Mit Lob und Tadel in Projekten wirksam führen
Zu den Führungsaufgaben eines Projektleiters gehört es auch, seine Mitarbeiter zu loben oder zu tadeln. Doch viele Projektleiter geben ihren Mitarbeitern nur selten Feedback, da sie meinen, dass dies in der Linie stattfinden muss. Dabei könnten sie gerade im Projekt große Chancen nutzen, sagt Dr. Annette Hartmann. Sie zeigt in diesem Tipp, wie Sie als Projektleiter Lob und Tadel gekonnt gegenüber ihren Mitarbeitern aussprechen und damit die Stimmung im Team steigern sowie den Erfolg des Projekts verbessern können.
Mit Lob und Tadel in Projekten wirksam führen
Zu den Führungsaufgaben eines Projektleiters gehört es auch, seine Mitarbeiter zu loben oder zu tadeln. Doch viele Projektleiter geben ihren Mitarbeitern nur selten Feedback, da sie meinen, dass dies in der Linie stattfinden muss. Dabei könnten sie gerade im Projekt große Chancen nutzen, sagt Dr. Annette Hartmann. Sie zeigt in diesem Tipp, wie Sie als Projektleiter Lob und Tadel gekonnt gegenüber ihren Mitarbeitern aussprechen und damit die Stimmung im Team steigern sowie den Erfolg des Projekts verbessern können.
Haben Sie schon mal mit verbundenen Augen auf eine Zielscheibe geschossen? Was glauben Sie, wie ausdauernd Sie weitermachen, wenn von vorne keine Rückmeldung über die Zielerreichung kommt? Auch wenn Sie hochmotiviert an den Start gegangen sind – unter diesen Bedingungen werden Sie schnell die Lust verlieren und sich von Ihrer Aufgabe abwenden. Genau dieses Abwenden der Teammitglieder lösen viele Projektleiter unbewusst aus, da sie häufig annehmen:
a) "Lob und Tadel ist Personalentwicklung und die findet in der Linie statt – das ist eine Aufgabe der jeweiligen disziplinarischen Vorgesetzten."
b) "In der Linie ist es ja schon schlecht bestellt mit der Feedbackkultur, da brauche ich mir in meinem zeitkritischen Projekt wirklich keine Fleißaufgaben zumuten."
Fakt ist jedoch, dass es zur erfolgreichen Erfüllung der Arbeitsaufgaben gehört, in regelmäßigen Abständen über deren (Zwischen)-Ergebnis Bescheid zu wissen. Oder Bescheid zu bekommen, denn: Die Information über die Wirkung des eigenen Handelns dringt bei abstrakten, komplexen Projekten nicht mehr von selbst bis zum Teammitglied vor. Seien Sie sich als Projektleiter dessen bewusst – Sie sind derjenige, der gebraucht wird, die Rückmeldungen weiterzugeben: Oft hat nur die Projektleitung direkten Kundenkontakt oder sitzt in den relevanten Besprechungen. Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedeutet dies, jeden Tag Pfeile abzuschießen und nur Sie wissen, wo sie gelandet sind. Verstecken Sie sich also nicht länger hinter den disziplinarischen Vorgesetzen, sondern nehmen Sie Ihre vorübergehende Leitfunktion voll an – nicht zuletzt, um sich damit für dauerhafte Führungsaufgaben zu qualifizieren.
Lob und Tadel auszusprechen ist lernbar
Falls es in Ihrem Unternehmen schon in der Linienorganisation mit Lob und Tadel hapert, nutzen Sie die Gelegenheit, in der vorübergehenden Konstellation von Kolleginnen und Kollegen im Rahmen Ihres Projekts eigene Erfahrungen zu machen und positive Zeichen zu setzen. Wenn Sie wollen, dass sich etwas ändert, dann fangen Sie in kleinen Schritten damit an: Kritikgespräche kosten weniger Zeit als der neue Schwung Ihnen bringt. Und wenn Sie dieses gefürchtete Thema beherrschen, beflügeln Sie Ihre Karriere, weil Sie sich – jedenfalls im derzeitigen Umfeld – ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet haben. Lob und Tadel gekonnt auszusprechen ist lernbar – die folgenden Tipps zeigen Ihnen, wie es geht.
Innere Haltung stärken
Egal ob es angenehme oder unangenehme Botschaften zu übermitteln gibt: Sie tun sich leichter, wenn Sie sich und Ihrem Projektmitglied bewusst machen: "Sie sind mir wichtig (oder alternativ:) Das Thema, das ich mit Ihnen besprechen möchte, ist mir sehr wichtig. Deswegen investiere ich Zeit und Energie in dieses Gespräch." Das können Sie das auch wirklich aussprechen. Achtung, keinesfalls pauschales Süßholzraspeln zum Einstieg, wie z.B.: "Ich schätze Ihre Mitarbeit in diesem Projekt sehr und ich möchte mit Ihnen gerne etwas besprechen…" – bei so einem Start wartet jeder instinktiv auf das große "ABER".
Für einen Blindschützen ist es wesentlich, überhaupt eine Information über die Wirkung seines Handelns zu bekommen. Mit der Beachtung, die Sie ihrem Mitarbeiter und seinem Beitrag zum Projekt schenken, erweisen Sie ihm fachliche und menschliche Wertschätzung. Anerkennung ist eine starke Währung, die im Wirtschaftsleben unterschätzt wird. Jedoch sollten starke Worte nicht inflationär oft oder nach Schema F verwendet werden; ein Mensch ist kein Automat, in den ich oben eine Lob- und Anerkennungsmünze einwerfe und dann kommen unten Motivation und neue Ideen heraus. Spendieren Sie Lob von innen heraus.
Fehler gehören zum Leben
Da Tadel mehr Mut erfordert als Lob, wird er oft vermieden und begrifflich verschämt zu "Feedback" neutralisiert, während das Lob beim Namen genannt wird. Stopp! Fassen Sie sich ein Herz und reden Sie Tacheles. Seien Sie hart in der Sache und gleichzeitig sanft zum Menschen. Schließlich ist es menschlich, natürlich und normal, dass auch mal Pfeile danebengehen. Fehler gehören zum Leben; mehr als das: Sie sind wichtige Lern- und Entwicklungsquellen.
Wenn Sie diese Einstellung ausstrahlen und vermitteln, fallen auch der getadelten Person das Annehmen und vor allem das Weiterarbeiten leichter. Goldene Regel außerdem: Suchen Sie bei einem Tadel nicht nach Schuldigen, sondern nach sachlichen Ursachen für das Scheitern. "Wer war das?" führt nicht weiter, sondern: "Wie ist das passiert und was können wir daran verbessern?" Beschließen Sie einen Tadel immer mit den zwei zukunftsorientierten Fragen: "Was können Sie tun, damit es nächstes Mal klappt?" und "Was kann ich tun, was brauchen Sie an Unterstützung von mir?"
Gutes Timing
Bringen Sie Lob so frisch wie möglich auf den Tisch! Da sind Ihre Emotionen noch lebendig und Freude klingt ab wie jede andere Emotion auch. Am meisten positive Wirkung entfaltet das Lob morgens und am Anfang der Woche, denn die kommenden Stunden bzw. Tage spielt die Musik in der Arbeit und hier wird ab sofort gute Laune verbreitet – das ist ein Stimmungsaufheller für alle im Umfeld des Gelobten. Beim Tadel nehmen Sie sich zuerst Bedenkzeit, um ungünstige Rahmenbedingungen und eigene Anteile zu klären. "Bin ich noch sauer, weil Frau S. kurz vorher den Meilenstein infrage gestellt hat?" Bleibt nach diesem Ausfiltern wirklich noch genug Grundlage für einen expliziten Tadel übrig? Nur dann bringen Sie ihn zur Sprache und zwar vorzugsweise abends oder gegen Ende der Woche, damit die getadelte Person Zeit hat zur Verarbeitung.
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Ingo Wild
22.06.2012
Johannes Schmied
29.05.2014