mitgliedsorganisationen der IPMA. Weltweit gehören ihr nach eigenen Angaben derzeit 41 nationale Verbände mit insgesamt rund 40.000 Mitgliedern an.Nach knapp zweijähriger Entwicklungsarbeit verabschiedete die IPMA im März 2006 die (seit August 2006 als CD bzw. Paperback erhältliche) Competence Baseline in der dritten und grundlegend erneuerten Version (ICB 3.0). Diese beschränkt sich nicht mehr nur auf die rein ausführende Methodenebene, sondern beschreibt mit Portfolio- und Programmmanagement die gesamte unternehmerische Tätigkeit bis hinauf zur strategischen Ebene und stellt sich auf diese Weise den aktuellen Erfordernissen der globalen Wirtschaft. Auch wenn die ICB 3.0 noch einige Antworten schuldig bleibt, ist sie im internationalen Vergleich doch die umfassendste Beschreibung professionellen Projektmanagements.
Zielgruppe und Nutzen der ICB
Die ICB richtet sich in erster Linie an Projektmanager, die ihre Qualifikation mit einem offiziellen Zertifikat unter Beweis stellen wollen, an die Assessoren der Zertifizierung und an Personalverantwortliche, die nach kompetenten Projektleitern suchen. Ihr praktischer Nutzen geht aber darüber hinaus, da sie zugleich eine vollständige fachliche Systematik für das Wissen im Projektmanagement liefert. Dadurch ist sie für jeden von Bedeutung, der sich das Fachgebiet Projektmanagement erschließen oder es selbst darstellen will. (Anm. der Red.: Auch die Artikel des Projekt Magazins sind systematisch über die Kompetenzelemente der aktuell noch gültigen ICB 2.0 in der deutschen Version (der PM-Kanon), recherchierbar.)
Für Projektverantwortliche hat sie noch einen weiteren, ganz pragmatischen Nutzen: Sie stellt eine Checkliste dar, ob alle notwendigen Aspekte des Projektmanagements berücksichtigt wurden und ob das Projektteam über die erforderlichen Kompetenzen verfügt.
Kein Lehrbuch sondern Leitfaden
Die ICB ist kein Wissenspeicher und kein Lehrbuch. Sie beschreibt weder Methoden und Vorgehensweisen noch empfiehlt sie solche. Dies ist Aufgabe nationaler Lehrwerke wie z.B. des von der GPM herausgegebenen "ProjektManager". Vielmehr benennt die ICB die Aufgabenbereiche des Projektmanagements und beschreibt die für ihre Bewältigung erforderlichen Qualifikationen in unterschiedlichen Stufen.
Dies ist wohl die klarste Abgrenzung zwischen ICB und PMBOK® Guide, der US-amerikanischen Norm für Projektmanagement, die gleichzeitig Zertifizierungsgrundlage des Project Management Institutes (PMI) ist. Dieser enthält zwar das zu prüfende Wissen in Form einer prozessorientierten Darstellung der Projektmanagementaufgaben, trifft aber keine Aussage über die erforderliche Qualifikation eines Projektmanagers.