Wieviel Granularität ist nötig? Mit dem Reifegradmodell zur passgenauen Ressourcenplanung

Teil 2:
Anwendung in der Praxis

Projekte schnell mit den richtigen Ressourcen besetzen zu können und gewappnet für zukünftige Projekte zu sein – das ist das Ziel einer erfolgreichen Ressourcen- und Kapazitätsplanung. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Ressourcenmanagement notwendig, das einerseits genügend Information bietet, anderseits möglichst wenig Pflegeaufwand für alle Beteiligten bedeutet. Eva-Marie Granz stellte in Teil 1 der zweiteiligen Artikelserie das Reifegradmodell zur Bestimmung des richtigen Detaillierungsgrads vor. In Teil 2 beschreibt sie nun die Umsetzung in der Praxis.

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Artikelserie

  1. Aufbau des Modells
  2. Anwendung in der Praxis

Wieviel Granularität ist nötig? Mit dem Reifegradmodell zur passgenauen Ressourcenplanung

Teil 2:
Anwendung in der Praxis

Projekte schnell mit den richtigen Ressourcen besetzen zu können und gewappnet für zukünftige Projekte zu sein – das ist das Ziel einer erfolgreichen Ressourcen- und Kapazitätsplanung. Um dieses Ziel zu erreichen, ist ein Ressourcenmanagement notwendig, das einerseits genügend Information bietet, anderseits möglichst wenig Pflegeaufwand für alle Beteiligten bedeutet. Eva-Marie Granz stellte in Teil 1 der zweiteiligen Artikelserie das Reifegradmodell zur Bestimmung des richtigen Detaillierungsgrads vor. In Teil 2 beschreibt sie nun die Umsetzung in der Praxis.

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Wenn Unternehmen bei der Einführung einer Ressourcen- und Kapazitätsplanung unüberlegt vorgehen, bringt das meist nicht den gewünschten Mehrwert. Ohne ein strukturiertes Modell kann die Einführung schnell sehr ineffizient verlaufen und muss schlimmstenfalls ohne Abschluss abgebrochen werden – z.B. wenn sich der Detailierungsgrad von Projektplänen und geplantem Ressourcenmanagement stark unterscheidet, sich ein detailliertes Ressourcenmanagement als deutlich aufwändiger herausstellt als gedacht oder die langfristigen Ziele der Ressourcenplanung schlicht nicht ausreichend spezifiziert wurden.

Orientierung bei der Einführung gibt ein Ressourcenreifegradmodell, das es ermöglicht, die Ausgangslage im Unternehmen sowie die Zielvorstellung grafisch in einer Matrix darzustellen und daraus das strategische Vorgehen abzuleiten. Im ersten Teil der Artikelfolge haben Sie das Reifegradmodell kennengelernt, das aus einer Matrix mit fünf Ebenen und sieben Dimensionen besteht (Tabelle 1).

Für alle, die das Ressourcenmanagement-Reifegradmodell selbst anwenden möchten, habe ich im zweiten Teil das Vorgehen anhand von drei typischen Anwendungsfällen aus der Praxis skizziert. Alle drei Unternehmen haben unterschiedliche Ausgangslagen und Zielvorstellungen hinsichtlich ihres Ressourcenmanagements. Ich habe jeweils die Ausgangslage mit RMRM-Matrix, die Zielvorstellung mit zugehöriger Matrix sowie das strategische Vorgehen beschrieben.

Tabelle 1: Die RMRM-Matrix mit fünf Ebenen und sieben Dimensionen.
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Beispiel 1 – Reifegradsprung von Ebene 1 auf Ebene 5

Ausgangslage

Im Beispiel 1 befinden wir uns in einem Unternehmen, welches bezogen auf die Granularität der Zuweisungen sehr uneinheitlich vorgeht. Einige Abteilungen betreiben zwar eine sehr detaillierte Ressourcenplanung, halten diese aber separat von den Projektplänen.

Andere Abteilungen planen nur sehr grob die Gesamtanzahl der Planstunden auf Gruppenebene. Das größte Problem stellt die unvollständige Erfassung aller Projekte dar: Es gibt keine allgemeingültige Zusammenfassung aller relevanten Projekte. Somit fehlt die Basis für eine durchgängige Ressourcenplanung.

  • Projektrollen sind vorhanden und werden auch schon differenziert zu einzelnen Ressourcen zugewiesen. Allerdings herrscht in den verschiedenen Projekten ein unterschiedliches Verständnis der Rollen - eine gemeinsame Definition fehlt.
  • Ist-Kosten für Ressourcen sind auf Projektebene vorhanden.
  • Die Ressourcengenehmigung und -zuteilung erfolgt durch den direkten Vorgesetzten, ohne eine projektübergreifende Ressourcenplanung in Betracht zu ziehen.
  • Es wird keine Kapazitätsplanung betrieben.
  • Nur der direkte Vorgesetzte steuert und kontrolliert, dies jedoch auch nicht übergreifend.
  • Der Unternehmensmehrwert auf dieser Ebene ist eine Übersicht über die Arbeiten der einzelnen Ressourcen, sowie die Überlast dieser. In diesem Beispiel ist die Übersicht durch die nicht vorhandene, vollständige Erfassung aller Projekte eingeschränkt. Der Vorgesetzte kann maximal nur eine Auswertung von Ressourcen auf einzelnen Projekten erstellen, aber keine Aussage über deren Gesamtauslastung treffen.

Tabelle 2: Fallbeispiel 1 - Ausgangslage
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Zielvorstellung

Die Zielvorstellung bei diesem Beispiel ist, eine möglichst detaillierte Planung von namentlichen Mitarbeiter-Ressourcen auf Aktivitätenebene über alle Projekte zu erreichen, sodass stundengenaue Auswertungen sowohl für Projekt- als auch Nicht-Projektarbeiten möglich sind.

  • Projektrollen sollen detailliert auf Aktivitätenebene ausgewiesen werden und für alle Mitarbeiter soll eine langfristige Weiterentwicklungsplanung aufgebaut werden.
  • Ist-Kosten sollen zum Vergleich mit geplanten Kosten auf Aktivitätenebene verfügbar sein.
  • Ein übergreifender Ressourcen-Genehmigungsprozess soll etabliert werden, mit dem Ressourcen auf Aktivitäten zugewiesen werden können und der Projektprioritäten berücksichtigt.
  • Die Kapazitätsplanung soll durch langfristig geplantes Einsetzen von Mitarbeiter-Ressourcen auf Aktivitäten optimiert werden.
  • Ein übergreifendes Kontrollgremium soll steuernd bei der Ressourcenplanung eingreifen. Als Basis für die Entscheidungen werden die aktuellen Projektpläne herangezogen. Das Kontrollgremium setzt sich aus Zuständigen für die Bereiche Ressourcengenehmigung, Portfoliopriorisierung, Demand-Management und Kapazitätsplanungsprozesse zusammen.
  • Der Unternehmensmehrwert wird dadurch gesteigert, dass die Ressourcenplanung auf tiefster Ebene optimiert werden kann und Ressourcennachfragen und Kapazitäten ideal aufeinander abgestimmt werden können.

Tabelle 3: Fallbeispiel 1 - Zielvorstellung
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Ressourcenmanagement-Strategie

Die Probleme, welche bei einem solch drastischen Anstieg der Reifegradebenen von Ebene 1 auf Ebene 5 zu erwarten sind, lassen sich sehr gut anhand der RMRM-Matrix erläutern: Es muss den beteiligten Unternehmen und Abteilungen klargemacht werden, dass sie sich nicht evolutionär von Ebene 1 über die Zwischenebenen 2 - 4 zur Ebene 5 entwickeln, sondern dies ein von der Geschäftsleitung gewollter Sprung in der Entwicklung ist. Das Hauptproblem in Beispiel 1 stellt der unzureichende Reifegrad der Projektpläne dar.

Fortsetzungen des Fachartikels

Teil 1:
Aufbau des Modells

Das Ressourcenmanagement-Reifegradmodell ermöglicht es, die aktuelle Auslastung der Mitarbeitenden zu ermitteln und eine realistische Ressourcenplanung durchzuführen. Teil 1 erklärt den Aufbau des Modells, Teil 2 beschreibt seine Anwendung.

Alle Kommentare (2)

Dieter
Bertsch

"If you focus on keeping people busy, all you get is busy people." Henrik Kniberg Ich kann dem dargestellten Modell und dessen Umsetzung für iterativer Entwicklung in Zyklen von 1-3 Wochen mit stabilen, selbstorganisierten und multidisziplinären Teams bestehend aus 'T-shaped People' die nach Produkten ausgerichtet sind und die gesamte Prozesskette vom Kundenwunsch incl. Betrieb verantworten und in diesen Zyklen fertige Inkremente von Funktionalität erzeugen, keinen Mehrwert entdecken. Können Sie mal aufzeigen, wie RMRM mit agilen Methoden wirksam wird?

 

Guten Tag Herr Bertsch, bei agilen Methoden würden Sie wahrscheinlich nicht auf die Ebenen 4 und 5 gehen, da diese zu granular sind. Ebene 2 bzw. 3, wenn Sie die Projektprioritäten noch mit einbeziehen wollen, ist aber dennoch empfehlenswert, da Sie auch in einem agilen Projektumfeld zumindest eine grobe Abschätzung der verfügbaren Ressourcen mit dem erwartenden Arbeitsumfang durchführen müssen.