Hybride Vorgehensmodelle So führt das PMO die verschiedenen Sichtweisen aufs Projekt zusammen

In einem projektorientierten Unternehmen braucht das Top-Management ein einfaches, übergeordnetes Prozessmodell für die Projektsteuerung. Die Projektmanagementteams hingegen benötigen flexible Vorgehensmodelle für die Projektsteuerung. Stefan Hilmer zeigt einen Lösungsweg auf, um diese scheinbar gegensätzlichen Interessen miteinander zu vereinbaren: Er kombiniert ein einfaches Steuerungsmodell für die Geschäftsführung mit mehreren alternativen Durchführungsmodellen für die Projektleitung zu einem hybriden Vorgehensmodell. Anhand eines Praxisbeispiels beschreibt er, wie sich dadurch die Steuerbarkeit und Transparenz konventioneller Modelle mit der Flexibilität und Individualität projektspezifischer Vorgehensweisen kombinieren lassen. Eine besondere Rolle spielt dabei das PMO als Mittler zwischen Projekt- und Unternehmensorganisation.

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Hybride Vorgehensmodelle So führt das PMO die verschiedenen Sichtweisen aufs Projekt zusammen

In einem projektorientierten Unternehmen braucht das Top-Management ein einfaches, übergeordnetes Prozessmodell für die Projektsteuerung. Die Projektmanagementteams hingegen benötigen flexible Vorgehensmodelle für die Projektsteuerung. Stefan Hilmer zeigt einen Lösungsweg auf, um diese scheinbar gegensätzlichen Interessen miteinander zu vereinbaren: Er kombiniert ein einfaches Steuerungsmodell für die Geschäftsführung mit mehreren alternativen Durchführungsmodellen für die Projektleitung zu einem hybriden Vorgehensmodell. Anhand eines Praxisbeispiels beschreibt er, wie sich dadurch die Steuerbarkeit und Transparenz konventioneller Modelle mit der Flexibilität und Individualität projektspezifischer Vorgehensweisen kombinieren lassen. Eine besondere Rolle spielt dabei das PMO als Mittler zwischen Projekt- und Unternehmensorganisation.

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Unternehmensweite, einheitliche Vorgehensmodelle für das Projektmanagement zu entwickeln und zu implementieren, zählt zu den typischen Aufgaben von Project Management Offices (PMOs). Die Anforderungen an solche Vorgehensmodelle kommen jedoch von zwei Seiten: Die Unternehmensführung verlangt nach Modellen zur sicheren Steuerung aller Projekte. Die operativ an der Projektdurchführung beteiligten Akteure (z.B. Projektleiter und Teilprojektleiter) hingegen fordern klare Orientierungshilfen für das Management eines einzelnen Projekts. Beide Seiten bevorzugen dabei meist unterschiedliche Typen von Vorgehensmodellen: Die Unternehmensführung benötigt einfache, deterministische Modelle zur übergeordneten Projektsteuerung, während die Projektverantwortlichen zur Projektdurchführung flexible Modelle brauchen. Diese verschiedenen Vorgehensmodelle hybrid im Projektmanagement anzuwenden, bedeutet, eine Kombination beider Modelle zu schaffen: Eines der Modelle dient der unternehmensweit einheitlichen Projektsteuerung, das andere der individuellen Projektdurchführung. Auf diese Weise werden die Steuerbarkeit und Transparenz konventioneller, unternehmensweiter Modelle mit der Flexibilität und Individualität moderner, projektspezifischer Vorgehensweisen kombiniert. In diesem Artikel zeige ich anhand von Beispielen aus meiner Beratungspraxis auf, wie Vorgehensmodelle hybrid angewandt werden können und wie diese Anwendung im PMO zu verankern ist.

Praxisbeispiel

Ein stark vereinfachtes Beispiel, das an verschiedenen Stellen dieses Artikels weiter vertieft wird, soll die folgenden Überlegungen veranschaulichen. Ein mittelständisches Maschinenbauunternehmen stellt Bäckereimaschinen für Kunden aus aller Welt her. Der Stammsitz und einzige Produktionsstandort des Unternehmens befindet sich in Süddeutschland. Hier und an zwei nationalen und 19 internationalen Vertriebsniederlassungen erfolgen Vertrieb, Planung und Service für die überwiegend kundenspezifisch entwickelten Maschinen.

Aufgabe des PMOs: Projektarbeit mit Vorgehensmodellen optimieren

Vorgehensmodelle im Projektmanagement ordnen Aufgaben und Aktivitäten im Rahmen eines Projektablaufs. Vorgehensmodelle müssen zum jeweiligen Projekt passen (vgl. Gessler, 2009, S. 174 ff), weswegen für einzelne Projekte oft individuelle Vorgehensmodelle aufgestellt werden, um so den speziellen Anforderungen des jeweiligen Projekts gerecht zu werden. Es besteht aber auch die Möglichkeit, für ein bestimmtes Projekt ein standardisiertes Vorgehensmodell zu verwenden, wie z.B. die in der Software-Entwicklung weit verbreiteten Modelle V-Modell, Rational Unified Process (RUP) oder Scrum. Viele Organisationen entwickeln proprietäre Vorgehensmodelle und setzen diese als organisationsweite Standards ein, wobei ich "Organisation" hier im Sinne von "Unternehmen" oder auch "abgegrenzter Unternehmenseinheit" verstehe.

Die Standardisierung und Optimierung von Prozessen zählt grundsätzlich zu den Optimierungsaufgaben eines PMO (vgl. Gessler, 2009, S. 2306 f). Dabei stellt das PMO eine dauerhafte Einrichtung dar, in der das Projektmanagement nachhaltig in einem projektorientierten Unternehmen verankert wird. In seinem Beitrag "Das Project Management Office - Eine Einführung" geht Dr. Wolfram von Schneyder genauer auf den möglichen Leistungsumfang eines PMO ein (von Schneyder, Projekt Magazin 17/2010). Eine dieser Leistungen ist die Entwicklung und Implementierung von Methoden und Prozessen. Diese müssen angepasst sein an die Gegebenheiten der Organisation und die Spezifika der Projekte.

Hybride Vorgehensmodelle

An diesem Punkt können hybride Vorgehensmodelle ansetzen, so wie sie in diesem Artikel vorgestellt werden. Während andere hybride Ansätze verschiedene Vorgehensmodelle in einem Projekt kombinieren (vgl. Kirchhof; Kraft, Projekt Magazin 11/2012), wird hier gezielt versucht, unternehmensweit standardisierte, proprietäre Vorgehensmodelle durch die gekoppelte (hybride) Anwendung verschiedener Modelle zu flexibilisieren. Dieses Vorgehen soll sowohl den Gegebenheiten der Organisation als auch den Spezifika der einzelnen Projekte gerecht werden. Dazu stelle ich im Folgenden zunächst die beiden Perspektiven gegenüber, aus denen Projekte betrachtet werden.

Zwei Perspektiven – zwei Modelle

Das Unternehmen bzw. die Unternehmensleitung betrachtet alle Projekte von einer äußeren Perspektive als Ganzes. Hingegen haben die Mitglieder des Projektmanagementteams (d.h. Projektmanager, Teammanager usw.) eher das eigene Vorhaben im Fokus.

Unternehmensperspektive: Steuerung aus übergeordneter Perspektive

Die Unternehmensleitung und die Lenkungsgremien der Projekte (meist "Lenkungsausschuss" genannt) betrachten anstehende oder laufende Projekte von außen. Aus dieser Perspektive betrachtet kommt einem einzusetzenden Vorgehensmodell eine besondere Funktion zu: die Projektsteuerung im Sinne der Einhaltung aller Projektziele, d.h. die Erfüllung des mit dem Projekt verbundenen Business Case.

Die Perspektive, mit der die Unternehmensleitung auf Projekte schaut, ist zunächst durch das Unternehmen selbst geprägt: Ein Vorgehensmodell ist an den Unternehmenszielen und der Unternehmensstrategie auszurichten, da für das Unternehmen nicht ein einzelnes Projekt im Vordergrund steht, sondern ein gesamtes Projektportfolio. Projekte sind gleichzeitig oder entsprechend priorisiert nacheinander zu bearbeiten. Inhaltliche Abhängigkeiten sind dabei genauso zu berücksichtigen wie etwaige Ressourcenkonflikte. Planung und Nachverfolgung der Projektziele müssen aus dieser übergeordneten Sicht in erster Linie transparent und nachvollziehbar sein, um eine zuverlässige Steuerung zu ermöglichen.