Zusammenfassung Blogparade 2020 Vom Sinn und Unsinn von Grenzen im Projektmanagement

Vom Sinn und Unsinn von Grenzen: Zusammenfassung Blogparade 2020

Nachdem wir im Vorfeld der vergangenen PM Welt wissen wollten, welche Freiheiten mit den neuen Ansätzen wie Agilität einhergehen, empfanden wir es als passend, dieses Mal nach den Grenzen der Zusammenarbeit zu fragen (entsprechend dem aktuellen PM-Welt-Motto Stark durch Kooperation): Wir wollten wissen, ob und wenn ja welche Grenzen wir noch brauchen im Projektmanagement und welche abgeschafft werden sollten.

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Zusammenfassung Blogparade 2020 Vom Sinn und Unsinn von Grenzen im Projektmanagement

Vom Sinn und Unsinn von Grenzen: Zusammenfassung Blogparade 2020

Nachdem wir im Vorfeld der vergangenen PM Welt wissen wollten, welche Freiheiten mit den neuen Ansätzen wie Agilität einhergehen, empfanden wir es als passend, dieses Mal nach den Grenzen der Zusammenarbeit zu fragen (entsprechend dem aktuellen PM-Welt-Motto Stark durch Kooperation): Wir wollten wissen, ob und wenn ja welche Grenzen wir noch brauchen im Projektmanagement und welche abgeschafft werden sollten.

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Beteiligt haben sich 18 Blogger, fast genauso viele wie zuletzt. Den ersten Beitrag steuerte auch dieses Mal Dominic Lindner bei. Er beschäftigt sich mit den Grenzen, die im deutschen Mittelstand die abteilungsübergreifende Zusammenarbeit erschweren und fragt sich, was KMUs davon abhält, ganzheitliche Strategien umzusetzen. Seine Antwort: "Altmodisches Silodenken in geschlossenen Projektgrenzen." Er plädiert dafür, diese aufzubrechen, um der wachsenden Komplexität zu begegnen und empfiehlt, im Unternehmen eine gemeinsame Identität und Wertekultur aufzubauen. Fördern sollen dies heterogene Teams, gemeinsame Workshops sowie Weiterbildungen und offene Bürobereiche sowie die Einführung agiler Methoden.

Dr. Eberhard Huber formuliert prägnant: "Projekte sind das Mittel der Wahl, um Grenzen zu verschieben." Daher sollte es erlaubt sein, dass ein Projekt Grenzen aushebelt. Doch sein Kerngedanke ist ein anderer: Grenzen können schützen, und fungieren "gelegentlich wie Prinzipien." Diese Argumentation vertreten später auch viele andere teilnehmende Blogger (allerdings ohne sich direkt auf Hubers Beitrag zu beziehen).

Bernhard Schloß fasst sich ebenfalls kurz und outet sich als Systemiker, für den Grenzen einfach dazu gehören. Allerdings sollte man als Projektleiter diese im Auge behalten, "denn Grenzen verschieben sich." Sein klarer Auftrag: Regelmäßig Grenzen prüfen und dafür auch die Perspektive wechseln.

Grenzenlose Blogger: "Brauchen wir noch Projekte?"

Keine Grenzen setzt sich Joachim Pfeffer, wenn er stattdessen selbst eine neue Frage in den Raum wirft: "Brauchen wir noch Projekte?" Beim projektmagazin lesen wir so etwas natürlich zuerst einmal gar nicht gerne. Zu unserer Freude schlägt Joachim dann vor, den Begriff “Projekt” durch “Vorhaben” (weil neutraler und flexibler) zu ersetzen; verfolgen sollen diese feste Entwicklungsteams. Er schließt mit der Forderung nach einer "Lebenszyklusbetrachtung, transparenten ökonomischen Modellen für das Vorhaben und stabilen, sich optimierenden Teams".

In diese Kerbe schlägt auch Conny Dethloff, der Projekte als "Strukturkrücke zur Wertgenerierung" ansieht. Als Verfechter eines sollbruchfreien Wertstroms verdammt er Projekte jedoch nicht per se, sondern findet, dass aus der Krücke eine echte Hilfe werden kann, und zwar wenn die Organisationsform besser an den Wertstrom angepasst ist, sodass das Unternehmen nur selten ein Projekt aufsetzen muss, z.B. wenn es ein neues Geschäftsmodell benötigt.

Mit Sascha A. Carlin begrüßt die Parade ihr erstes neues Gesicht aus der Blogosphäre. Der Autor macht sich gleich bei uns beliebt: "Alles ist ein Projekt. Linientätigkeit gibt es kaum noch, und wo sie existiert, unterstützt sie Projekte oder wird von ihnen übertrumpft." Worum es dem Autor eigentlich geht: Eine Überlastung der Projektbeteiligten durch zu viel Projektarbeit sollte vermieden werden. Er erachtet Transparenz für notwendig, aber nur in Bezug auf die Organisation – und nicht den einzelnen Menschen, auf den sie belastend wirke.

In der Zwischenzeit hat Conny Dethloffs Beitrag eine Diskussion in LinkedIn entfesselt. Der Autor fackelt nicht lange und lädt Wolfram Müller und Moritz Hornung zum Podcast "Trialog": Engagiert diskutieren die drei mehr als eine Stunde lang (nur gestoppt vom nächsten Termin) über Regeln in internen Projekten, deren Nutzen (weniger Komplexität) aber auch deren Kosten (mehr Overhead). Fazit: Weniger Regeln machen einen zwar schneller, aber um mit der höheren Komplexität klarzukommen, benötigen die Mitarbeiter Vertrauen. Der Tipp zum Schluss von Wolfram Müller: “Warten Sie im Change mit dem Erstellen eines Handbuchs ein Vierteljahr lang – häufig halten Unternehmen die neuen Regeln lediglich in Checklisten fest, verzichten aber darauf, ein Handbuch zu schreiben.”

Prof. Ayelt Komus konzertiert sich ganz auf die Schutzfunktion von Grenzen und zeigt, wie sie einem Scrum Team helfen: Die Sprint-Grenze bewahre das Team vor unliebsamen Ideen z.B. von Führungskräften und gebe gleichzeitig ein klares Zeil vor, das "der Arbeit Sinn und Richtung gibt". Zu "gelebten Grenzen" führten auch weitere Scrum-Artefakte wie eine Definition of Done und Events wie Retrospektiven. Aus diesen Gründen hält er Grenzen für das Erfolgsgeheimnis agiler Ansätze.

Grenzverkehr als Realität anerkennen

Martin Holle steht Grenzen neutral gegenüber: "Grenzen sind nicht per se gut oder schlecht." Sie seien unvermeidbar und "das Vorhaben, sie niederreißen zu wollen, ist von vorneherein zum Scheitern verurteilt."

Thomas Michl muss beim Thema an "den Eisernen Vorhang des kalten Krieges und an die grüne Grenze der europäischen Union" denken, und spricht sich folglich für offene Grenzen aus: "Als passionierter Agilist neige ich dazu, die grüne Grenze zu bevorzugen, die Grenze ist – gerade in Projekten – nie klar und trennscharf möglich. Zumindest wenn die Komplexität hoch ist, und so gefällt mir der Gedanke, ohne große Hürden mal schnell über die Grenze zu springen und mir im Bedarf bei der jeweils anderen Seite mich unterstützen zu lassen."

"Grenzenlos innovativ?" fragen Sabine Pfleger sowie Lisa Schreiber von C-Place und positionieren sich klar, dass es noch zu viele Grenzen gibt: "Eine schier unüberwindbare Grenze für viele Firmen ist immer noch die des eigenen Unternehmens." C-Place hat sich auf die Fahnen geschrieben, die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit softwareseitig zu unterstützen. Anhand dieses Beispiels zeigen die Autorinnen, wie sich Grenzen überwinden lassen.

Einem ganz anderen Aspekt widmet sich Ralf Gohs: Dem grenzenlosen Austausch von Fachwissen und Know-how. Dazu empfiehlt er den Besuch von Fachkongressen, das Publizieren über Social-Media-Plattformen oder Unternehmensblogs. "Die Gate-Keeper-Funktion, wie sie früher Fachjournalisten übernommen haben, ist fast vollständig entfallen." (Da mag einiges dran sein, jedoch verschweigt der Autor, dass Redaktionen wie die des projektmagazins Texte auch besser machen.)

Auch Uwe Techt hält Grenzen für wichtig, sogar für das Überleben. Er vergleicht die Grenze eines Projekts nach außen mit der Haut. Ähnlich wie diese müssen sich die Projektgrenzen regelmäßig erneuern – was zunehmend schneller erfolgt. Auch deswegen sind Grenzen für ihn "manchmal geradezu ein Hort der Geborgenheit". Abschließend appelliert er, Grenzen regelmäßig auf ihre Sinnhaftigkeit zu überprüfen.

Transparenz wird belohnt mit Wettbewerbsfähigkeit und Speed, hatte ich ihm Aufruf zur Parade geschrieben. Stephan Weinhold widerspricht dem vehement: Jeder Grad an Transparenz werde erkauft mit zwei Graden an Schmerzen. Diese These macht mich neugierig – und noch mehr, dass der Autor im nächsten Absatz bekennt, dass er Transparenz normalerweise verteidigt. Aber: "Damit ich eine transparente Kultur bekomme, müssen die Menschen in meiner Organisation das auch wollen." Sascha A. Carlin dürfte dem zustimmen, fordert er doch, Transparenz nicht zum Selbstzweck vorkommen zu lassen.

Der Faktor neues Mindset

Ilona Libal bringt als erste den Begriff des agilen Mindsets ins Spiel, als Erfolgsfaktor für Aufgaben, die Bereichsgrenzen überschreiten. Praktizierenden von Working Out Loud (WOL) sei dies vertraut, denn sie knüpften grenzüberschreitende Netzwerke und wollten ihre persönlichen Grenzen durchbrechen. Anhand des Beispiels der agilen Transition bei ihrem Arbeitgeber BMW zeigt sie, wie sich die Arbeit in der IT-Abteilung (wo WOL offizielle Arbeitsmethode ist) verändert hat: Dank neuem Mindset "werden aus Einzelkämpfern plötzlich Teamplayer, die den Kundenutzen in den Vordergrund stellen". Das gemeinsame Ziel verpflichte das Team dazu, gemeinsam die Verantwortung zu übernehmen. Dank der neuen agilen Struktur agierten die Mitarbeiter mit hoher Eigenverantwortung heute viel mutiger als früher.

Bei Meisterplan arbeiten viele Teams nach Scrum, aber eben nicht alle, bekennt Christoph Hirnle. Für entscheidender als die operative Ebene hält er die Business-Ebene; diese arbeite dann agil, wenn sie dafür sorge, dass u.a. Entscheidungen gemeinsam getroffen würden und sie den Unternehmens-Fokus regelmäßig überprüfe und anpasse. Als den wichtigsten Treiber für Agilität sieht er daher das mittlere Management.

Angelika Collisi empfiehlt, Rollen und Verantwortlichkeiten zu klären, um der ansonsten grenzenlosen Zusammenarbeit im Projekt jenseits von Abteilungen und Geschäftsbereichen die nötige Struktur zu geben. Ihre Begründung: "Nur weil äußere Strukturen verschwinden, heißt das nicht, dass wir keine mehr brauchen. Wir alle haben ein Bedürfnis nach Orientierung und Verlässlichkeit." Die Quelle dieses Bedürfnisses belegt sie eindrücklich am Beispiel eines Teamleiters, der an einem Tag locker zehn Rollen einnehmen kann.

Philipp Stähle zeigt am Beispiel von KI-Projekten den Mehrwert bereichsübergreifender Zusammenarbeit: Solche datenintensiven Projekte gelängen nur, wenn viele Bereiche vertrauensvoll das gemeinsame Ziel verfolgten. Eben dieses Ziel diene als "Komplexitätsreduzierer": "Entweder etwas ist Teil des Ziels und damit der angestrebten Lösung oder eben nicht." Und zeichneten sich agile Methoden dadurch aus, dass sie einen Rahmen gäben; dieser lasse zwar Raum zur Anpassung, aber nur nach den geltenden Spielregeln.

Das Diskutieren hält sich in Grenzen

Was auffällt: Obwohl einige Themen von mehreren Autoren behandelt wurden (allen voran die schützende Funktion von Grenzen, aber auch die Warnung vor Transparenz als Stressquelle), hat sich dieses Mal kein Blogger explizit auf einen anderen Beitrag bezogen. Vielleicht ergibt sich in den nächsten Tagen und Wochen ja noch eine direkte Diskussion in den Blogs, denn gerade im Diskurs entwickeln sich Ideen weiter.

Schade finde ich, dass sich wieder keiner der PM-Fachverbände beteiligt hat. Die Verbände hätten bestimmt etwas zum Wert von Grenzen beitragen können, denn Standards können ja für Sicherheit und Vergleichbarkeit sorgen. Das schreibt Stephan Weinholds, der das Verschwinden solcher Standards beobachtet und explizit begrüßt, weil Standards andererseits auch lähmen würden – vor allem in Zeiten wie diesen, in denen sich viel verändert. Gutes Projektmanagement brauche Leitplanken und Grundregeln – aber keine Grenzen. Das nachfolgende Zitat empfinde ich als schönen Abschluss der Parade: "Wohin wollen wir denn mit unseren Projekten? (...) Wir wollen in den Ozean hinaussegeln und neue Länder entdecken. Denn genau deswegen sind wir doch alle im Projektmanagement gelandet. Oder?"

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Alle Kommentare (1)

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Daniel
Vienken

Die ausgelobten Preise gingen an folgende Gewinner:
Das Freiticket für die PM Welt am 21. April hat Sascha A. Carlin gewonnen.
Die beiden Jahresabos des projektmagazins gehen an Bernhard Schloß sowie an Sabine Pfleger und Lisa Schreiber von der collaboration Factory AG. Wir wünschen viel Spaß damit!