
Projektrisiken vermeiden mit einer Bilanz für Fehler und Learnings
Projektrisiken vermeiden mit einer Bilanz für Fehler und Learnings
In einem Projekt kommen oft Teammitglieder zusammen, die das erste Mal in dieser Konstellation zusammenarbeiten. Dazu gesellt sich die Neuheit des Themas, Ungewissheit über die eigene Position im Team und die Unsicherheit in der Aufgabenstellung des Projekts. Daraus können Projektrisiken entstehen.
- Werden Fragen aus Unsicherheit nicht gestellt, läuft das Projekt nur schleppend an, da einzelne Projektakteure nicht die volle Leistungsfähigkeit erreichen:
- Fehler und ihre Auswirkungen werden vertuscht, so dass keine Chance für Lernprozesse (Learnings) im Team besteht und die im Projekt dringend benötigte Energie in deren Verheimlichung gesteckt wird.
- Werden Fehler und ihre Auswirkungen zu lange ignoriert, kann dies zu einer ernsten Projektkrise führen
Mit einer Bilanz für Fehler und Learnings haben Sie ein Tool, das die Leistungsfähigkeit Ihres Projektteams erhöht und Ihnen im Projektverlauf einige (unangenehme) Überraschungen erspart. Gleichzeitig erarbeiten Sie damit eine Projektdokumentation, die Sie für Ihre Folgeprojekte nutzen können.
Ein Beispiel
In einem Projekt zur Einführung eines neuen Contentmanagement-Systems ist sich ein späterer Benutzer unsicher darüber, was genau ein Redaktionstemplate ist. Wegen dieser Unsicherheit formuliert er seine Anforderungen nur zögerlich und schwammig.
Nachdem er später erfährt, was ein Redaktionstemplate ist, versucht er nachzuweisen, dass die beteiligten Dienstleister seine Anforderungen falsch umgesetzt haben. Eine Kette von Schuldzuweisungen und Rechtfertigungen beginnt und die Weiterentwicklung des Systems stagniert.
Im schlimmsten Fall kann dies zu einem Stillstand der Arbeit führen, da der Dienstleister nicht bereit ist, weitere Projekt-Bestandteile umzusetzen, bevor der Konflikt gelöst ist - der gesamte Projektauftrag wird in Frage gestellt.
Die Bilanz für Fehler und Learnings
Eine Bilanz für Fehler und Learnings kann in solchen Situationen Abhilfe schaffen. Dabei werden ähnlich wie in einer Bilanz Verbesserungswürdiges in einer Soll-Spalte aufgelistet. Das Team erarbeitet dann zu jedem Eintrag auf der Soll-Seite zeitnah ein Verbesserungsvorschlag oder ein Learning auf der Haben-Seite. Ziel dabei ist es, gemeinsam Lösungen zu entwickeln und nicht nach den Ursachen zu forschen oder einen Schuldigen zu identifizieren. Im Folgenden finden Sie einige Anhaltspunkte für die Durchführung:
- Der Projektleiter macht zu Beginn des Projekts deutlich, dass ein Konto mit vielen "Kontobewegungen" besonders erstrebenswert ist. Denkbar wäre eine Auszeichnung der Projekte mit den meisten oder den hilfreichsten Learnings.
- Eine formalisierte Vorgehensweise hilft dabei, das Thema im Auge zu behalten. So kann z.B. jedes Statusmeeting mit der Sammlung von Optimierungswürdigem begonnen und mit dem gemeinsamen "Auffüllen" der Haben-Spalte beendet werden. Für die Fehlerbilanz wird ein "Kassenwart" ernannt.
- Denkbar sind auch persönliche Bilanzen für jeden Projektmitarbeiter
Im genannten Beispiel hätte der spätere Benutzer auf der Sollseite der Bilanz zu Protokoll geben können, dass im Team mit einer Terminologie gearbeitet wird, die nicht allen Projektbeteiligten gleichermaßen geläufig ist. Als Problemlösung wird im Team beschlossen, strittige Begriffe zu sammeln und zu definieren. Dieser Beschluss wird gleich in die Tat umgesetzt.
Der Eintrag auf der Habenseite der Bilanz könnte demnach lauten: "In besonders techniklastigen Projekten wird zu Projektbeginn ein Glossar begonnen, in dem alle im Projektverlauf verwendeten Fachbegriffe im Team gemeinsam eindeutig festgeschrieben werden. Dieses Glossar wächst mit dem Projektverlauf."
Der Mitarbeiter aus dem Beispiel hätte damit einen Eintrag in der Bilanz zu verbuchen. Falls in diesem Team persönliche Bilanzen geführt werden, bedeutet das eine gute Motivation für ihn, weitere Unsicherheiten gezielt auszumerzen.
ute walther-maas
24.10.2008