HERMES – der Schweizer Standard für IKT-Projekte im Überblick
HERMES – der Schweizer Standard für IKT-Projekte im Überblick
Die Schweizer Bundesverwaltung hat ab 1975 mit HERMES bereits vergleichsweise früh eine eigene Projektführungsmethode entwickelt und standardisiert. Im April 2013 wird mit HERMES 5 die aktuelle Überarbeitung der Methode der Öffentlichkeit vorgestellt. Was bietet und leistet die Methode heute? Wie steht sie dabei im Vergleich zu anderen Methoden da? Und wie ist die Akzeptanz in der Projektmanagement-Fachwelt? Im Folgenden geben wir einen groben Überblick über HERMES und setzen es in Beziehung zu anderen Management-Standards, um Ihnen Orientierung zu geben und eine eigene Einschätzung zu ermöglichen.
Was ist HERMES?
HERMES ist eine Methode zum Führen und Abwickeln von Projekten im Bereich Informations- und Kommunikationstechnik (IKT). Sie wurde ab 1975 für die Rechenzentren der Schweizer Bundesverwaltung entwickelt und wird daher auch als die "Projektführungsmethode des Bundes (CH)" bezeichnet. Das Akronym "HERMES" steht für "Handbuch der Elektronischen Rechenzentren der Bundes, Methode zur Entwicklung von Systemen". Obwohl die Methode in der Schweiz speziell im öffentlichen Bereich als der Standard für die Projektabwicklung gilt, ist sie über die Grenzen der Schweiz hinaus nur wenig bekannt. Die Anwendung der Methode ist auf Schweizer Bundesebene für IKT-Projekte seit 1986 vorgeschrieben, aber auch bei vielen Kantonsverwaltungen, Stadtverwaltungen, Kantonalen Anstalten (Spitäler, Hochschulen, Krankenkassen) sowie bei einigen privatwirtschaftliche Firmen kommt Hermes zur Anwendung (ISB, Hermes Website).
Mit dem Einsatz von Hermes verfolgt das Informatiksteuerungsorgan des Bundes ISB (angesiedelt beim Eidgenössischen Finanzdepartement EFD) folgende Ziele (ISB, Hermes Website):
- gute Qualität der Informatiksysteme, da ein spezifisches Vorgehensmodell für die Entwicklung von IKT-Systemen integriert ist
- verbesserte Kommunikation zwischen Fachabteilung/Anwendern und Informatikbereich durch klare Rollen und Zuständigkeiten
- verkleinerte Projektrisiken, wie z.B. unklare Zuständigkeiten oder unstrukturierte Dokumentation
- reduzierter Entwicklungsaufwand durch Best Practice
- hohe Transparenz bei der Spezifikation von Projektarbeiten durch definierte und sauber abgegrenzte Ergebnisdokumente: Jeder Beteiligte weiß, welche Angaben zu einem System wo zu finden sind.
Das ISB entwickelt, pflegt und veröffentlicht die Methode im Namen der Bundesverwaltung, welche die Eigentümerin der Methode ist (ISB, Hermes Website). Sie stellt diese für alle Interessierten frei zur Verfügung. Innerhalb der Informatik-Prozesslandschaft des Bundes ist HERMES als Methode für den Kernprozess P05 "Lösungen entwickeln" (s. Bild 1) als Standard vorgegeben (ISB, Website des ISB):
Auch der Verein für e-Government Standards der Schweiz "eCH" (eCH, Website des eCH) setzt HERMES als Standard für die Projektabwicklung von IKT-Projekten.
Was macht HERMES aus?
HERMES ist kein generisches Projektmanagement-Kompetenzmodell wie die ICB der IPMA oder ein generisches Projektmanagementsystem wie beispielsweise der PMBOK® Guide des PMI oder PRINCE2. Die Besonderheit und Stärke von HERMES liegt in der engen Verzahnung von Projektführung mit inhaltlichen Aktivitäten. Mit anderen Worten: Im HERMES Projektvorgehen ist die Best Practice für die Entwicklung bzw. Adaption von IKT-Systemen an benutzerspezifische Anforderungen integriert. Damit rangiert die Methode eher in der Liga eines spezifischen Produktentwicklungsprozesses in der Automobil- oder Pharmaindustrie, als in der Klasse der reinen Projektmanagement-Methoden. HERMES umfasst neben dem eigentlichen Projektmanagement auch ausgefeilte Fachprozesse für IKT-Projekte (Projektdurchführung bzw. Systemengineering). Daraus resultiert die Einschränkung "Projektmethode für IKT-Projekte".
Die enge Verzahnung der Projektführung mit den inhaltlichen Aktivitäten des Fachprozesses schlägt sich konkret im standardisierten und strukturierten Arbeitsstrukturplan (ASP) nieder. Der ASP umfasst sämtliche Ergebnisse aus Projektführung und Projektdurchführung (inhaltliche Arbeit), welche in einer Projektphase relevant sind. Diese verknüpft er mit den erforderlichen Aktivitäten, Arbeitsschritten und mit den jeweils verantwortlichen Rollen. Der ASP umfasst damit mehr als ein herkömmlicher Projektstrukturplan, welcher in der aktuellen Version von HERMES nicht vorgesehen ist.
Die Methode liegt heute in zwei grundlegenden Ausprägungen für zwei Projekttypen vor: HERMES SE für die Systementwicklung sowie HERMES SA für die Systemadaption, d.h. für Evaluation, Kauf und kundenspezifische Anpassung eines IKT-Systems. Weiter gibt es Anpassungen für Organisationsentwicklungsprojekte (OM), sowie eine schlanke Version für Kleinprojekte.
Für die beiden grundlegenden Projekttypen gibt es jeweils ein eigenes Phasenmodell mit unterschiedlichen Entscheidungspunkten (s. Bild 2).
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Dipl. oec. Martin Kellerhals
03.04.2013