Vom Projektleiter zum Sündenbock? So werden Sie den Schwarzen Peter wieder los!
Läuft etwas im Projekt schief, bekommt gerne mal der Projektleiter den Schwarzen Peter zugeschoben. Mario Neumann präsentiert ein Vorgehen aus vier Schritten, um diesen wieder los zu werden und gibt Sündenböcken weitere Tipps.
Vom Projektleiter zum Sündenbock? So werden Sie den Schwarzen Peter wieder los!
Läuft etwas im Projekt schief, bekommt gerne mal der Projektleiter den Schwarzen Peter zugeschoben. Mario Neumann präsentiert ein Vorgehen aus vier Schritten, um diesen wieder los zu werden und gibt Sündenböcken weitere Tipps.
Frustriert kehrt Lukas W. aus der Sitzung des Lenkungsausschusses zurück. "Alle machen Murks", schimpft er, "aber ausbaden muss ich es!" Während der Sitzung stand er Rede und Antwort und musste erklären, warum sein Projekt nicht vorankommt und seit einigen Wochen regelmäßig die Deadlines reißt. Dass es im Projekt massive Schwierigkeiten gibt, ist das eine – dass er aber nun derjenige sein soll, der alles vermasselt hat, bringt ihn in Rage. Offensichtlich haben die versammelten Chefs sich einen Schuldigen gesucht!
Solange die Beteiligten an den Erfolg des Projekts glauben, blicken sie nach vorne und ringen bei Problemen um die richtige Lösung oder den richtigen Weg zum Ziel. Wird jedoch über die Schuldfrage gestritten, besteht Grund zur Sorge – gleich aus drei Gründen: Erstens sind Schulddiskussionen rückwärtsgewandt und tragen nichts zur Lösung des aktuellen Problems bei, zweitens bergen sie ein enormes Konfliktpotenzial und drittens sind sie ein Indiz dafür, dass der Glaube an den Projekterfolg schwindet.
Im Zeichen der aufziehenden Projektkrise
Schuldzuweisungen sind also ein Alarmzeichen. Sie weisen auf Entmutigung, Resignation und Fluchttendenzen hin. Die Suche nach einem Sündenbock sollte daher als Warnsignal verstanden werden, das auf eine aufziehende Projektkrise hindeutet – und vom Projektleiter ein ebenso überlegtes wie entschiedenes Handeln erfordert.
Wenn eine Projektkrise droht, laufen im Lenkungsausschuss häufig zwei emotionale Prozesse parallel ab: Zum einen verlieren die Beteiligten die Zuversicht, die Projektziele noch erreichen zu können; zum anderen versuchen sie, die Schuld von sich zu weisen und einen Schuldigen auszumachen. Genau diese Erfahrung musste Lukas W. machen: Die versammelten Manager fanden in ihm den geeigneten Blitzableiter für ihren aufgestauten Frust und konnten einander zugleich bekunden, dass sie selbst mit dem Schlamassel nichts zu tun zu haben.
Sandwich-Manager neigen zu Schuldzuweisungen
Besonders mittlere Führungskräfte neigen dazu, für Misserfolge nach Schuldigen zu suchen. Denn in ihrer Sandwich-Position müssen sie immer wieder Entscheidungen ihrer Chefs vertreten, hinter denen sie selbst nicht wirklich stehen. Umgekehrt müssen sie Ziele erreichen und auch Projektergebnisse vorweisen, obwohl sie ständig mit strukturellen Defiziten zu kämpfen haben, wie etwa fehlende Budgets oder eine unzureichende Ausstattung. Da liegt es nahe, anderen den Schwarzen Peter zuzuschieben, wenn eines der Projekte in Schwierigkeiten gerät.
Emotionale Kollateralschäden sind die Folge
Der Haken ist nur: Das Theater um die Schuld bringt weder das Projekt noch die Führungskraft auch nur einen Millimeter weiter. Im Gegenteil: Die Kollateralschäden sind gewaltig! Nimmt das Schwarze-Peter-Spiel erst einmal Fahrt auf und die Energie der Beteiligten konzentriert sich auf die Klärung der Schuldfrage, fehlen Zeit und Kraft, um sich mit den eigentlichen Problemen auseinanderzusetzen. Damit jedoch bleibt das Projekt endgültig auf der Strecke.
Besonnenheit ist das Gebot der Stunde
Doch was tun, wenn Sie wie Lukas W. den Schwarzen Peter zugeschoben bekommen? Sie stehen jetzt als derjenige da, der alles vermasselt hat. Als Projektleiter können Sie sich jetzt weder auf die Solidarität Ihres eigenen Projektteams verlassen noch auf die Rückendeckung des Managements. Das zu schlucken, kann den Puls schon beschleunigen. Dennoch lautet meine Empfehlung: gelassen bleiben! Wenn Sie aggressiv und erregt reagieren, wird das Projektumfeld das eher als Bestätigung für die die Beschuldigungen sehen. Nehmen Sie sich deshalb erst einmal etwas Bedenkzeit, bevor Sie Stellung beziehen.
Sich in vier Schritten erfolgreich zur Wehr setzen
Erfahrene Projektleiter verkneifen es sich, das Schwarze-Peter-Spiel mitzuspielen. Stattdessen blicken sie nach vorne und versuchen, den Schaden zu begrenzen. Gemeinsam mit ihrem Team suchen sie nach Auswegen. Dabei geht es vor allem um eines: Anstatt an den Symptomen herumzudoktern und Flickschusterei zu betreiben, erarbeiten sie Lösungsvorschläge, auch und gerade um die Führungsriege zu überzeugen.
Die Vorgehensweise dafür lässt sich in vier Schritte gliedern:
- Machen Sie eine Bestandsaufnahme.
Finden Sie heraus, wo Ihr Projekt wirklich steht. Das gelingt am ehesten in Vier-Augen-Gesprächen, denn selbst in Ihrem Team wird niemand gerne als erster die Katze aus dem Sack lassen und zugeben, wie groß die Probleme tatsächlich sind. - Prüfen Sie, woran das Projekt krankt.
Nur wenige Projekte geraten durch hereinbrechende Katastrophen oder andere äußere Gründe in Schwierigkeiten. Stattdessen liegen die Ursachen meist im Projekt oder in dessen Umfeld. Die Gründe sind oft vielschichtig: Mal rächt sich die mangelnde Vorbereitung des Projekts, mal sorgt eine zu optimistische Planung für Probleme. Es ist deshalb wichtig herauszufinden, was die Wurzel allen Übels im Projekt ist. - Leiten Sie Sofortmaßnahmen ein.
Wenn es erste Absetzbewegungen gibt und die Suche nach Schuldigen beginnt, bleibt Ihnen als Projektleiter nur noch wenig Zeit. Analysieren Sie die Situation, spielen Sie mögliche Szenarien durch – und leiten Sie sofort erste Maßnahmen ein, um das Projekt zu drehen. Die Führungsriege will jetzt schnell erste ermutigende Erfolge sehen! - Stellen Sie das Vertrauen wieder her.
Die Suche nach Schuldigen ist ein Indiz dafür, dass die Beteiligten das Vertrauen in den Projekterfolg verloren haben und glauben, das Unheil sei nicht mehr abwendbar. Zumindest möchte das Management jetzt wissen, wo es im Projekt hakt und "wie wir jetzt gemeinsam weiter vorgehen können". Mit "gemeinsam" ist allerdings gemeint, dass Sie als Projektleiter eine Lösung anbieten! Um das Vertrauen wieder herzustellen, kommt es jetzt darauf an, der Führungsetage eine Lösung für die aktuellen Probleme zu präsentieren.
Survival-Tipps gegen den Schwarzen Peter
- Nehmen Sie es ernst, wenn bei Schwierigkeiten im Projekt plötzlich die Suche nach Schuldigen beginnt – verstehen Sie es als Warnsignal, das auf eine aufziehende Projektkrise hindeutet.
- Bleiben Sie gelassen, wenn man Sie zum Sündenbock machen will. Viele Konfliktsituationen lassen sich bereits entschärfen, indem Sie nicht sofort darauf reagieren.
- Werden Sie aktiv, wenn Ihnen die Führungsetage bei Schwierigkeiten den Schwarzen Peter zuschiebt. Finden Sie heraus, worin das Problem wirklich besteht.
- Präsentieren Sie der Führungsetage eine Lösung für die aktuellen Probleme. Damit können Sie auch auf elegante Weise deutlich machen, dass die Ursache für die Schwierigkeiten weder bei Ihnen, noch bei einer anderen Person liegt.
- Können Sie bereits frühzeitig absehen, dass Ihr Projekt in Schwierigkeiten geraten dürfte und Sie in die Rolle des Sündenbocks kommen könnten, sollten Sie sich absichern. Dokumentieren Sie in diesem Fall Entscheidungen und andere wichtige Vorgänge gut.