Der Beitrag von Mitarbeitenden an toxischen Führungssituationen Wer ist schuld, wenn Führung scheitert?
Wer ist schuld, wenn Führung scheitert? Nicht immer sind es die Vorgesetzten – oft sind es Mitarbeitende, die sich nicht führen lassen wollen. Woran Sie sie erkennen und wie Sie am besten mit ihnen umgehen, erläutert dieser Artikel.
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Wenn es Schwierigkeiten bei der Führung von Mitarbeitenden gibt, liegt der Fokus – vor allem in den Medien – fast ausschließlich auf dem Versagen der Führungskräfte. Geben Sie einmal "Versagen von Mitarbeitern" bei einer Suchmaschine ein. Einer meiner ersten Treffer stammt aus dem Manager Magazin: "Wenn Mitarbeiter versagen – Wie Vorgesetzte unfreiwillig dafür sorgen, dass ihre Untergebenen immer schlechter werden, und was sie dagegen tun können". Die Autorin verortet die Schuld ausschließlich bei den Führungskräften.
Ihnen die alleinige Schuld zuzuweisen ist einfach: Führungskräfte treten per definitionem in den Vordergrund, wenn etwas schiefgeht. Sie sind es, die letztlich die Verantwortung zu tragen haben, sie sind es, die für das Scheitern einer Strategie oder eines Projekts in der Öffentlichkeit einstehen müssen. Von daher ist der Reflex, die Verantwortung bei ihnen zu suchen, verständlich.
Hier erliegen wir meines Erachtens der "Verfügbarkeitsverzerrung": Weil uns die Informationen über schlechte Führung so leicht zugänglich sind, liegt unsere Aufmerksamkeit eher auf dem Versagen von Vorgesetzten. Dieser Artikel soll diese Verzerrung ein wenig zurechtrücken und den Fokus auf einen anderen Anteil von Führungssituationen lenken: auf die geführten Mitarbeitenden und ihren Anteil an toxischen Führungssituationen. Und dabei geht es eben nicht allein darum, dass das Verhalten der Vorgesetzten die Mitarbeitenden demotiviert, sondern darum, dass auch ihr eigenes moralisches Fehlverhalten und passives Verhalten der Auslöser für das Versagen von Führungskräften sein kann.
Was wir in der Regel gedanklich ausklammern: Auch Führungskräfte sind nicht nur Führungskräfte, sondern ebenso Geführte.
Und genau diese Rolle der Geführten und die damit verbundene Verantwortung für gelingende Führungssituationen will ich hier zur Diskussion bringen. Dementsprechend richtet sich dieser Artikel an alle Mitarbeitenden – seien sie Führungskräfte oder Geführte.
Sind die Führungskräfte allein verantwortlich?
Man neigt dazu, den Führungskräften die Verantwortung für große Fehlschläge und "moralisches Missmanagement" zuzuschreiben. Hingegen wäre es unpopulär, wenn man andeuten würde, dass einige der größten Krisen dieser Zeit, wie z.B. der Enron-Skandal, die Finanzkrise ab 2008 oder die Diesel-Affäre, auch durch das Versagen von Geführten – also denjenigen, die geführt werden bzw. sich führen lassen – entstanden sein könnten. Aber destruktive, moralisch zweifelhafte, kriminelle oder allgemein toxische Verhaltensweisen von Personen sowie toxische Situationen fallen auf fruchtbaren Boden und gedeihen, wenn die geführten Personen wegschauen, schweigen oder gar mitmachen.
In einigen Fällen greift auch die "Psychologie der Massen" (Le Bon, 2009), wonach – so die provokant überspitzte Kernaussage des Autors – die Masse dümmer ist als das Individuum: So lassen sich Menschen in einer Gruppe manchmal zu Dingen verleiten, die sie als Individuum niemals getan hätten. Aus der Psychologie ist zudem das Phänomen des "Social Loafing" (soziales Faulenzen) bekannt, wonach sich Menschen in einer Gruppe darauf verlassen, dass andere einschreiten. Sie kennen es vielleicht unter dem Akronym TEAM: "Toll, ein anderer macht‘s!" Unter Fragestellungen, die Hilfsbereitschaft oder moralisches Handeln in den Mittelpunkt stellten, wurden ähnliche Phänomene bereits in vielen Situationen festgestellt, in denen es dem Individuum ermöglicht wird, in der Masse oder der Gruppe unterzutauchen (Levine, 2006). So sinkt die Bereitschaft, jemandem auf der Straße zu helfen, z.B. erheblich, wenn viele Menschen in der Nähe sind, die ebenfalls helfen könnten. Die Hilfsbereitschaft steigt erst wieder an, wenn die Passanten von der Hilfe suchenden Person direkt angesprochen wird ("Hallo, Sie mit der roten Jacke …"). Sitzungsprotokolle, in denen die Zuständigkeit Abteilungen und nicht bestimmten Personen zugeschrieben wird, bestätigen häufig diese Aussage im Alltag.
Obwohl diese Phänomene bekannt sind, richtet sich die Aufmerksamkeit – und damit der Vorwurf des Versagens von Mitarbeitenden – weiterhin überwiegend auf die Führungskräfte, als seien sie alleinverantwortlich.
Geführtenversagen in der Forschung
Deutlich weiter als die Öffentlichkeit ist die Forschung. Diese geht aktuell mindestens von einer Dreiecksbeziehung aus, wenn sie gelingende und scheiternde Führung untersucht. Neben den Führungskräften werden auch die Bedeutung der Situation und die Rolle des Verhaltens der Teammitglieder untersucht (Kuhn & Weibler, 2012).
Die Suche nach den Gründen für Fehler bei den Führungskräften ist der publikumswirksamste Zweig der Führungsforschung.
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