Pragmatisches Projektcontrolling für KMU
Pragmatisches Projektcontrolling für KMU
Wird Projektcontrolling eingeführt, müssen die dabei geschaffenen Strukturen und Prozesse nachhaltig sein. D.h. sie müssen auch dann noch gelebt werden, wenn die erste Euphorie der Einführung verflogen ist und die Beteiligten zum Tagesgeschäft übergehen. Dann erst zeigt sich, ob das Konzept sich im Projektalltag bewährt und auf Dauer Bestand hat. Nach der Vorarbeit, die in den Teilen 1 bis 4 dargestellt wurde, beschäftigt sich der letzte Artikel der Serie mit dieser wohl schwierigsten Aufgabe bei der Einführung von Projektcontrolling: Das erarbeitete Konzept muss wirksam in die Praxis übertragen werden.
Empfohlene Vorgehensweise: eine Stufenlösung
Pragmatisches Projektcontrolling bedeutet, eine einfache, "kleine" Lösung zu installieren, die schnell zum Erfolg führt. Sie baut auf der bestehenden Organisation, bereits vorhandenen Strukturen und Werkzeugen auf. Dabei werden nicht alle Anforderungen auf einmal erfüllt, vielmehr werden Prioritäten gesetzt. Mit der pragmatischen Lösung werden zunächst die Lücken geschlossen, die am meisten Probleme verursachen. Anschließend wird die installierte Lösung systematisch und schrittweise ausgebaut und optimiert.Das Prinzip der Stufenlösung, wie es in Bild 1 dargestellt ist, ist nicht auf das Projektcontrolling beschränkt. Es hat sich in KMUs in den unterschiedlichsten Praxisanwendungen bewährt, beispielsweise bei Prozessverbesserungen in der Fertigung oder beim Aufbau eines Qualitätsmanagementsystems.
Vorteile dieser Stufenlösung sind:
- Es gibt wenige Ansprechpartner.
- Die Kommunikationswege sind überschaubar.
- Der Nutzen ist deutlich erkennbar.
- Die Datenmengen sind überschaubar.
- Die Ergebnisse werden schnell sichtbar.
- Die eingeführte Lösung kann schrittweise verbessert werden.
- Die Nachhaltigkeit wird gesichert.
Das Stufenkonzept fördert die Nachhaltigkeit, da Probleme schneller erkannt und gelöst werden können. Außerdem lassen sich Verbesserungen frühzeitig vornehmen. Das verbessert die Praxistauglichkeit und die Akzeptanz. Die erreichte Lösung hat für andere Teilbereiche eine Vorbildfunktion, außerdem können die Erfahrungen, die bei der ersten Einführung gemacht wurden, die Einführung in anderen Teilbereichen erleichtern bzw. beschleunigen (Wissenstransfer).
1. Schritt: Prioritäten setzen und mit einer Teilmenge beginnen
Auswahl anhand des Firmenportfolios treffen
Grundsätzlich empfiehlt sich, anhand des Firmenportfolios (Teile 3 und 4) die Entscheidung darüber zu treffen, in welchen Projektarten (z.B. F&E-Projekte), Projektkategorien (z.B. "A"-Projekte) oder Unternehmensbereiche (z.B. Abteilung "Technik") das Projektcontrolling zuerst eingeführt werden soll. Existiert noch kein operatives Projektcontrolling, sollte es zunächst in den Projekten installiert werden, die wirtschaftlich am attraktivsten sind bzw. die meisten Mittel binden. Diese Informationen gehen aus dem Attraktivitätsportfolio hervor. Für die Einführung von strategischem Projektcontrolling bieten sich zunächst die Projekte an, die den größten Einfluss auf die Zukunft des Unternehmens haben (z.B. die Entwicklung neuer Produkte). Aus dem Risikoportfolio lässt sich ersehen, für welche Projekte die Einführung von Projektrisikomanagement am dringendsten ist (Teil 4).
Wurde das Portfolio im Managementkreis diskutiert, wie in Teil 3 vorgeschlagen, sollte eine solche Auswahl bereits feststehen. Es ist sinnvoll, diese Entscheidung mit Begründung an alle Beteiligten zu kommunizieren, um die Erwartungshaltung der Projektleiter, die durch die bisherigen Aktionen möglicherweise aufgebaut wurde, nicht zu enttäuschen. Denn sind die Projektleiter sehr engagiert und erwarten z.B., sofort mit dem Projektcontrolling zu beginnen, kann es sehr demotivierend sein, wenn die Unternehmensführung entscheidet, zunächst ein Controlling ausschließlich für F&E-Projekte einzuführen. Nur wenn den Beteiligten in einer solchen Situation verständlich erklärt wird, warum die Schließung dieser Lücke für das Unternehmen die höchste Priorität hat und welche Vorteile eine Stufenlösung bringt, werden sie dieses Vorgehen akzeptieren und mittragen.
Fand bisher noch keine Portfolio-Diskussion im Führungskreis statt, sollte dies in diesem Schritt nachgeholt werden, um das Einverständnis des Managements für die stufenweise Einführung von Projektcontrolling zu erhalten.
Beispiel: Auswahl einer Teilmenge
Das Management eines mittelgroßen Unternehmens entschied, zunächst für drei sehr hoch budgetierte "A"-Projekte, die in verschiedenen Verantwortungsbereichen lagen und einen wesentlichen Beitrag zum zukünftigen Erfolg der Firma leisten sollten, ein detailliertes operatives Controlling einzuführen. Ziel war es, die bei der Bestandsaufnahme erkannten Lücken (Teil 1) in der Projektplanung und -kontrolle möglichst schnell zu schließen: Bisher hatte die Transparenz des Projektfortschritts und der Probleme gefehlt, außerdem hatte es keine ausdrückliche Unterstützung des Managements gegeben.
2. Schritt: Eine "kleine" Controlling-Lösung für diese Projekte installieren
Das Konzept des Controllings sollte vollständig in die Praxis übertragen werden. Bei der Einführung von operativem Projektcontrolling sollte der Controller die Projektmitarbeiter bei den ersten Schritten intensiv begleiten, ihnen also z.B. beim Einstieg in die Projektplanung und das Reporting aktiv zur Seite stehen. Außerdem ist ein Prozess für eine stimmige und verlässliche Kostenzuordnung zu etablieren, was mit der Einweisung von Mitarbeitern, Tests und Überprüfungen verbunden ist. Weiterhin ist ein Kostenreporting für die Projekte aufzubauen, was ebenfalls - wenn noch keine Routinen und Auswertungen existieren - sehr zeitaufwendig sein kann.
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