Der Managementberater Dr. Gerhard Wohland zum Umgang mit der Corona-Krise "In der Krise helfen nur gute Reflexe!"
Der Systemtheoretiker Gerhard Wohland versucht den Unternehmen auf die Schliche zu kommen, die erfolgreicher sind als ihre Konkurrenten. Trotz wiederholter Nachfragen zur Corona-Krise weigerte er sich, im Interview konkrete Ratschläge für Verhalten zu geben oder Vermutungen über die Zukunft anzustellen: "Theorie ist nur ein Denkwerkzeug, aus dem kein bestimmtes Handeln folgt. Und die Zukunft existiert in der Gegenwart noch nicht, kann also kein Forschungsgegenstand sein." Wie er seine Rolle sieht? "Ich mache Sackgassen und Hindernisse des Denkens sichtbar. Anderes wäre mir als Theoretiker peinlich!"
Der Managementberater Dr. Gerhard Wohland zum Umgang mit der Corona-Krise "In der Krise helfen nur gute Reflexe!"
Der Systemtheoretiker Gerhard Wohland versucht den Unternehmen auf die Schliche zu kommen, die erfolgreicher sind als ihre Konkurrenten. Trotz wiederholter Nachfragen zur Corona-Krise weigerte er sich, im Interview konkrete Ratschläge für Verhalten zu geben oder Vermutungen über die Zukunft anzustellen: "Theorie ist nur ein Denkwerkzeug, aus dem kein bestimmtes Handeln folgt. Und die Zukunft existiert in der Gegenwart noch nicht, kann also kein Forschungsgegenstand sein." Wie er seine Rolle sieht? "Ich mache Sackgassen und Hindernisse des Denkens sichtbar. Anderes wäre mir als Theoretiker peinlich!"
projektmagazin: Herr Dr. Wohland, obwohl "nur" Theoretiker werden Sie von Unternehmen beauftragt, deren praktische Probleme zu bearbeiten. Wieso?
Dr. Gerhard Wohland: Ich beobachte die wenigen Unternehmen, die die aktuell typischen Probleme bereits intelligent gelöst haben. Ich nenne diese Unternehmen dynamikrobuste Höchstleister. Ich versuche diese Unternehmen zu verstehen und so verständlich darüber zu berichten, dass es für meine Kunden nützlich ist. Vor ein paar Jahren hat das nur wenige interessiert, heute ist das Interesse groß.
Die dominierende Ursache aktueller Probleme in Unternehmen ist die stark gewachsene Dynamik.
projektmagazin: Womit erklären Sie sich das gewachsene Interesse?
Wohland: Die dominierende Ursache aktueller Probleme in Unternehmen ist die stark gewachsene Dynamik. Das führt dazu, dass die ehemals erfolgreichen Methoden zur Entwicklung von Unternehmen zunehmend scheitern. In dieser Hilflosigkeit werden auch Exoten wie ich um Rat gefragt.
projektmagazin: Was raten Sie Ihren Kunden in der aktuellen Krise?
Wohland: Meine Kunden sind in der Regel Unternehmer, nur selten Manager. Unternehmer sind gewohnt, Probleme zu erkennen und mit konstruktiven Ideen zu lösen. Mein Rat ist daher, auch die Probleme der aktuellen Krise genauso anzugehen. Unternehmer sind nicht die, die Rat brauchen, sondern die, die um Rat gefragt werden sollten.
projektmagazin: Wie kommen Sie darauf?
Wohland: Erfolgreiche Unternehmer sind Leute, die ständig kommunizieren, ständig fragen, ständig auf der Suche sind nach Menschen mit Ideen. Sie sind immer mit anderen im Gespräch – mit ihren Leuten, mit Kunden und mit Konkurrenten. Sie sind immer auf der Suche nach Möglichkeiten, um ihrem Unternehmen Nutzen zu bringen.
Konventionelle Berater braucht ein Unternehmer nur dann, wenn es ihm an Wissen mangelt.
projektmagazin: Wo kommen Sie da ins Spiel?
Wohland: Ich beobachte das Denken dieser kreativen Menschen und suche nach Hindernissen und Sackgassen, die sie selbst nicht bemerken können. Wenn ich welche finde, versuche ich diese sichtbar zu machen. Gelingt dies, werden sie sofort entsorgt. Denn wer denkt schon gern im Kreis. Ich liefere also nur die Werkzeuge für Ideen, nicht die Ideen selbst. Konventionelle Berater braucht ein Unternehmer nur dann, wenn es ihm an Wissen mangelt. Denn das kann man beim Berater kaufen. Wenn aber Ideen gebraucht werden, muss der Unternehmer wissen, dass er der qualifizierteste ist diese zu besorgen.
projektmagazin: Empfehlen Sie das auch für den Umgang mit der Corona-Krise?
Wohland: Ja, da besonders! Krise heißt, dass viel des im Alltag Gewohnten nicht mehr zur Verfügung steht. Es muss ständig auf Ungewohntes reagiert werden. Nur noch die schnellen Ideen können nützlich sein. Diese nennt man Reflexe. Boxer, Unternehmer und manchmal auch Manager haben solche nützlichen Reflexe. Auf diese reflextrainierten Menschen sollte man in der Krise hören. Das gilt besonders für die Menschen, die sich den gefährlichen Luxus leisten, auf Krisenprobleme mit Angst, Ärger oder Zorn zu reagieren.
Damit aus einer Krise eine Chance entstehen kann, muss sie erst einmal überwunden sein.
projektmagazin: Aktuell wird die Krise häufig als Chance beschrieben. Wie sehen Sie das?
Wohland: Damit aus einer Krise eine Chance entstehen kann, muss sie erst einmal überwunden sein. Solange dies nicht gelingt, dominiert die Gefahr großen Schadens oder gar des Untergangs. Es ist also sicherer, notwendige Innovation ohne Krise zu erzeugen oder durch Innovation eine Krise zu vermeiden.
projektmagazin: Wie ist Ihr Eindruck vom aktuellen Umgang mit der Krise? Wie ist die Stimmung in den Unternehmen?
Wohland: Ich beobachte, dass der zur Schau gestellte Dissens in Talkshows und öffentlichen Debatten abgenommen hat. Man fühlt, dass niemand eine Lösung haben kann. Dass man gemeinsam nach Lösungen für den nächsten Tag suchen muss. Man fühlt, dass man aufeinander angewiesen ist. Und deswegen interessiert man sich für die Sichtweisen anderer. Inzwischen ist die Krise aber schon so alt, dass sich diese neue Kultur bereits abzunutzen beginnt. Es gibt schon wieder Leute, die alleine Recht haben und in den Medien für Einschaltquoten sorgen dürfen. Wichtig ist, dass keine Panik entsteht. Panik ist immer irrational und erzeugt maximalen Schaden.
projektmagazin: Zum Abschluss: Wie hat die Krise Ihren eigenen Arbeitsalltag verändert?
Wohland: Meine Vorträge und Denkwerkstätten werden mit überraschend großer Kreativität ins Internet verlagert. Was nicht mehr geht sind Projekte zur Organisationsentwicklung. Das fehlt mir sehr. Über zu wenig Arbeit kann ich mich aber nicht beklagen.
projektmagazin: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Wohland.
Die Fragen stellte Daniel Vienken.
Mehr zu diesem Thema erfahren Sie in Dr. Stefan Hagens Videointerview-Reihe "Die Corona-Krise aus systemtheoretischer Perspektive. Gespräch mit Dr. Gerhard Wohland"