
Ayurvedisches Projektmanagement So managen Sie Stärken und Schwächen Ihrer Stakeholder
Ayurvedisches Projektmanagement So managen Sie Stärken und Schwächen Ihrer Stakeholder
Mit "Ayurveda" assoziieren die meisten wohl indisches Essen oder sanfte Medizin. Vielleicht denken manche auch an Esoterik und Rückzug aus der harten Realität. Ich möchte hier eine ganz andere Perspektive aufzeigen, die für viele vermutlich überraschend und sehr ungewöhnlich wirkt: Ich möchte Sie dazu anregen, die Stakeholder Ihres Projekts mit Hilfe der ayurvedischen Typenlehre besser zu verstehen und sie dadurch auch besser einzubinden.
Im ersten Teil dieser Artikelserie habe ich einführend die Vorteile von Projektmanagement nach Ayurveda skizziert und die drei Grundtypen "Kapha", "Pitta" und "Vata" vorgestellt. Daraus leitete ich Empfehlungen für den Umgang mit den verschiedenen Persönlichkeitstypen in den beiden Prozessgruppen nach PMBOK® Guide "Initiierung" und "Planung" ab. Im zweiten Teil beschäftige ich mich mit den drei restlichen Prozessgruppen: "Ausführung", "Überwachung und Steuerung" und "Abschluss".
Ausführung
PMBOK® Guide: "Ausführungsprozessgruppe – für die Ausführung des Plans und die Erledigung der Arbeiten, die dann in der Erstellung der geplanten Liefergegenstände des Projekts oder der (Teil-)Phasen münden"
Schnelligkeit und Offenheit des vata-betonten Stakeholders nutzen …
Der vata-betonte Typ kann sehr schnell sein, wenn es um die Erledigung von Aufgaben geht, da er diese gerne unverzüglich und mit Begeisterung angeht; zudem verfügt er über eine schnelle Auffassungsgabe.
Er nimmt wenig Rücksicht auf Traditionen und kennt keine Ehrfurcht vor Autoritäten, weshalb er auch unkonventionelle Lösungen für Probleme findet und gilt oft als Anwalt für gerechte Lösungen zum allseitigen Nutzen (Win-Win).
Eigene Fehler kann er gut eingestehen und Gegnern seiner Ideen zustimmen, wenn deren Argumente besser sind. Liegen gute Gründe vor, ist er offen dafür, von bestehenden Plänen abzuweichen. Durch seinen Hang zum Grundsätzlichen und Abstrakten hat er Prozessverbesserungen stets im Blick. Am liebsten würde er Änderungen sofort umsetzen – verweisen Sie ihn dann auf den Change-Management-Prozess, um unerwünschte Nebeneffekte und Unstimmigkeiten mit anderen Stakeholdern auszuschließen. Da er einvernehmliches Vorgehen bevorzugt, wird er demgegenüber offen sein.
… gleichzeitig Effizienz und Durchsetzungskraft fördern.
Der vata-betonte Typ neigt manchmal dazu, sich zu verzetteln. Statt Multitasking zu betreiben, sollte er Aufgaben besser seriell abarbeiten. Rufen Sie ihm dazu die Prioritäten ins Gedächtnis, um sicherzustellen, dass er diese richtig setzt. Sorgen Sie dafür, dass er seine Energie bündelt, indem Sie von ihm ein planvolles Vorgehen einfordern und ihn dabei fördern, damit er Aufgaben nur mit hinreichender Vorbereitung beginnt.
Er sucht bei Problemen gern nach grundsätzlichen Lösungen, auch wenn ein Workaround in der betreffenden Situation (z.B. bei Zeitdruck) die für das Projekt bessere Option wäre. Daher bietet es sich an, sich bei aufwändigen Lösungen seinen Ansatz erklären zu lassen und ggf. effizientere Lösungen einzufordern oder ihn zu ermuntern zu improvisieren.
Vermeiden Sie im Umgang mit vata-betonten Stakeholdern, unnötig Druck aufzubauen oder Situationen zu erzeugen, in denen er konkurrieren muss. Durch den Druck sinkt seine Leistung, da er sich schlechter auf sich und seine Aufgabe konzentrieren kann.
Wenn neue Ideen auftauchen, die ihn begeistern, können seine Zusagen (z.B. zu Ressourcen) ins Wanken geraten. Um sich gegen solche Fälle abzusichern, können Sie ihm gegenüber proaktiv die Konsequenzen einer solchen Entwicklung für das Projekt und alle Beteiligten darstellen. Gehen Sie frühzeitig auf ihn zu, wenn er Vereinbarungen nicht einhält – vielleicht hat er die Aufgabe lediglich vergessen. Vereinbaren Sie mit ihm, dass er sich rückmeldet, falls ihm etwas dazwischen kommt. Dies kann ihm leicht passieren, auch aufgrund seiner Offenheit gegenüber den Wünschen Anderer.
Als Führungskraft vermeidet der vata-betonte Typ es, autoritär zu führen. Zwischenmenschlichen Konflikten geht er tendenziell aus dem Weg und pflegt oft die Einstellung "Jeder nach seiner Fasson". Soll er bei Problemen Ihrer Ansicht nach eingreifen, unterstützen Sie ihn dabei, geeignete Maßnahmen durchzusetzen. Bahnen sich z.B. Konflikte im Projektteam an, ermutigen Sie ihn, die Situation zu klären oder lösen Sie sie gemeinsam mit ihm.
Mit der Energie eines pitta-betonten Stakeholders den Kessel unter Druck halten, ...
Ein pitta-betonter Mensch strebt bei seiner Arbeit nach hoher Qualität und erfüllt Vereinbarungen möglichst zu 100%. Beides erwartet er auch von anderen. Seine Arbeitsweise ist strukturiert, Probleme geht er aktiv an und setzt falls nötig "alle Hebel in Bewegung". Mit seinem vorbildlichen Engagement, oft gepaart mit einem großen Charisma, motiviert er auch andere zu Bestleistungen. Zudem kann er sehr bestimmt und autoritär auftreten. Herausforderungen und Konkurrenzsituationen spornen ihn an, sodass er selbst Unmögliches möglich macht. Für ihn ist das Beste gerade gut genug, auch bei Ressourcen und Zulieferungen.
… ohne sich an seinem Feuer zu verbrennen.
Einem pitta-betonten Menschen ist sein Image sehr wichtig. Oft möchte er als Tatmensch sowie als kompetent, qualitätsbewusst und innovativ angesehen werden. Die Schattenseite davon ist, dass er schnell auf Konfrontationskurs geht, wenn er sich kritisiert fühlt.
Bei Konflikten oder Dissens mit einem pitta-betonten Stakeholder sollten Sie immer darauf achten, dass er sein Gesicht wahren kann. Kommunizieren Sie deeskalierend: Bestätigen Sie ihn als Person, indem Sie Beziehungs- und Sachebene trennen und vermeiden Sie es, ihm direkt zu Widersprechen. Stellen Sie stattdessen Ihre Vorbehalte mittels Fakten neben seine Meinung, oder platzieren Sie Ihre Überzeugungen indirekt, indem Sie kritische Nachfragen stellen, z.B. "wenn wir es so machen, könnte dann nicht XY passieren?", "Warum sind Sie der Ansicht, dass ...?", "Was spricht aus Ihrer Sicht gegen Alternativvorschlag X?"
Rauch verzieht sich auch wieder
Pitta-betonten Menschen fällt es sehr schwer, Fehler und Irrtümer einzugestehen – erwarten bzw. fordern Sie solches daher niemals ein. Bemühen Sie bei einem offenkundigen Fehler eines pitta-betonten Stakeholders stattdessen eine Brücke zu schlagen, z.B. mit Humor. Seine direkte und manchmal scharfe Art kann verletzend wirken. Kritik von seiner Seite nehmen Sie daher am besten sachlich ernst, aber nicht persönlich. Wenn es doch einmal richtig kracht, Kopf hoch: Der Rauch verzieht sich wieder – Pitta-Typen sind nicht nachtragend.
Da es sich bei Pitta-Typen in der Regel um sehr dominante Charaktere handelt, sollten Sie es vermeiden, ihrem pitta-betonten Stakeholder direkte Anweisungen zu erteilen. Lassen Sie ihn stattdessen selbst seine Aktivitäten anbieten, z.B. indem Sie ihm mit den richtigen Fakten klar machen, was das Projekt von ihm benötigt.
Falls er seine Prioritäten zu Ungunsten Ihres Projekts ändert, sollten Sie ihn zunächst an seine Zusagen erinnern. Insbesondere wenn es noch einen anderen guten Grund dafür gibt, dass er Ihr Projekt wieder höher priorisiert, z.B. eine drohende Eskalation durch den Kunden, findet er vielleicht eine für das Projekt akzeptable Lösung. Unterstützen Sie ihn dabei, indem Sie sich an der Suche nach Problem-Lösungen beteiligen.
Dazu sollten Sie ggf. auch Mehrkosten für Ressourcen oder Expressversand etc. in Kauf nehmen, denn Termintreue ist ihm oft wichtiger, als das Einhalten eines Budgets. Sachzwänge wie Entscheidungen des Kunden oder höhere Gewalt akzeptiert er. Allergisch reagiert er, wenn er den Eindruck bekommt, dass höherer Aufwand aufgrund von Bequemlichkeit gescheut wird.
Mit einer kapha-betonten Person Geplantes stressfrei umsetzen …
Einmal in Schwung gekommen, erledigt eine kapha-betonte Person ihre Aufgaben zuverlässig und legt dabei große Ausdauer an den Tag. Auch von neuen Ideen lässt sie sich dann nicht ablenken und ist in der Lage, Druck standzuhalten. Fachliche Probleme löst sie pragmatisch nach dem Motto "Fünfe gerade sein lassen".
Das "dicke Fell" des kapha-betonten Typs zeigt sich auch im professionellen Umgang mit Kritik. Da der kapha-betonte Typ gesteigerten Wert auf gute Umgangsformen legt, sollten Sie dennoch darauf achten, Kritik freundlich und wertschätzend vorzutragen. Seinem gutmütigen und wohlwollenden Stil bleibt er auch als Führungsperson treu. Seien Sie ihm gegenüber offen für Anregungen zu Arbeitsatmosphäre und Teamkultur; wenn er sich bei diesen Themen einbringt, dann weil ihm angenehmes Arbeitsumfeld am Herzen liegt.
… und aktives Angehen von Problemen fördern sowie Veränderungen begleiten.
Der bekannte Satz von Konrad Lorenz "… gehört ist nicht verstanden, verstanden ist nicht einverstanden" usw. gilt bei ihm besonders, wegen seiner eher passiver Haltung und der Tendenz, auf etwas zu beharren.
Der kapha-betonte Typ neigt häufig dazu, Probleme auszusitzen und ist Veränderungen gegenüber weniger offen als die anderen Typen. Es besteht die Gefahr, dass er Veränderungen (z.B. ein neues Statusreporting) unvollständig umsetzt oder vorschnell verwirft. Sie können dem begegnen, indem Sie:
- bei ihm nachfragen, ob er alle benötigten Informationen und Ressourcen für seine Aufgabe hat, bzw. ob er die Veränderung akzeptiert. Eventuell sollten Sie in dieser Situation enger steuern, indem Sie mehr Zwischenstände vereinbaren.
- einfache, klare Ansagen machen – er kann damit gut umgehen. Offene Unmutsäußerungen von ihm sind selten und daher ein Alarmzeichen, daher sollten Sie diesen auf den Grund gehen.
- proaktive Mitteilung seinerseits über Schwierigkeiten loben oder anderweitig honorieren.
- angemessen eskalieren – unter allen Personenarten erkennt er formale Autorität am meisten an,
Überwachung und Steuerung
PMBOK® Guide: "Überwachungs- und Steuerungsprozessgruppe – für die Überwachung und Überprüfung der Projektarbeit, die Kontrolle des Projektfortschritts sowie die korrekte Identifizierung und das Management von Änderungen"
Mit einer vata-betonten Person das Gras wachsen hören…
Der vata-betonte Typ spricht mit vielen Personen und verfügt dadurch über viele inoffizielle Informationen. Gepaart mit seinem sehr feinen Gespür für Stimmungen, erkennt er früh Trends und sich anbahnende Konflikte. Daher sollten Sie ihm gegenüber stets ein offenes Ohr haben und sein Feedback wertschätzen.
… und es dann auch mähen.
- Der vata-betonte Typ schreckt nicht vor Veränderungen zurück, sodass er Planänderungen grundsätzlich offen gegenübersteht. Andererseits fällt es ihm oft schwer, Entscheidungen zu treffen. Gerne erörtert er einzelne Argumente für oder gegen eine Lösung in aller Breite – oder sucht nach alternativen Lösungen. Manchmal steckt dahinter die Scheu, sich festzulegen.
- Damit ein vata-betonter Stakeholder Entscheidungen nicht verschleppt, können Sie ihm Entscheidungshilfen geben, indem Sie Kriterien für ihn gewichten, z.B. Termineinhaltung über perfektem Projektergebnis. Falls es sich bei ihm um einen Kunden handelt, erfragen Sie seine Gewichtung der Aspekte des magischen Dreiecks.
Die Meinung von vata-betonten Menschen ist weniger festgefügt als die der anderen Typen. Entdecken oder vermuten Sie bei ihm eine einseitige oder falsche Wahrnehmung, können Sie diese evtl. korrigieren, indem Sie seine Meinung hinterfragen bzw. ihm proaktiv zusätzliche Informationen liefern.
Ergebnisse sichern
Betreiben Sie Ergebnissicherung, um Ihre Vereinbarungen gegen Meinungsumschwünge des Stakeholders zu schützen. Dazu sollten Sie in Besprechungen und Meetings stets konkrete Maßnahmen und Vereinbarungen (wer liefert was bis wann) beschließen. Halten Sie diese schriftlich fest und lassen Sie sich die Gültigkeit zeitnah von ihm bestätigen, z.B. indem Sie ihm ein Meeting-Protokoll zukommen lassen. Dokumentieren Sie im Protokoll auch den Weg zur Entscheidungsfindung (getroffene Annahmen, ausschlaggebende Gründe etc.), damit er die Argumente für eine Entscheidung auch mit zeitlichem Abstand nachvollziehen kann.
Mit einer pitta-betonten Person auf Erfolgskurs bleiben und Entscheidungen durchsetzen...
Schaffen Sie die richtigen Rahmenbedingungen, damit der Pitta-Typ seine Stärken ausspielen kann und zum Nutzen des Projekts einsetzt, als da wären: Entscheidungsfreude, Durchsetzungskraft, sowie Charme und Humor als Eisbrecher und zum Entschärfen von kritischen Situationen.
Schöpfen Sie, bevor Sie diesen Stakeholder heranziehen, zunächst Ihre eigenen Möglichkeiten zur Problemlösung aus. Probleme sollten Sie dennoch zeitnah andeuten; eine rote Status-Ampel aus heiterem Himmel erschüttert sein Vertrauen, was zu Eskalation führen kann. Im Gespräch mit ihm empfiehlt es sich, sich auf die anstehenden Ziele zu konzentrieren. Langweilen Sie ihn nicht mit Details, andererseits müssen Sie diese kennen, um auf evtl. Nachfragen einzugehen. Wenn Sie keinen Satz hören wollen wie: "bevor wir weitere Zeit verschwenden...", bereiten Sie Meetings mit ihm gut vor:
- Versenden Sie schon mit der Einladung eine gut strukturierte Tagesordnung; insbesondere der Zweck des Meetings und die Notwendigkeit für seine Teilnahme müssen sich ihm schnell erschließen.
- Haben Sie alle nötigen Fakten parat und generieren Sie daraus Handlungsoptionen und eine Beschlussvorlage – am besten mit unterstützenden Grafiken, um seiner visuellen Orientierung entgegenzukommen.
- Sorgen Sie dafür, dass alle Entscheider zugegen sind, damit am Ende des Meetings Beschlüsse getroffen sind.
- Minimieren Sie technische Hürden für seine Teilnahme, z.B. indem Sie die Agenda auf seinen Terminplan zuschneiden und nicht von ihm verlangen, sich ohne Unterstützung in virtuelle Meetings einzuwählen.
- Lassen Sie ihn priorisieren, z.B.: Zeitplan halten bei Mehrkosten, Risiken oder geringerem Scope
… dabei sachorientiert und kooperativ alle Klippen umschiffen.
Wollen Sie einen pitta-betonten Stakeholder von einem bestimmten Vorgehen überzeugen:
- Wählen Sie einfache und anschauliche Argumente, nennen Sie Ihr wichtigstes Argument zuerst
- Verwenden Sie Analogien, Referenzen und Gesamtsummen – diese überzeugen ihn mehr als Hypothesen und Detailanalysen
- Falls das Thema eine tiefergehende Argumentation erfordert, sollten Sie ihn zu Beginn darauf hinweisen, um kein vorschnelles "Nein" zu erhalten.
Falls es nicht möglich ist, das komplette Projekt zum geplanten Termin zu liefern, sollten Sie im Umgang mit diesem Stakeholder besser einen großen Schnitt anstreben, statt vieler kleiner Nachbesserungen. Dazu gehört, bei ihm frühzeitig die richtigen Erwartungen zu wecken, z.B. indem Sie mögliche Risiken nennen und grobe Schätzungen liefern. Parallel arbeiten Sie an einer belastbaren und exakten Neuplanung. Wenn Sie wiederholt um Terminverschiebung bitten müssen, verspielen Sie sein Vertrauen. Er denkt dann, dass Sie entweder ihm nicht die ganze Wahrheit sagen ("Salamitaktik"), oder das Projekt nicht im Griff haben – beides kommt bei pitta-betonten Stakeholdern sehr negativ an, da sie gerne alles unter Kontrolle haben.
In Eskalationssituationen kann es passieren, dass ein anderer Stakeholder zumindest Teile der Projektleitungsrolle übernimmt, z.B. Ihr direkter Vorgesetzter. Dann sollten Sie nicht Ihrem inneren Kapha-Anteil nachgeben und sich zurücklehnen, sondern aktiv auf eine Deeskalation hinarbeiten. Suchen Sie die enge Zusammenarbeit mit ihm, z.B. indem Sie ihn vor Meetings briefen und danach de-briefen. Das gilt besonders im Umgang mit pitta-betonten Stakeholdern, denn diese beweisen gerne Handlungsfähigkeit und machen in diesem Zusammenhang auch Zusagen, ohne sich vorher abzustimmen. Zeigen Sie ihm, dass Sie die Situation beherrschen, z.B. indem Sie den Projektfortschritt intern enger beobachten und steuern. So wird er schneller bereit sein, Ihnen die Verantwortung über das Projekt zurückzugeben.
Nutzen Sie bei einer Eskalation seine temporär erhöhte Aufmerksamkeit dem Projekt gegenüber, um von ihm Entscheidungen und wenn nötig z.B. zusätzliche Ressourcen einzufordern.
Mit einem kapha-betonten Stakeholder "den Ball flach halten" und Wogen glätten...
Eine kapha-betonte Person wirkt als Ruhepol. Dies können Sie sich für schwierige Gespräche und Entscheidungen zunutze machen:
- Seine ruhige und wohlwollende Ausstrahlung vermittelt Kunden Zuversicht sowie Vertrauen in die Kompetenz des Teams und wirkt deeskalierend vor dem Change Control Board
- Sein gutes Gedächtnis und seine Fachkompetenz gewährleisten Konstanz sowie fundierte Entscheidungen und machen ihn zum Anwalt für Bestehendes/Vereinbartes; damit hilft er, unnötigen Zusatz-Aufwand zu vermeiden.
Damit er seine Vorzüge voll ausspielt, sollten Sie:
- Sicherstellen, dass er alle Informationen zur Verfügung hat und alles verstanden hat (dazu ggf. geeignete Ansprechpartner für die Bereitstellung z.B. von Spezifikationen, Beispielen oder Erklärungen organisieren).
- Ihm explizit das Wort erteilen (da er dieses nicht immer von sich aus ergreift, selbst wenn er etwas beitragen kann).
Vorsicht: Seine gelassene Art kann pitta-betonte Personen erzürnen, insbesondere in kritischen Projektphasen.
Betrachten Sie seine grundsätzliche Gelassenheit als hohes Gut, welches es zu bewahren gilt, denn dadurch ist er am ehesten von allen Typen bereit, "Unvermeidliches" hinzunehmen und seine Erwartungen an einzelne Aspekte des Projektergebnisses nach unten zu korrigieren, z.B. trotz hohem Einsatz nicht eingehaltene Termine.
Sorgen Sie dafür, dass er gelassen bleibt, z.B. indem Sie Probleme auch ohne ihn lösen und ihn lediglich im Nachhinein informieren bzw. sich Maßnahmen von ihm abnicken lassen. Er hat von allen Typen das geringste Bedürfnis, jederzeit über alles auf dem Laufenden gehalten werden.
… aber tun, was getan werden muss.
Erledigen Sie Ihre Hausaufgaben im Hintergrund, ohne auf Aufforderung oder gar Kritik von ihm zu warten. Stellen Sie gleichzeitig sicher, dass er wie vereinbart liefert, indem Sie zeitnah nachhaken – er neigt dazu abzuwarten, wenn Ihm Input für Aufgaben fehlt.
Minimieren Sie seinen Widerstand gegen Änderungen, indem Sie:
- seine Bedenken aufnehmen
- ihm praktische Vorteile für ihn und sein Budget / seinen Geldbeutel erklären
- wenn möglich parallel zu Änderungen erste Erfolge oder Referenzen vorweisen – kapha-betonte Personen übernehmen nur selten die Rolle von Vorreitern.
- eventuell anbieten, die Änderung probeweise/begrenzt einzuführen und endgültige Entscheidung nach Evaluierung zu treffen.
Damit Sie auf ihn zurückgreifen können, wenn Sie ihn benötigen, hilft es:
- Seiner Fachkompetenz Wertschätzung zu zollen.
- Sich bei ihm den Ruf zu erarbeiten, dass Sie ihn nicht unnötigerweise behelligen, z.B. indem Sie proaktiv überlegen, wie Sie den Aufwand für ihn minimieren können.
- Falls er ausgebucht ist, fragen Sie ihn nach Alternativen, damit Sie nicht warten müssen, z.B. anbieten, dass er einen autorisierten Vertreter schickt – oft kommt er dann doch selbst.
Abschluss
PMBOK® Guide: "Abschlussprozessgruppe – um eine Phase oder das Projekt formell abzuschließen"
Die Ideenfreude von Vata-Typen für die Zukunft nutzen …
Vata-Typen sind Freunde einer geordneten Übergabe des Ergebnisses sowie Archivierung der Unterlagen für nachfolgende Teams. Bei Lessons-Learned-Meetings glänzen sie mit wertvollen Beiträgen zur langfristigen Weiterentwicklung, besonders zu Prozessen und Methodik. Bei einem Erfolg drücken Sie ihre Freude häufig aus und bedanken sich beim Team.
...aber ohne "Goldplating" zielstrebig das Geleistete formal abschließen.
Ein vata-betonter Mensch wird eher geleitet durch den Willen zu Wahrheit und Gerechtigkeit als durch wirtschaftliche Interessen oder "Politik". Deshalb neigt er dazu, das Soll überzuerfüllen. Dieses "Goldplating” gilt es zu vermeiden. Machen Sie ihm daher klar, dass Vereinbarungen unbedingt einzuhalten sind – selbst wenn seine Einwände dem gesunden Menschenverstand entsprechen. Als Auftraggeber z.B. ist es seine Aufgabe, zuerst das Gelieferte anhand des Auftrags formal abzunehmen.
Als Vertriebsmitarbeiter oder Manager der eigenen Organisation sollte er das dem Kunden gegenüber klar vertreten. Motivieren Sie ihn dazu, indem Sie ihn darauf hinweisen, dass die Abnahme durch den Kunden eine Honorierung der Leistung des Projektteams darstellt. Dies motiviert einen Vata-Typen mehr, als die Befürchtung, dass sich die Abnahme z.B. durch einen weiteren Entwicklungs- und Testzyklus deutlich verschieben könnte. Bieten Sie ihm an, sinnvolle Zusatzfunktionen, die nicht Teil des ursprünglichen Scopes waren, in einer neuer Phase oder einem weiteren Projekt umzusetzen.
Ähnliches gilt auch für Lessons Learned. Erinnern Sie ihn daran, das Geleistete zu würdigen ("das Glas ist halbvoll"). Bitten Sie ihn, sich bei den Themen Kritik und Verbesserungspotential auf konkrete Punkte und die wichtigsten Aspekte zu konzentrieren.
Da der Vata-Typ gerne sämtliche Erwartungen erfüllt, sollten Sie ihn beim Projektabschluss unterstützen, wenn der Kunde die Abnahme verweigert:
- Vereinbaren Sie mit dem Kunden eine Klausel über eine "stillschweigende Abnahme" (z.B. vier Wochen nach Ausbleiben eines qualifizierten Mängelberichts).
- Rechnen Sie ausgelassene/verschobene Leistungen gegen erbrachte Zusatzleistungen auf
- Führen Sie notfalls eine "Abnahme mit Einschränkungen" durch, um das Projekt größtenteils zu schließen und entsprechende Rechnungen stellen zu können
Mit einer pitta-betonten Person souverän den wirtschaftlichen Erfolg sichern...
Ein pitta-betonter Stakeholder wird ein Projekt am schnellsten formal abschließen, da er im Vergleich am stärksten betriebswirtschaftlich denkt. Mit seiner überzeugenden Art gelingt es ihm, Druck aufzubauen oder für Rückenwind für einen schnellen Abschluss zu sorgen. Projektabnahmen bekommt er oft quasi im Vorübergehen, indem er sie als reine Formalität darstellt. Zudem ist er gut darin, Fehler und die Schuld für Mängel oder Probleme bei anderen zu finden.
Als Auftraggeber scheut er sich nicht, bei Mängeln eine Nachbesserung oder einen Nachlass zu verlangen. Lessons-Learned-Meetings hilft er kurz zu halten, indem er seine Verbesserungsvorschläge sowie Kritik gerne stattdessen im direkten Gespräch äußert und sich auf die ihm wichtigsten Punkte beschränkt.
… auf Wahrung der Qualitätsstandards bei Abschluss achten, Restarbeiten terminieren.
- Komplettheit der Übergabe und Unterlagen sicherstellen – "das gehört dazu"
- Bei Mängeln in seiner Verantwortung: zunächst auf direktem Weg Nachbesserungen aushandeln, dann aber terminieren und fixieren – sonst werden sie leicht aufgrund anderer Prioritäten vergessen
- Einzig ihr Hang zum Perfektionismus und Ehrgefühl können sie zu "Goldplating" verleiten – Bedenkzeit erbitten, Ad-hoc-Zusagen gegenüber Kunden vermeiden
Mit einer kapha-betonten Person sauber abschließen...
Die gewissenhafte Art des kapha-betonten Typs führt dazu, dass er Endprodukte in der Regel vollständig und schnörkellos übergibt. Als Kunde/Abnehmer reagiert er aufgrund seines wohlwollenden Temperaments bei nachvollziehbarer Begründung häufig mit Verständnis, sollte das Ergebnis nicht zu 100% den Projektzielen entsprechen. Zu Lessons-Learned-Meetings trägt er konkrete Verbesserungsmöglichkeiten bei; Kritik übt er maßvoll. Und schließlich weiß er als Genussmensch einen Projekterfolg angemessen zu feiern.
… und gegen Widerstand vom Kunden / Lieferanten bei der Abnahme ggf. unterstützen.
Eine kapha-betonte Person wird zielstrebig die Projektabnahme angehen, wenn dies jedoch einmal ins Stocken kommt, braucht sie ggf. einen neuen Anstoß von außen, um die Aktivität wieder aufzunehmen.
Zeigen Sie dem Kapha-Typen auf, welche Vorteile der Abschluss für ihn mit sich bringt, z.B. dass das "Hinterherlaufen" für ihn und den Kunden/Lieferanten ein Ende hat, Folgeprojekte starten können – was z.B. für ihren eigenen Account-Manager neuen Umsätze bedeutet. Helfen Sie ihm dabei, sich nicht unbegrenzt hinhalten zu lassen: Bitten Sie ihn, Terminzusagen einzufordern oder alternativ selbst Termine zu setzen. Seien Sie dem kapha-betonten Stakeholder ein Vorbild, indem Sie konsequent nachhaken, ggf. eskalieren. Machen Sie ihm klar, dass Zugeständnisse an den Kunden in dieser Phase nur dann gemacht werden, wenn diese sehr gut begründet sind – und nicht "um des lieben Friedens willens".
Fazit
Die Typen-Klassifikation des Ayurveda ist leicht zu erlernen und sehr praxisrelevant, denn jedem von uns sind die drei Grundtypen wohl schon begegnet: drahtige kommunikative Querdenker, die sich ungern festlegen lassen wollen; sportliche, durchsetzungsstarke, charmante Hitzköpfe; und stämmige "Felsen in der Brandung", die sich nicht aus der Ruhe bringen lassen.
Bei einem in diesem Sinne "ayurvedischen" Projektmanagement berücksichtigen Sie solche Persönlichkeitsunterschiede beim Umgang mit Stakeholdern, angefangen von der Art der Kommunikation, über die Vergabe von Aufgaben bis hin zum Managen von Risiken. Wie dies bei den verschiedenen Projektaktivitäten aussehen kann, wurde mit vielen praxiserprobten Empfehlungen ausgeführt.
Verstehen Sie diese Empfehlungen bitte nicht als schematische "Kochrezepte", sondern als Anregungen, um eigene Erfahrungen zu sammeln, das eigene Führungsverhalten zu reflektieren sowie Ihren Stakeholdern verständnisvoll und wertschätzend zu begegnen.
Literatur
- Frawley, David: Mit dem Herzen denken. Die Psychologie des Ayurveda, Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf 2011
- Mattausch, Jutta: Ayurveda. Handbuch der Energietypen, Windpferd Verlagsgesellschaft mbH, Oberstdorf 2007
- Project Management Institute (Hrsg.): A Guide to the Project Management Body of Knowledge (PMBOK Guide) – 5th Edition, PMI, Atlanta 2013
- Schrott, Ernst: Ayurveda. Das Geheimnis Ihres Typs, Goldmann Verlag, München 2003
- Yoga Vidya e.V.: Ayurveda Test
- Zandhuis, Anton; Snijders, Paul; Wuttke, Thomas: Eine Zusammenfassung des PMBOK® Guide – kurz und bündig, Van Haren Publishing 2014