Turnaround Management für Projekte Krisenprojekte – Anforderungen an den Sanierer und Wege aus der Krise

Krisenprojekte – Anforderungen an den Sanierer und Wege aus der Krise

Projekte sanieren ist eine echte Herausforderung: Um den Turnaround zu schaffen, muss der Projektsanierer Maßnahmen kurzfristig ausarbeiten und einleiten. Bei dieser fachlich anspruchsvollen Aufgabe gerät er zudem schnell unter politischen Druck, wenn er durch seinen Maßnahmenplan indirekt frühere Entscheidungen kritisiert. Der Projektsanierer muss also nicht nur fachliches Know-how haben, sondern u.a. auch krisenresistent sein und gut kommunizieren können. Dr. Gerhard Graën zeigt in diesem Artikel anhand mehrerer Entwicklungs-Projekte aus dem Automotive-Bereich, wie die Projektsanierung gelingt. Dabei stützt er sich auf eine Vorgehensweise aus der Wirtschaftsmediation. Außerdem zeigt er beispielhaft konkrete Gründe für eine Projektkrise und gibt Hinweise, worauf Sie bei der Auswahl des richtigen Sanierers achten sollten.

Management Summary

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Turnaround Management für Projekte Krisenprojekte – Anforderungen an den Sanierer und Wege aus der Krise

Krisenprojekte – Anforderungen an den Sanierer und Wege aus der Krise

Projekte sanieren ist eine echte Herausforderung: Um den Turnaround zu schaffen, muss der Projektsanierer Maßnahmen kurzfristig ausarbeiten und einleiten. Bei dieser fachlich anspruchsvollen Aufgabe gerät er zudem schnell unter politischen Druck, wenn er durch seinen Maßnahmenplan indirekt frühere Entscheidungen kritisiert. Der Projektsanierer muss also nicht nur fachliches Know-how haben, sondern u.a. auch krisenresistent sein und gut kommunizieren können. Dr. Gerhard Graën zeigt in diesem Artikel anhand mehrerer Entwicklungs-Projekte aus dem Automotive-Bereich, wie die Projektsanierung gelingt. Dabei stützt er sich auf eine Vorgehensweise aus der Wirtschaftsmediation. Außerdem zeigt er beispielhaft konkrete Gründe für eine Projektkrise und gibt Hinweise, worauf Sie bei der Auswahl des richtigen Sanierers achten sollten.

Management Summary

In der Automobilindustrie ist der SOP (Start of Production – Zeitpunkt für den Start der Serienfertigung) ein wichtiger Meilenstein, bei dem erstmals alle von den Lieferanten neu entwickelten Teile zur Fahrzeug-Montage beim Automobilhersteller erforderlich sind. Sofern die Teile des Lieferanten nicht gemäß Lastenheftvorgabe geliefert werden können, entwickelt sich ein Konflikt zwischen Automobilhersteller und Lieferant.

Sollte es zu diesem Zeitpunkt große Probleme geben, wäre ein Projektabbruch wirtschaftlich nicht mehr vertretbar, sodass das Projekt saniert und Maßnahmen zur Einhaltung des SOPs umgesetzt werden müssen.

Konflikt drohender SOP-Verzug

Im Rahmen dieses Artikels soll aus der Sicht eines Lieferanten anhand von Praxisbeispielen der Weg von einer beginnenen Krise bis hin zum Konflikt aufgezeigt und ein Stimmungsbild der Konfliktsitution wiedergeben werden. Die vielfältigen Ursachen des Konflikts, welcher sich aus der Projektkrise entwickelt hat, werden exemplarisch anhand der Ergebnisse eines Lessons Learned Workshops veranschaulicht.

Der Artikel gibt Anregungen für die Auswahl des Projektsanierers und zeigt eine Vorgehensweise zur Projektsanierung auf. Dabei lehne ich mich an die Vorgehensweise aus der Wirtschaftsmediation an und zeige deren Nutzen bei der Krisenbewältigung auf. Praxisbeispiele belegen, dass ein solcher Konflikt nicht nur sachliche, sondern auch zwischenmenschliche Probleme enthält.

Typisches Szenario: Drohender SOP-Verzug in einem Automotive-Projekt

Der Markt für Automobile ist geprägt durch einen Verdrängungswettbewerb. Der richtige Verkaufszeitpunkt entscheidet über Erfolg oder Misserfolg der Markteinführung eines neuen Modells. Hierbei stellt in der Entwicklungsphase der "Start of Production" (SOP) den Meilenstein für den Start der Serienfertigung dar, der die Basis für die Markteinführung eines neuen Modells legt.

Da die Fertigungstiefe (also der Anteil der Eigenfertigung) in der Automobilindustrie bei den Herstellern weniger als 20 Prozent beträgt, wird die Einhaltung des SOPs massgeblich von der Lieferfähigkeit der Zulieferer und deren Unterlieferanten bestimmt. Im Einzelnen bedeutet dies, dass der Großteil aller für ein Fahrzeug erforderlichen Neuteile von Zulieferern (Tier1) bzw. deren Unterlieferanten (Tier2) entwickelt und geliefert wird. Sobald der SOP durch einen Lieferanten gefährdet wird, eskaliert der OEM (Automobilhersteller) und ein Konflikt entsteht.

Wenn zum Meilenstein SOP ein Bauteil noch nicht ausreichend entwickelt wurde, entstehen kurzfristig nicht budgetierte zusätzliche Kosten (z.B. zus. Prüfstände oder zus. Mitarbeiter). Neben dem wirtschaftlichen Druck durch diese Zusatzkosten wird die Anspannung dadurch verstärkt, dass der Lieferant befürchtet, eine schlechtere Lieferantenbewertung zu erhalten, durch die er bei künftigen Auftragsvergaben nicht mehr berücksichtigt wird (C-Lieferant). Im Regelfall sind für solche Situationen keine Standardlösungen vorhanden, sodass sich beim Lieferanten Unsicherheit und ein wachsendes Gefühl der Bedrohung ausbreiten. In dieser Konfliktsituation ist die Zusammenarbeit sehr emotional geprägt und wird durch Schuldvorwürfe belastet, sodass die eigentlichen Sachthemen häufig vernachlässigt werden.

Von der Projektkrise zum Konflikt

Risiken sind planbar, können in der Initiierungsphase ermittelt und im Rahmen des Risikomanagements mit Risikovorsorgemaßnahmen versehen werden. Im Gegensatz dazu stellen Krisen unerwartet eintretende Ereignisse dar, und ein SOP-Verzug entwickelt sich aus einer sukzessiven, also einer sich immer weiter verschärfenden, Krise. Häufig wird der Status des Projekts schon in einer frühen Phase von der Organisation als kritisch, aber noch nicht als Bedrohung für den SOP-Termin wahrgenommen. Als Beispiele für Krisenindikatoren führe ich ergänzend zu den Angaben in der Literatur (vgl. List; Voight, 2011, S. 25 und Koreimann, 2002, S. 128) in der Tabelle 1 verschiedene potentielle Warnsignale auf.

Tabelle 1: Frühwarnsignale für eine beginnende Projektkrise.
Nr. Warnsignal
1. Der Kunde ist verärgert und kommuniziert formaler (zur eigenen Absicherung)
2. Der Projektstatus lässt sich nicht eindeutig definieren
3. Der Grad der Zusammenarbeit nimmt ab, stattdesssen konzentriert sich der Auftragnehmer auf die Absicherung der eigenen Aktivitäten
4. Deutlich mehr Überstunden und die Mitarbeiter fühlen sich überfordert
5. Qualität der Arbeit sinkt und gleichzeitig sinkt die Fehlertoleranz gegenüber anderen Teammitgliedern
6. Geringer Projektfortschritt
7. Selbsterfüllende Prophezeiungen werden geäußert
("Ich habe ja von Anfang an gewusst, dass ...")
8. Prinzipienstreiterei mit Hilfe von bürokratischen Regeln (fehlende Flexibilität)
9. Faule Kompromisse bei Teilergebnissen
10. Schwarz-Weiß-Denken

Die Ursachen einer Projektkrise sind vielschichtig

In einer Studie der GPM-Fachgruppe "Neue Perspektiven in der Projektarbeit 2012-2013" (s. GPM, 2013) wurden für die Automobilindustrie verschiedene Auslöser für Krisen festgestellt, die ich wiederum in einer Tabelle zusammengefasst habe.

Alle Kommentare (1)

Guest

Gute Hinweise auch auf die Komplexität der Situation. Literaturhinweise gut. Ansonsten kann man von einem solchen Artikel eigentlich nicht mehr erwarten als ein paar Links. Thema ist einfach zu komplex.