Projektfinanzierung
Projektfinanzierung
Projektfinanzierung in den PM-Richtlinien
Die meisten Richtlinien und Normen für Projektmanagement sehen die Verantwortung für die Projektfinanzierung bei der Linienorganisation des Auftraggebers und behandeln deshalb dieses Thema nicht oder nur indirekt.
Einzig die ICB 3.0 führt das Thema Finanzierung explizit auf. Sie zählt Finanzierung zu den sogenannten Contextual Competences, d.h. den Kompetenzen des Projektmanagers, die für die Gestaltung der Wechselwirkungen des Projekts mit seinem Umfeld erforderlich sind.
Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3)
Eine einführende Darstellung des Themas Projektfinanzierung aus betriebs- und finanzwirtschaftlichen Sicht gibt Decker im Standardwerk der GPM (Decker, Christian: Finanzierung, in: Kompetenzbasiertes Projektmanagement (PM3), Nürnberg, 2009, S. 2493-2533)
Decker definiert darin Projektfinanzierung im engeren Sinne als "die Finanzierung einer in sich abgeschlossenen und damit regelmäßig auch rechtlich separierbaren ökonomischen Einheit (Projekt) …, bei der die Bedienung des Schuldendienstes aus dem Cashflow des Projektes erfolgt und als Sicherheiten zunächst nur Vermögenspositionen aus dem Projekt zur Verfügung stehen."
Projektfinanzierung aus Sicht des Kapitalgebers
Für den Kapitalgeber, der mit dem Auftraggeber identisch sein kann, stellt die Finanzierung eines Projekts eine Geldanlage dar, von der er sich im Normalfall eine Rendite erhofft. Der Kapitalgeber wird eine Projektfinanzierung unter den Gesichtspunkten Rentabilität und Sicherheit beurteilen.
Projektfinanzierung aus Auftraggebersicht
Der Auftraggeber eines Projekts hat die Verantwortung, die Finanzierung des Projekts zu gewährleisten und gegenüber den Kapitalgebern (Shareholdern) Rechenschaft über die Verwendung der Finanzmitten abzulegen. Für den Auftraggeber stellt die Projektfinanzierung eine Investition in eine geschäftsbezogene Veränderung (Transformation des Zustands A in den Zustand B durch das Projekt) dar. Der Auftraggeber wird diese Investition unter den Gesichtspunkten Kosten-Nutzenverhältnis sowie Erfolgswahrscheinlichkeit beurteilen. Bei einer positiven Beurteilung dieser Aspekte gibt der Auftraggeber dem Auftragnehmer das Projektbudget bzw. Teile des Projektbudgets für die Durchführung des Projekts frei.
Projektfinanzierung aus Auftragnehmersicht
Für den Auftragnehmer dienen die vom Auftraggeber freigegeben Finanzmittel dazu, den mit dem Auftraggeber vereinbarten Preis für die erbrachten Projektleistungen als Ertrag zu erzielen. Im Normalfall deckt er damit die bei ihm entstandenen Kosten und erzielt einen Gewinn. Falls die Projektkosten höher sind als der erzielte Ertrag, benötigt auch der Auftragnehmer eine eigenständige Projektfinanzierung, z.B. aus Eigenmitteln.
Meist entstehen dem Auftragnehmer bereits Kosten, bevor er Finanzmittel vom Auftraggeber erhält. Der Auftragnehmer benötigt deshalb ggf. für die Durchführung des Projekts eine Zwischenfinanzierung, für die er selbst verantwortlich ist.
Projektfinanzierung aus Sicht des Projektmanagers
Der Projektmanager ist für die Zahlungsfähigkeit des Projekts verantwortlich. Dies bedeutet, dass er nur dann Ausgaben tätigen darf, wenn zum Zeitpunkt der Fälligkeit einer daraus resultierenden Zahlungsverpflichtung entsprechende liquide Mittel vorhanden sind. Agiert der Projektmanager als Mitarbeiter der Trägerorganisation, so "bürgt" deren Geschäftsführung für die Liquidität des Projekts. Ist der Projektmanager selbst Geschäftsführer der eigens gegründeten Projektgesellschaft, so ist er auch juristisch für deren Zahlungsfähigkeit verantwortlich.
Zu diesem Zweck erstellt der Projektmanager den Kostengang des Projekts und muss sich vergewissern, dass diese Kosten durch entsprechende Finanzmittel gedeckt sind.
Arten der Projektfinanzierung
Grundsätzlich gibt es drei Arten von Finanzierungen:
- Eigenfinanzierung
- Umschichtungsfinanzierung
- Fremdfinanzierung
Bei der Eigenfinanzierung stammen die Finanzmittel aus der Trägerorganisation selbst, z.B. aus Rücklagen. Ein Spezialfall der Eigenfinanzierung eines Projekts ist die Finanzierung durch Erträge, die während des Projekts selbst erzielt werden. Die Finanzierung durch Umschichtung deckt die Projektkosten durch bilanztechnische Maßnahmen z.B. durch Umschichtung von Vermögenswerten. Übersteigt der Finanzbedarf die finanzielle Leistungsfähigkeit der Trägerorganisation, so benötigt sie eine Fremdfinanzierung, z.B. durch einen Kredit. Auch die Finanzierung durch Fördermittel der öffentlichen Hand kann als Fremdfinanzierung betrachtet werden.
Risikomanagement
Die Finanzierung eines Projekts stellt eine eigene Kategorie von Projektrisiken dar. Zu analysierende Risiken der Projektfinanzierung sind unter anderem:
- Ausfall eines oder mehrerer Kapitalgeber
- Währungskursrisiken
- Finanzmarktrisiken für Rücklagen
- Forderungsausfälle
- Juristische Risiken bei nicht abschließend geklärten Finanzierungsmodellen (z.B. Fusionen)
- Bilanztechnische Risiken
- Ausfall von Projekterträgen
Umgekehrt hat die Risikoanalyse u.U. erhebliche Auswirkungen auf die Projektfinanzierung. Einerseits ergibt sich aus der Risikoanalyse die Höhe eines eventuell benötigten Risikobudgets. Andererseits beeinflusst die Erfolgswahrscheinlichkeit die Bereitschaft von Kapitalgebern, das Projekt zu finanzieren und die Konditionen für die Finanzierung. Je höher das Risiko des Projekts ist, zu scheitern, desto höhere Zinsen wird ein Kapitalgeber für die Projektfinanzierung verlangen.
- ICB 3.0 / NCB 3.0
- PM3