Herausforderung Großbauprojekte – ein Lösungsvorschlag auf Basis der HOAI
Klaus Grewe wurde international bekannt als Projektleiter für die Infrastrukturprojekte der Olympischen Spiele 2012 in London und deshalb vom Bundesverkehrsministerium in die "Reformkommission Bau von Großprojekten" berufen. Er analysiert knapp die Hintergründe dafür, warum die aktuell in der Kritik stehenden öffentlichen Großbauprojekte in derartige Schieflagen geraten konnten. Grewe plädiert dafür, bei Projekten dieser Art einen wesentlich höheren Aufwand in die Planungsphasen zu investieren, um dann mit geringem Risiko und hoher Termintreue den eigentlichen Bau durchführen zu können. Seinen Vorschlag an die Reformkommission für einen risikominimierten Planungsprozess für Großbauprojekte unter Berücksichtigung der HOAI stellt er exklusiv für die Leser des Projekt Magazins vor.
Herausforderung Großbauprojekte – ein Lösungsvorschlag auf Basis der HOAI
Klaus Grewe wurde international bekannt als Projektleiter für die Infrastrukturprojekte der Olympischen Spiele 2012 in London und deshalb vom Bundesverkehrsministerium in die "Reformkommission Bau von Großprojekten" berufen. Er analysiert knapp die Hintergründe dafür, warum die aktuell in der Kritik stehenden öffentlichen Großbauprojekte in derartige Schieflagen geraten konnten. Grewe plädiert dafür, bei Projekten dieser Art einen wesentlich höheren Aufwand in die Planungsphasen zu investieren, um dann mit geringem Risiko und hoher Termintreue den eigentlichen Bau durchführen zu können. Seinen Vorschlag an die Reformkommission für einen risikominimierten Planungsprozess für Großbauprojekte unter Berücksichtigung der HOAI stellt er exklusiv für die Leser des Projekt Magazins vor.
Die Elbphilharmonie und der Flughafen Berlin Brandenburg führen eine lange Liste von Großprojekten in Deutschland an, bei denen es nicht gelungen ist, den gesellschaftlichen Anspruch an diese Projekte als Vorzeigeobjekte deutscher Leistungsfähigkeit einzuhalten. Kostensteigerungen in Milliardenhöhe und besonders die bereits in Jahren zu messenden Zeitverzögerungen schaden international der positiven Reputation "Made in Germany".
Sowohl Großprojekte als auch die Gesellschaft haben sich gewandelt
Die einzelnen Gründe für diese Probleme sind mannigfaltig. Die tiefere Ursache ist meiner Meinung nach aber im Anspruchsdenken der Gesellschaft zu suchen, das weit von der Realität entfernt ist, in der heutzutage Großprojekte geplant werden müssen. Hatten vor 30 Jahren Großprojekte noch ein Volumen von 100 bis 400 Millionen DM, bewegen sich heutzutage Großprojekte in Bereichen von 3 bis 12 Milliarden Euro und darüber hinaus, wie z.B. der Stromnetzausbau im Rahmen der Energiewende, für den über 32 Milliarden Euro veranschlagt werden (Zeit online, 2012).
Vor 30 und noch mehr Jahren wurden Großbauwerke (von neuen Stadtvierteln bis Flughäfen) als Solitär auf die "grüne Wiese" oder auf alte Kriegslasten, d.h. Gelände, deren Bebauung und Infrastruktur noch vom Krieg stark zerstört waren, gebaut und hatten nur wenig Bezüge zum Umfeld. Heute beeinflussen Projekte wie Stuttgart 21 eine gesamte Stadtplanung und haben Schnittstellen mit allen Projektträgern der Stadt und des Landes. Hinzu kommen die Herausforderungen, die eine weit besser informierte Öffentlichkeit an die Kommunikation der Projektverantwortlichen mit allen Stakeholdern stellt.
Ausnahmeregelungen der Deutschen Einheit veränderten die Projektkultur
Die kontinuierliche Verbesserung bei der Planung und Ausführung von Großprojekten wurde in den 1990er Jahren von den Ausnahmeregelungen unterbrochen, die für die Projekte der Deutschen Einheit galten, wie z.B. das Investitionsmaßnahmengesetz von 1993 (Wikipedia, 2013). Sowohl Kosten als auch die Berücksichtigung von Einflüssen auf Dritte spielten dadurch eine weniger wichtige Rolle, wie sich z.B. in der Verkürzung des Planfeststellungsverfahrens zeigte. Da die Beschleunigungsgesetze der Deutschen Einheit es erlaubten, schon in den Frühphasen der Planung mit der Ausführung zu beginnen, entwickelte sich in Deutschland die Projektkultur, Projekte nicht mehr vorzudenken, sondern auf die zwangsläufigen Unzulänglichkeiten in der Ausführung aufgrund einer unzureichenden Planung in einer eher "robusten" Weise zu reagieren, d.h. Kritik zu ignorieren und nach dem Prinzip "Es kostet, was es kostet." zu verfahren (s.u.). Dadurch ging meiner Meinung nach die klare Grenze zwischen Planung und Ausführung verloren sowie das Verständnis dafür, welcher Aufwand und welche Kosten hinter einer guten Planung stecken.
Wunschdenken bestimmt die Planung
Darüber hinaus leiden die aktuellen Großprojekte mit Beteiligung der Öffentlichen Hand an Paradigmen, die aus Gesellschaft und Politik entstehen. Architektonische Projekte und notwendige Infrastrukturmaßnahmen werden schon in den allerersten Planungsstufen mit frühzeitigen Erwartungen an genaue Kosten- und Zeitangaben konfrontiert, die auf keiner fachlichen Basis ermittelt werden können, sondern meistens nur die Wünsche der Gesellschaft, der Politik oder der Geschäftsleitungen widerspiegeln. Sind diese Kosten- und Zeitangaben erst einmal (zu) früh verkündet, sieht sich kein Projektverantwortlicher mehr in der Lage, diese Zahlen, die mit hohen Erwartungen verbunden sind, in den Planungsphasen zu korrigieren. Es wird dann in einer "Augen-zu-und-durch-Mentalität" der Ausführung überlassen, auf die Unzulänglichkeiten einer Kosten-, Risiko- und Zeitplanung zu reagieren, um dann eine "Es-ist-wie-es-ist-Realität" zu verkünden.
Bisher wurde diese Einstellung jahrzehntelang gesellschaftlich akzeptiert, schließlich waren auch die Mehrkosten noch im Rahmen des Ertragbaren. Heute hingegen haben wir es mit signifikanten Mehrkosten für unnötige Stillstände, Bauzeitverzögerungen, juristische Beratungen, Nachberechnungen und Doppelausführungen zu tun. Die dadurch entstehenden Mehrkosten betragen dann meist mehrere Milliarden Euro und belasten einen Staatshaushalt messbar, wodurch Mittel an anderer Stelle fehlen.
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