Drehen Sie am Rad?!? Gut – solange Sie in beide Richtungen drehen!
Paul H. war vor einigen Jahren noch ein Change Manager mit Leib und Seele: Wie elektrisiert trieb er den Wandel und die Veränderungsprozesse bei seinem Arbeitgeber, einem Kältetechnikunternehmen, voran. Heute steht er Change-Projekten deutlich distanzierter gegenüber. Warum? Ein Grund für seine Zurückhaltung ist sicher seine langfristig aufsummierte Erschöpfung. Als ich ihn vor drei Monaten kennenlernte, rotierte er im wahrsten Sinne des Wortes – und zwar immer in die gleiche Richtung. Warum ihn das auslaugte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Drehen Sie am Rad?!? Gut – solange Sie in beide Richtungen drehen!
Paul H. war vor einigen Jahren noch ein Change Manager mit Leib und Seele: Wie elektrisiert trieb er den Wandel und die Veränderungsprozesse bei seinem Arbeitgeber, einem Kältetechnikunternehmen, voran. Heute steht er Change-Projekten deutlich distanzierter gegenüber. Warum? Ein Grund für seine Zurückhaltung ist sicher seine langfristig aufsummierte Erschöpfung. Als ich ihn vor drei Monaten kennenlernte, rotierte er im wahrsten Sinne des Wortes – und zwar immer in die gleiche Richtung. Warum ihn das auslaugte, erfahren Sie in diesem Beitrag.
Worum geht es hier?
In diesem Blogbeitrag erfahren Sie, warum eine Jahrtausende alte Technik aus der sanften Kampfkunst "Taijiquan" für Menschen im turbulenten Projektalltag Gold wert sein kann und was diese mit der belebenden Wirkung einer Achterbahnfahrt gemeinsam hat. Am Ende lernen Sie zwei praktische Übungen kennen, die Ihnen in Veränderungsprozessen helfen, bei Kräften und bei klarem Verstand zu bleiben.
Viele Menschen brennen nicht wegen der Arbeit an sich aus, sondern wegen einer fehlenden Bewegungskomponente: Dem Mikro-Rückwärtslooping.
Sie werden denken: "Der spinnt, ich kann doch in meinem Alter keinen Rückwärtssalto mehr lernen!" Das müssen Sie auch gar nicht. Aber ich lege Ihnen einen Mikro-Rückwärtssalto mit den Händen ans Herz. Denn den Mikro-Vorwärtssalto sehe ich in Change-Prozessen andauernd.
Bei Paul H. schaute das dann so aus: Er zog die immer gleichen Kreise, die damit verbundene Armbewegung erinnerte an endlos hintereinander geschaltete Vorwärtsloopings. Rückwärtssaltos, also die umgekehrten Bewegungen suchte ich vergeblich. Doch was ist daran so schlimm?
Machen Sie den Test!
Welche Bewegung aus Bild 1 können Sie leichter mit der Hand nachmachen – die linke oder rechte Schwungfolge? Wer der linken Schwungfolge mit seinem Zeigefinger leichter folgen kann, der kommt gut mit Beschleunigung und hoher Geschwindigkeit zurecht, sollte jedoch auch mal den Fuß vom Gas nehmen, weil er sonst langfristig ausbrennt. Wer der rechten entspannter folgen kann, nimmt sich gerne Zeit zum Nachdenken und freut sich über Verschnaufpausen, darf sich jedoch auch gerne mal gegen sein Naturell verausgaben.
Bitte drehen Sie am Rädchen!
Man sollte immer in beide Richtungen drehen, denn Drehungen in nur eine Richtung überstrapazieren unser Nervensystem und den ganzen Organismus. All unsere Strukturen sind auf den Wechsel von Beanspruchung und Entlastung ausgelegt. Wenn wir nun beginnen, immer die gleichen Bewegungen zu vollziehen, führt das unwiderruflich zu Abnutzungs- und Ermüdungsschäden. Darüber hinaus langweilen wir mit dem eintönigen Antreiben auch irgendwann die Zuhörer.
Wie sich die Loopings auf die Atmung auswirken
Im Stress (bei schnellen Vorwärtsloopings der Hände) atmen Menschen meist nur in den oberen Teil der Lunge, beim Krafttanken und Entspannen (bei langsamen Rückwärtsloopings) in die unteren Bereiche der Lunge.
Da die Lunge eine Birnenform hat, ist oben nur wenig Luftvolumen (Hubraum) und damit Energie zu holen, unten dafür umso mehr. Wer also nur den oberen Teil der Lunge nutzt, kommt zwar schnell an Energie, zahlt jedoch langfristig einen hohen Preis, weil das die Muskeln sehr anstrengt.
Paul H. vollführte diese Handgelenks-Vorwärtssaltos beim Beschreiben seiner beruflichen Situation zwar nur mit seinen Armen und nicht wie ein Turner mit dem ganzen Körper. Doch der Effekt ist der gleiche wie in einem Wettkampf. Eine Zeit lang können wir das so einseitig machen, doch irgendwann brauchen wir die Umkehrbewegung, um unseren Akku wieder aufzuladen. Wir können ja auch nicht nur Ausatmen und auf die Einatmung verzichten.
Beobachtungsübung für das nächste Meeting
Achten Sie bitte im nächsten Teammeeting auf die Mund- und Handbewegungen der Akteure. Während auf der Tonspur etwas zu hören sein wird wie: "Wir müssen die Fristen einhalten, die Bedürfnisse des Kunden erfüllen, zügig die nächsten Schritte gehen.", werden Sie Hände sehen, die fortlaufend Kreise beschreiben. Allerdings in die immer gleiche, monotone Richtung: nach vorne oben.
Wir Bewegungsingenieure sagen dazu: "Die drehen von morgens bis abends ihre Vorwärtsloopings mit den Armen!" Das sieht dann so aus, als würden die Sprecher permanent mit ihren Händen imaginäre Hürden überwinden. Diese Drehbewegungen können kurzzeitig sehr mitreißend und motivierend wirken, auf die Dauer langweilen bzw. erschöpfen sie alle Beteiligten jedoch.
Seelsorger übertreiben gerne in die andere Richtung
Ganz anders stellt sich dieses Phänomen übrigens bei Geistlichen und Psychotherapeuten dar, denn die drehen am liebsten Rückwärtsloopings! Sie überspringen mit ihren Fingern nicht die imaginären Hindernisse, nein, sie unterwandern in der Rückwärtsbewegung die gedachten Hürden. Von außen sieht das nach klassischen Achterbahnloopings aus, nur eben meist sehr langsam.
Beide Gruppen, die "Kopfarbeiter" und die "Seelenarbeiter" drehen am Rädchen, nur eben in entgegengesetzte Richtungen und mit unterschiedlichem Tempo. Keine der beiden Varianten ist falsch oder besser als die andere! Doch erst der sinnvolle Wechsel zwischen diesen beiden Bewegungen, vorwärts und rückwärts lässt Menschen langfristig leistungsfähig bleiben.
Nutzen Sie beiden Bewegungsvarianten!
Hier kommt nun die asiatische Bewegungskunst "Taijiquan" ins Spiel. Als ich sie kurz nach meinem Start in den Beruf als diplomierter Sportlehrer kennenlernte, war ich es gewohnt, alle Hürden als leistungsorientierter, vorwärts gerichteter "Springer" zu meistern. Daher überforderten mich die rückwärts einfedernden Bewegungen der sanften Kampfkunst zunächst komplett.
Es dauerte mehr als zehn Jahre, bis mir klar wurde, worin der zentrale Nutzen dieses Bewegungssystems für uns "Lösungssprinter des Alltags" besteht: Es stellt unserem andauernden, proaktiven Handlungsdrang (nach vorne oben) eine regenerative Bewegungsalternative (nach hinten unten) an die Seite.
Schauen Sie doch mal in mein 5-Elemente-Video rein, hier können Sie ab Sekunde 43 einige dieser regenerativen Bewegungen entdecken.
Praxisübungen für die "Changesprinter"
Übung 1: Wechseln Sie mit dem Bleistift auf einem Blatt Papier fließend vom Vorwärtslooping in den Rückwärtslooping. Das gleicht auf ganz einfache Weise Ihre Atmung aus (siehe Kasten) und hält das vegetative Nervensystem in dynamischer Balance, nebenbei erweitert es auch Ihre koordinativen Fähigkeiten).
Übung 2: Stellen Sie sich mit einem Ball (z.B. Hand- oder Tennisball) im Abstand von ca. vier Metern vor eine Wand. Nun werfen Sie den Ball eine Minute lang so gegen die Wand, dass Sie ihn anschließend locker wieder fangen können. Beim Werfen trainieren Sie vorwiegend den Mikro-Vorwärtslooping und beim Fangen den Mikro-Rückwärtslooping mit den Armen.
Trainieren Sie diese beiden Bewegungsmuster am besten spielerisch in Ihrem Alltag. Oder integrieren Sie gar einige Wurf- und Fangübungen in das nächste Meeting. Sie werden feststellen, dass der Wechsel aus Fangen und Werfen nicht nur die Atmosphäre auflockert, sondern auch für frische Kraft bei allen Akteuren sorgt. Paul H. wird Ihnen das bestätigen. Er hat auch immer ein Notizheft dabei, indem er seine Kreise zieht, wenn er wieder Gefahr läuft, vorneweg zu galoppieren.
Sollten Sie noch immer unsicher sein, was das mit dem Vorwärts- und Rückwärtslooping auf sich hat: Ich verspreche Ihnen, Sie werden im nächsten Teamstatusmeeting viele "Nach-vorne-oben-Rädchendreher" und nur sehr wenige "Nach-hinten-unten-Regenerierer" entdecken.