Meinungsbeitrag: Es soll nicht wieder so werden, wie es vorher war! Die Krise als Chance zur Transformation des Denkens und Handelns

Die Corona-Krise ist mit großen Herausforderungen verbunden. Um diese zu meistern, müssen wir unser Denken ändern. So gelingt die Transformation!

Um die Corona-Krise erfolgreich zu meistern, reicht rationales Denken allein nicht mehr aus: Da viele Faktoren hineinspielen, die unser Verstand nicht erfassen kann, braucht es zur Lösung der Probleme eine neue Denkstruktur. Wie diese aussieht und wie Sie sie erlangen, erklärt Silke Nierfeld.

Management Summary

Meinungsbeitrag: Es soll nicht wieder so werden, wie es vorher war! Die Krise als Chance zur Transformation des Denkens und Handelns

Die Corona-Krise ist mit großen Herausforderungen verbunden. Um diese zu meistern, müssen wir unser Denken ändern. So gelingt die Transformation!

Um die Corona-Krise erfolgreich zu meistern, reicht rationales Denken allein nicht mehr aus: Da viele Faktoren hineinspielen, die unser Verstand nicht erfassen kann, braucht es zur Lösung der Probleme eine neue Denkstruktur. Wie diese aussieht und wie Sie sie erlangen, erklärt Silke Nierfeld.

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3 Tage
14.05.2025
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Als ich Mitte Februar (vor Beginn von Restriktionen) in einem Drogeriemarkt von Hamsterkäufern fast umgerannt wurde, dachte ich darüber nach, was passieren würde, wenn die Situation wirklich dramatisch würde. Jeder von uns kennt passende Szenarien aus Hollywood Filmen. Ich stellte mir vor, wie Bewaffnete auf Parkplätzen von Supermärkten den Kunden ihre Lebensmitteltaschen abnähmen, weil sie selbst einfach kein Geld mehr hätten.

In der Not greifen Menschen auf archaische Verhaltensmuster zurück. Es besteht aber gleichermaßen die Chance, dass Menschen mit dem Mut der Verzweiflung nach oben springen, dass sie ihren Denkrahmen sprengen und eine höhere, komplexere Perspektive einnehmen. Dabei kann man sich kaum vorstellen, dass es etwas außerhalb des eigenen Denkrahmens geben könnte. Es gibt aber mentale Fähigkeiten, die buchstäblich Berge versetzen und Menschen, die angstfrei durch Krisen gehen. Was machen sie also anders?

In diesem Beitrag geht es darum, aufzuzeigen, dass Probleme DURCH die Art unseres Denkens erzeugt werden. Dementsprechend können sie auch durch Veränderung der Denkweise, durch Transformation gelöst werden. Die Schwierigkeit besteht darin, dass ausgerechnet der eigene Verstand der Gegner ist bei diesem Prozess. Ich baue in diesem Beitrag auf meine Artikel "Der Komplexität mit neuem Bewusstsein begegnen" und "Wie Change Management gelingt" auf. Dort beschreibe ich das holistische Bewusstsein als Voraussetzung einer neuen Denklogik, welche Lebendigkeit integriert und deshalb der komplexen Welt angemessen ist.

Holistisches Denken

Holismus ist eine zusammenhängende Theorie der Natur- und Geisteswissenschaften, nach der alle Daseinsformen im Universum (physikalische, biologische, aber auch kulturelle) die Tendenz aufweisen, sich zu höher integrierten, komplexeren Einheiten zusammenzuschließen. Integration ist mehr als Addition, es entstehen neue Qualitäten.

Holistisches Bewusstsein
Bild 1: Holistisches Bewusstsein

Rationales Denken basiert auf dem Gesetz der Kausalität, der Verknüpfung von Ursache und Wirkung. In der Dimension des Geistes, der Spiritualität sind alle Dinge miteinander verbunden (One-mind) und wechselwirken auf unbestimmt vielen Ebenen miteinander. Weil sich Ursache und Wirkung nicht voneinander trennen lassen, ist die Logik des Geistes nicht linear, sondern zirkulär.

Das Wirkprinzip des Geistes ist Synchronizität, das ist die Resonanz von inneren und äußeren Mustern, die zeitlich korrelieren aber nicht kausal verbunden sind. Dabei muss das innere Ereignis vor dem äußeren auftreten. Beispiel: Sie denken an eine Person und kurze Zeit später ruft diese bei Ihnen an. Holistisches Denken ist die nächst höhere Abstraktionsstufe des Denkens (Denken 3.0), welche Rationalität und Spiritualität verbindet und Lebendigkeit die Wechselwirkungen von Geist und Materie integriert. Es ist die Dimension der Seele, welche multidimensionales Denken und Handeln hervorbringt und souverän ist im Umgang mit Komplexität.

Altes und neues Denken

Rationales Denken ("das alte Denken") basiert auf einem mechanistischen Weltbild, der linearen Verknüpfung von Ursache und Wirkung. Dementsprechend ist auch das Wissenschaftsverständnis geprägt von eindeutigen, wiederholbaren Ereignissen, welche den Beobachter und dessen Bewusstsein außer Acht lassen. Es ist ein Denken in (messbaren, statischen) Zuständen statt in volatilen Prozessen mit Wechselwirkungen auf unbestimmt vielen Ebenen. Rationales Denken muss die Lebendigkeit ausschließen, um funktionieren zu können. So erklärt sich die allgemeine Hilflosigkeit im Umgang mit Komplexität, deren lebendige Anteile als Störfaktor der rationalen Weltsicht empfunden werden.

Neues, holistisches Denken ist ein Paradigmenwechsel, denn das holistische Weltbild betrachtet Geist und nicht Materie als Urgrund allen Seins. Holistisches Denken ist eine Synthese aus Intellektualität und Spiritualität und trägt den unterschiedlichen Wirkprinzipien beider Dimensionen Rechnung. Die Gesetze der Materie basieren auf Kausalität, dem Gesetz von Ursache und Wirkung. Diese Linearität entspricht exakt der Funktionsweise des Verstands.

Geist hingegen hat eine zirkuläre Logik, die für die meisten Menschen ein Buch mit sieben Siegeln ist. Weil die Dinge auf unbestimmt vielen Ebenen miteinander wechselwirken, können Ursache und Wirkung nicht voneinander getrennt werden. Das Wirkprinzip des Geistes ist die Synchronizität, das Zusammenfallen innerer und äußerer Muster, die zeitlich korrelieren, aber nicht kausal verbunden sind.

In der holistischen Denklogik bleiben die rationalen Denkstrukturen erhalten und man geht über sie hinaus in den trans-rationalen Bereich. Lineare Denkmuster sind notwendig für konkrete Handlungen, für die Umsetzung von Ideen. Wenn sie aber Grundlage von Lösungsfindung sind, dann sind die Ergebnisse unzureichend, weil der Verstand Komplexität bekämpft, statt sie zu nutzen.

Jedes komplexe Problem löst sich aus einer höheren Perspektive. Das bedeutet, dass sich komplexe Probleme nicht lösen lassen, indem man eine Ursache sucht, sondern indem man eine höhere Perspektive findet.

Der Weg zu neuem Denken

Das Bewusstsein der Menschen hat sich im Laufe der Zeit von prä-rationalen archaischen, magischen und mythischen Mustern zum rationalen Bewusstsein entwickelt. Jetzt befinden wir uns an der Schwelle zu einer neuen Bewusstseinsebene, dem holistischen Bewusstsein, welches souverän ist im Umgang mit Komplexität und die Probleme zu lösen vermag, die das alte Denken hervorgebracht hat. Höhere, komplexere Perspektive zu erreichen bedeutet, sich zuerst die unbewussten Annahmen der eigenen Sichtweise bewusst zu machen. Der häufigste Fehler besteht darin, den Dingen selbst Eigenschaften zuzuschreiben, die tatsächlich in der eigenen Sichtweise liegen.

Naturgemäß fangen Menschen erst dann an, eine Bereitschaft zu entwickeln, ihre Denkweise zu hinterfragen, wenn sie in einer Krise stecken, für die sie keine Lösungen finden können. Der Zustand muss als ausgesprochen drastisch empfunden werden und sich von den bekannten Krisen im Leben unterscheiden. Eine Scheidung, ein Jobverlust oder ein Trauerfall können als unvermeidbares Lebensrisiko eingestuft werden und führen deshalb nicht zwangsläufig dazu, die eigene Weltsicht infrage zu stellen.

Die aktuelle Krisensituation, deren Ausmaß noch niemand abschätzen kann, kann das Sprungbrett zu einem globalen Bewusstseins-Shift im Sinne einer höheren Denklogik sein. Es besteht die Chance, dass sich Wirtschaftssysteme und Gesellschaften aus ihren egozentrischen Sichtweisen herausentwickeln und zu einer neuen Ethik reifen, die den Kapitalismus in seiner bisherigen Form transformiert. In jedem Fall werden durch die Krise Strukturen und Prozesse zerlegt, die eines Wiederaufbaus bedürfen. Das ist die Gelegenheit, die Dinge besser zu machen als sie bisher waren.

Die Notwendigkeit, Unternehmen nicht nur zu digitalisieren, sondern auch in ihren Strukturen umzugestalten, um zukunftsfähig zu werden, ist hinreichend bekannt – nur die Erfolge bleiben aus. Das Agilitätskonzept erleichtert den Umgang mit Komplexität, weil es in kürzeren Zyklen denkt. Gleichwohl basiert es auf rationalem Denken, der linearen Logik von Ursache und Wirkung. Dementsprechend wird die Dimension der Lebendigkeit, die auf Synchronizität basiert nicht integriert, so dass deren multidimensionalen Wechselwirkungen immer wieder als neue Ereignisse oder Störfälle erlebt werden, die eine Anpassung der Vorgehensweise erforderlich machen. Agilität reagiert auf Komplexität. Souveräner Umgang mit Komplexität nutzt Lebendigkeit, statt sie als Störfaktor zu betrachten.

Es bedarf der nächsten Generation von Organisationsentwicklungskonzepten, den lebendigen Organisationen, um Komplexität zu wertschätzen und zu nutzen. Lebendige Organisationen basieren auf transrationalem, holistischem Denken und bringen Win-win-win Situationen hervor. Sinnerfüllte Mitarbeiter befördern den ökonomischen Erfolg von nachhaltigen Unternehmen, welche ein Gewinn für die Gesellschaft sind.

Doch zurück zur alten Normalität?

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Alle Kommentare (12)

Profile picture for user tomas.schiffbauer@intelli-it.de
Tomas
Schiffbauer

Ich hätte nicht damit gerechnet einen solchen, fast schon spirituellen, Artikel hier zu finden. Deshalb mein Danke an die Redaktion und die Autorin für den Mut es zu tun.
Gleichzeitig zeigt es mir, dass es offenbar, zumindest aktuell gefühlt und von mir wahrgenommen, mehr und mehr Menschen gibt, die sich aktiv damit beschäftigen, dass ein höher, weiter, schneller keine Zukunft mehr hat. Das macht wiederum mit Mut.
Lassen Sie uns alle gemeinsam eine bessere Welt gestalten.
Co-create a better world.
Danke

Hallo Herr Schiffbauer,

vielen Dank für Ihren Kommentar.
Dank positiver Bewertungen und Kommentare zu meinem ersten Artikel "Der Komplexität mit neuem Bewusstsein begegenen" konnte jetzt ein dritter Artikel erscheinen. Damals bewies das Projektmagazin den größten Mut. Der nächste Schritt wird die Websession sein, die Co-Kreation im Dialog anstrebt. Werden Sie dabei sein? Ich würde mich freuen!
Herzliche Grüße
Silke Nierfeld

Hallo Herr Schiffbauer,
schade, dass Sie nicht teilnehmen können. Wir zeichnen für alle Interessierten, die verhindert sind, die Session auf und stellen sie unseren Abonnenten als Video zur Verfügung (nach entsprechender Aufbereitung).
Davon ausgeschlossen sind jedoch die interaktiven Teile der Websessions, d.h. der Austausch innerhalb der PM-Community und die Fragen an die referierenden Experten. Wir würden uns freuen, wenn Sie an der übernächsten Session wieder teilnehmen können.
Freundliche Grüße aus der Redaktion
Daniel Vienken

Reza
Ram

Respekt und höchsten Dank an Frau Nierfeld und auch an die Macher von projektmagazin.de, dass ich diesen radikalen aber gleichzeitg hochvernünftigen Artikel im Kontext meiner Projekt Management Weiterbildung entdecken durfte!
Einmal durchlesen reicht mir nicht, ich werde die Kernpunkte mit interessierten Freunden und Kolleginnen besprechen und würde auch gerne an Online Webinars zu diesem Thema teilnehmen.

Guten Tag Herr Ram,
vielen Dank für Ihre netten Worte, die uns als Redaktion sehr freuen. Frau Nierfeld meldet sich sicher auch noch auf Ihren Kommentar. Ich hoffe, Sie haben auch die vorangegangenen Artikel von Frau Nierfeld und die aufgezeichnete Websession schon entdeckt? Wenn nicht, finden Sie hier noch die Links dazu:
Artikel: https://www.projektmagazin.de/artikel/change-management-unternehmenskul…
Artikel: https://www.projektmagazin.de/artikel/umgang_komplexit%C3%A4t_vuca
Aufgezeichnete Websession: https://www.projektmagazin.de/video/websession/souveraener-umgang-mit-k…

Ich finde es sehr schön, dass Sie das Thema mit Freunden und Kollegen diskutieren möchten. Vielleicht mögen Sie ja einen der Links mit Ihren Kontakten teilen, sodass der Artikel noch mehr Menschen erreicht und noch mehr Menschen darüber sprechen. Das wäre großartig!

Herzliche Grüße und viel Freude bei der Diskussion

Magdalena Riesch
Redaktion

Hallo Herr Ram,

schön, dass der Impuls Sie erreicht hat. Das aufgezeichnete Webinar hatte den Schwerpunkt "Unbestimmtheit". Es ist Teil eines umfassenden Konzepts zum souveränen Umgang mit Komplexität.

Beste Grüße
Silke Nierfeld