Mikropolitik – heiligt der Zweck tatsächlich die Mittel? Machtspiele in Projekten – das Regelwerk

Teil 1:
Mikropolitik ist unvermeidlich aber beherrschbar

"Hinter meinem Rücken wurden Fakten geschaffen, die haben mich übergangen!" – In Situationen wie dieser unterstellen wir unseren Kollegen oder Vorgesetzten schnell ein sog. mikropolitisches Verhalten. Nicht immer steckt jedoch eine spezifische Absicht hinter den Handlungen oder Äußerungen unserer Mitmenschen. Wann Sie dagegen vorgehen sollten und wann nicht, verrät Ihnen der Projektmanager und Mediator Hendrik Hilmer.

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Mikropolitik – heiligt der Zweck tatsächlich die Mittel? Machtspiele in Projekten – das Regelwerk

Teil 1:
Mikropolitik ist unvermeidlich aber beherrschbar

"Hinter meinem Rücken wurden Fakten geschaffen, die haben mich übergangen!" – In Situationen wie dieser unterstellen wir unseren Kollegen oder Vorgesetzten schnell ein sog. mikropolitisches Verhalten. Nicht immer steckt jedoch eine spezifische Absicht hinter den Handlungen oder Äußerungen unserer Mitmenschen. Wann Sie dagegen vorgehen sollten und wann nicht, verrät Ihnen der Projektmanager und Mediator Hendrik Hilmer.

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Ihr Kollege aus dem Controlling hat Ihnen die aktuellen Quartalszahlen nicht innerhalb der vereinbarten Frist zugeschickt, deshalb können Sie Ihre Projektbudgetplanung nicht wie geplant abschließen. Nicht zum ersten Mal hat der Kollege nicht bis zum vereinbarten Zeitpunkt geliefert. Sie sind überzeugt: Das macht der doch aus purer Boshaftigkeit!

In Situationen wie dieser vermuten wir schnell ein sog. mikropolitisches Verhalten unserer Kollegen. Bei den meisten Menschen, mit denen ich darüber reden möchte, ist Mikropolitik stigmatisiert. Vielleicht weil sie, wie ich, schon Opfer mikropolitischen Verhaltens wurden und daher eine eher negative Einstellung zum Thema haben. Oder sie haben eine indifferente, vielleicht diffuse Vorstellung von mikropolitischem Verhalten, verbinden es jedoch mit etwas Unmoralischem, Anrüchigem und wollen sich deshalb nicht damit auseinandersetzen.

Schade, Mikropolitik ist für die meisten von uns ein sehr wichtiges Thema, weil wir selbst betroffen sind und Mikropolitik in der Regel gar nicht umgehen können. Zudem ist sie nützlich, um Handlungskompetenzen aufzubauen, die wir im täglichen Leben und unseren Projekten dringend benötigen, z.B. um Widerstände zu umgehen oder aufzuweichen.

Wann aber ist es angemessen, selbst auf Mikropolitik zurückzugreifen und wann sollten Sie bei anderen entschieden dagegen vorgehen? Haben Sie spontan moralische Bedenken, Informationen zurückzuhalten oder abzuwarten, bis sich dringende Anfragen von selbst erledigen? Beim Thema Mikropolitik sollten Sie sich intensiv mit sich und Ihren Werten auseinandersetzen. In diesem ersten Teil der zweiteiligen Artikelserie lernen Sie die verschiedenen Dimensionen der Mikropolitik kennen. Mit diesem Wissen können Sie sich gegen mikropolitisches Verhalten wehren, wenn dies erforderlich ist. Im zweiten Teil erfahren Sie, wie Sie Mikropolitik selbst gewinnbringend einsetzen, wenn dies möglich und angemessen ist.

Was ist Mikropolitik?

Klassisch verstanden ist Mikropolitik gerichtetes Verhalten, um seine persönlichen Interessen durch die Beeinflussung oder Instrumentalisierung anderer zu realisieren. Dabei können die persönlichen Ziele z.B. im Machterhalt oder in der Ausweitung des eigenen Handlungsspielraums liegen oder man versucht, sich dem Einfluss anderer zu entziehen (vgl. Neuberger, 2006; Solga & Blickle, 2012; Maier, 2018). Gelegentlich wird Mikropolitik auch als verdeckte Handlungen betrachtet.

Was ist mikropolitisches Verhalten?

Mikropolitisches Verhalten ist also planmäßig, mehr oder weniger verdeckt und verfolgt klar definierte Ziele des Handelnden. Dabei geht es um den persönlichen Vorteil. Die Auswirkungen auf das Umfeld oder die Mitmenschen stehen im Hintergrund – wenn sie überhaupt ins Kalkül einbezogen werden.

Die Mittel, um die erwünschten Zwecke zu erreichen, sind vielfältig und die verschiedenen Verhaltensstrategien entsprechend unübersichtlich. Um sich dem weiten Spektrum mikropolitischen Handelns zu nähern, biete ich eine Systematik an, die ich in der Vorbereitung auf einen Workshop zu diesem Thema an der Leuphana Universität Lüneburg entwickelte (Oktober 2018). In Tabelle 1 unterscheide ich nach den beiden Dimensionen "aktiv/passiv" und "aggressiv/defensiv".

Tabelle 1: Mikropolitisches Verhalten lässt sich in aktiv/passiv sowie aggressiv/defensiv einordnen
Dimensionen aktiv passiv
aggressiv (offensiv) zwingen verweigern
defensiv fliehen abwarten

Fakten schaffen für den eigenen Vorteil – aktiv-aggressives Verhalten

Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 2:
Wann darf ich Mikropolitik einsetzen und wann nicht?

"Kollegin Meier hält bewusst Information zurück. Die will mich ausbremsen!" Schnell unterstellen wir in Situationen wie dieser unseren Kollegen oder Vorgesetzten ein sog. mikropolitisches Verhalten.

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