Der menschliche Faktor in der Projektarbeit und das Standard-Antibiotikum "Schulung"
Ich bin zu diesem Thema angeregt worden, als ich den Blog-Beitrag "Das Problem ist nicht das Problem!" von Arne Roock gelesen habe. Ihm geht es dort um die Negativwirkungen, die entstehen, wenn man versucht, ein Problem zu lösen, das gar nicht das tatsächliche Problem ist. Zur Veranschaulichung schildert er einen Fall, bei dem Qualitätsprobleme auftraten, die abgestellt werden sollten, indem man alle Softwareentwickler und Tester einer Schulung unterzog, um ihnen die Bedeutung von Qualität für das Unternehmen nahe zu bringen. Begleitend wurden Poster mit Sprüchen wie "Do it right the first time!" oder "Never compromise quality!" aufgehängt.
Ich kenne den geschilderten Fall nicht aus eigenem Erleben, treffe aber in meiner Praxis immer wieder auf folgendes Vorgehensmodell:
Der menschliche Faktor in der Projektarbeit und das Standard-Antibiotikum "Schulung"
Ich bin zu diesem Thema angeregt worden, als ich den Blog-Beitrag "Das Problem ist nicht das Problem!" von Arne Roock gelesen habe. Ihm geht es dort um die Negativwirkungen, die entstehen, wenn man versucht, ein Problem zu lösen, das gar nicht das tatsächliche Problem ist. Zur Veranschaulichung schildert er einen Fall, bei dem Qualitätsprobleme auftraten, die abgestellt werden sollten, indem man alle Softwareentwickler und Tester einer Schulung unterzog, um ihnen die Bedeutung von Qualität für das Unternehmen nahe zu bringen. Begleitend wurden Poster mit Sprüchen wie "Do it right the first time!" oder "Never compromise quality!" aufgehängt.
Ich kenne den geschilderten Fall nicht aus eigenem Erleben, treffe aber in meiner Praxis immer wieder auf folgendes Vorgehensmodell:
Ich bin zu diesem Thema angeregt worden, als ich den Blog-Beitrag "Das Problem ist nicht das Problem!" von Arne Roock gelesen habe. Ihm geht es dort um die Negativwirkungen, die entstehen, wenn man versucht, ein Problem zu lösen, das gar nicht das tatsächliche Problem ist. Zur Veranschaulichung schildert er einen Fall, bei dem Qualitätsprobleme auftraten, die abgestellt werden sollten, indem man alle Softwareentwickler und Tester einer Schulung unterzog, um ihnen die Bedeutung von Qualität für das Unternehmen nahe zu bringen. Begleitend wurden Poster mit Sprüchen wie "Do it right the first time!" oder "Never compromise quality!" aufgehängt.
Ich kenne den geschilderten Fall nicht aus eigenem Erleben, treffe aber in meiner Praxis immer wieder auf folgendes Vorgehensmodell:
- Es tritt ein Problem auf, bei dem die Mitarbeiter scheinbar (siehe den Beitrag von Arne Roock) die Ursache sind, weil sie nicht so agieren, wie es vorgesehen ist.
- In einem Schnellschuss werden die "Bakterien" (im Sinne des ungewünschten Verhaltens der Mitarbeiter) mit dem Standard-Antibiotikum "Schulung" – möglichst hoch dosiert – bekämpft. Diese Art von Schulungen bestehen dann in vielen Fällen aus einem vorgefertigten Foliensatz zu "Sinn & Nutzen von...". Wenn das Problem gravierend genug ist, wird das Ganze mit bunten Slogans zum Thema angereichert und Flure, Fertigungshallen und Sozialräume damit plakatiert. Auf diese Weise glaubt man dann, alles dafür getan zu haben, das Problem zu lösen – genauer gesagt, die Mitarbeiter auf den richtigen Weg zu bringen.
Das funktioniert in der Regel nicht nur nicht, sondern verschärft das Problem.
Schulungen nur bei Wissensdefiziten
Eine solche Schulung würde nur dann Sinn machen, wenn die Mitarbeiter ein überschaubares Wissensdefizit hätten und bereit und in der Lage dazu wären, das fehlende Wissen in der dargereichten Form willig zu konsumieren und sofort anzuwenden.
Das trifft nach meinen Erfahrungen meist nicht zu. Die Mitarbeiter wissen in der Regel eine ganze Menge (siehe auch den Beitrag von Arne Roock). Möglicherweise ist das spezielle Wissen nur in gefilterter Form verfügbar, überlagert oder einfach verdrängt, weil anderes scheinbar wichtiger ist.
Die angesprochenen Standardschulungen sollen im Prinzip nach dem medial aufgepeppten uralten "Nürnberger Trichter" funktionieren: Die Mitarbeiter sind ein leeres Gefäß, in die das gewünschte Wissen einfach nur eingefüllt werden muss.
Die Mitarbeiter haben gute Gründe
Aus der Perspektive der Mitarbeiter sieht die Sache anders aus. Sie haben für sich gute Gründe, sich so zu verhalten bzw. so mit ihrem Wissen umzugehen, wie sie es tun. Wenn man tiefer nachforscht, trifft man u.a. auf Gründe wie die folgenden:
- schlichtes Nachahmen des direkten Vorgesetzen
- Druck aus der Arbeitsgruppe, sich bloß nicht zu weit aus dem Fenster zu lehnen
- Befürchtungen, der damit verbundenen Verantwortung nicht gewachsen zu sein
- Angst vor allem, was anders gemacht werden soll, als es sicher beherrscht wird
- usw.
Nicht mangelndes Wissen steht dahinter, sondern vermeintliche Erfahrungen, tradierte Muster, Werte und ganz unterschiedliche Emotionen.
In manchen Fällen mag auch mangelndes Wissen vorliegen. Das könnte leicht durch einschlägige Schulungen vermittelt werden – aber erst, wenn die zuvor genannten Barrieren (Erfahrungen, Werte etc.) durchlässig geworden sind.
Schnellschuss geht nach hinten los
Die Negativfolgen, die der Schnellschuss mit dem Standardmedikament provoziert, entstehen, weil die Mitarbeiter sich einfach nicht ernst genommen fühlen: "Glauben die da oben wirklich, wir wüssten nicht, dass Qualität wichtig ist?" Und weiter geht es mit der bekannten Verschiebung: "Die sollten erst mal ihre Hausaufgaben machen, dann könnten wir auch Qualität produzieren." Statt gesteigerter Einsicht in die Wichtigkeit von Qualität werden Abwehr, Widerstand, Verzögerungen und Gegeneinander erzeugt.
Ich möchte dem Instrument "Schulung" nicht unrecht tun – natürlich sind Schulungen ein nützliches Instrument. Aber erst, wenn die besondere menschliche Qualität einer Problemstellung richtig verstanden wurde und man überlegen kann, welche Wirkungen auf welchen Wegen und mit welchen Mittel sich erreichen lassen. In ganz vielen Praxisfällen sind auch nicht die Mitarbeiter selbst der eigentliche Ansatzpunkt, sondern die Führungskräfte dieser Mitarbeiter, die einfach einen schlechten Job machen.
Naive und kontraproduktive Einstellung
Die Standard-Reaktion "Schulung" ist bewusst oder unbewusst getragen von dem Glauben, Menschen seien auf so direkte Weise manipulierbar wie ein technisches System: Man muss nur den richtigen Hebel ansetzen, dann funktioniert es wieder wie geplant.
Ich halte diese Einstellung für naiv und kontraproduktiv. Denn hier wird einfach ignoriert, dass jeder Mensch seinen eigenen Kopf hat. Gebraucht wird ein Verständnis von Projektarbeit, bei dem der Faktor "Mensch" voll umfänglich neben technischen, organisatorischen und sonstigen Faktoren akzeptiert und berücksichtigt wird. Das bedeutet u.a. einen Sachverhalt konsequent aus der Perspektive der Nutzer bzw. Betroffenen zu betrachten und vorbehaltlos der Frage nach deren Motiven nachzuspüren: Warum handeln die so, wie sie es tun? Was ist für sie wichtig daran? Was hindert sie daran anders zu handeln? Welchen Nutzen haben sie persönlich durch ihr aktuelles Verhalten? Welche Ängste oder Hoffnungen sind damit verknüpft? Die Beantwortung u.a. dieser Fragen hilft, die beteiligten Menschen (im Ansatz) zu verstehen und daraus abzuleiten, wie wir sie in unserem Projekt mitnehmen können.
Der Faktor "Mensch" ist kein Risikofaktor, der ein "eigentlich gutes" Projektergebnis von außen torpediert, sondern integraler Bestandteil des Projektauftrags. Kein Projekt ist erfolgreich, wenn die beteiligten Menschen nicht den gewünschten Effekt erzielen.
Viele Projektleiter sind offen für diese Ebene und suchen nach Möglichkeiten, geeignete Instrumentarien zu entwickeln. Es gibt aber (zu viele) Projektexperten, die so fest in ihrem technizistischen Verständnis von Projektarbeit verhaftet sind, dass sie Überlegungen in die angemahnte Richtung gar nicht mitgehen können.
Dipl.-Ing. Peter Scheitterer
19.01.2014
frank.lueschow
19.01.2014
Wolfgang Merten
19.01.2014
frank.lueschow
19.01.2014
Dipl.-Ing. Peter Scheitterer
19.01.2014
frank.lueschow
19.01.2014
Uwe Mateja
23.01.2014