Ein Erfahrungsbericht zu Objektives and Key Results im Projektmanagement Wie ich mit OKR den Fokus auf’s Wesentliche behalte

Man kann von Google halten was man will, aber als Ideenlieferant für die Arbeitswelt ist das Unternehmen top. Daher waren wir – das Marketing-Team bei InLoox – auch positiv eingestellt, als unser Chef im ersten Jour Fix 2019 den Vorschlag machte, die Zielmanagement-Methode Objektives and Key Results (OKR) auszuprobieren.

Ein Erfahrungsbericht zu Objektives and Key Results im Projektmanagement Wie ich mit OKR den Fokus auf’s Wesentliche behalte

Man kann von Google halten was man will, aber als Ideenlieferant für die Arbeitswelt ist das Unternehmen top. Daher waren wir – das Marketing-Team bei InLoox – auch positiv eingestellt, als unser Chef im ersten Jour Fix 2019 den Vorschlag machte, die Zielmanagement-Methode Objektives and Key Results (OKR) auszuprobieren.

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Im Grunde ist die Methode OKR – die bei Google seit 20 Jahren gelebt wird, aber ursprünglich bei Intel erfunden wurde – sehr einfach: Man definiert im Team Ziele (Objectives) und ordnet ihnen messbare Schlüsselergebnisse (Key Results) zu. In der Sprache des Projektmanagements sind die Schlüsselergebnisse die Meilensteine, die erreicht werden müssen, um das Projekt (das Objective) erfolgreich abzuschließen.

Was steckt hinter Objektives and Key Results?

Der Sinn von OKRs ist es, einen roten Faden für alle Aktivitäten im Unternehmen zu erstellen. Alle Mitarbeiter sollen sich zusammen in die gewünschte Richtung bewegen und ihr Fortschritt soll messbar und sichtbar sein.

Denn jeder soll wissen, mit welchen OKRs sich die Kollegen und Kolleginnen gerade beschäftigen – statt wie früher, als einige "Auserwählte" im stillen Kämmerlein darüber brüteten, wo die Reise des Unternehmens hingeht.

Das soll einerseits die Transparenz erhöhen und andererseits zum Austausch motivieren, was zu einem gesunden Wettbewerb mit Teamspirit führt und Synergieeffekte fördert.

Klingt das für Sie noch sehr schwammig und theoretisch? Keine Sorge, im Arbeitsalltag lässt sich das sehr einfach umsetzen.

Wie funktioniert OKR in der Praxis?

Als wir uns für das Experiment OKRs entschieden, haben wir zuerst einen dreistündigen Workshop angesetzt und folgendes gemacht:

  • Objectives definiert
  • Spielregeln für die Erfassung der Key Results festgesetzt
  • Folgetermin für die Key Results vereinbart

Das Definieren der Objectives dauerte am längsten. Vielleicht liegt das an unserer schreiberischen Tätigkeit, aber wir legten viel Wert auf die Formulierung der Objectives und haben schon mal 15 Minuten über ein Adjektiv diskutiert.

Um die Objectives, wie in unserem Fall für eine gesamte Abteilung festzulegen, müssen die Objectives des Unternehmens bekannt sein. Schließlich müssen die Abteilungsziele mit den Unternehmenszielen vereinbar sein.

So lautet eines unserer Objectives als Marketing-Abteilung "Volles Produktspektrum zeigen." Würde unser Unternehmen als Strategie beispielsweise ein Produkt stärken wollen, liefe dieses Objective dem Unternehmens-Objective zuwider. Das würde den roten Faden auftrennen und schwächen.

Um die Meilensteine zur erreichen, also die messbaren Key Results einfahren zu können, sind natürlich einige Aufgaben zu erledigen. Wir haben uns dafür entschieden, die Key Results als Aufgaben in unserem InLoox Kanban-Board zu erfassen und die Zahlen entweder über die Aufgabennotizen oder über Dokumentenlinks zu hinterlegen.


Es ist wichtig, dass es eine Regelung dafür gibt, wie und mit welchem Werkzeug man die Key Results erfasst. Sonst läuft man Gefahr, parallel mehrere Systeme pflegen zu müssen, was unnötigen Aufwand verursacht und worunter die Transparenz leidet.

Am Ende des Workshops vereinbarten wir, uns zwei Tage später gegenseitig die Key Results jedes Einzelnen vorzustellen und entschieden gemeinsam, was wir im 1. Quartal umsetzen wollten.

Kein OKR ist in Stein gemeißelt

OKRs sind extrem flexibel gestaltbar: Bei Google sind die OKRs eines jeden Mitarbeiters beispielsweise für jeden einsehbar. Wir haben uns dagegen entschieden, denn wir sahen das Ganze anfangs als Experiment an.

Zwei Grundregeln von Google haben wir aber 1 zu 1 übernommen:

  1. OKRs müssen ambitioniert sein.
  2. Jedes Key Result muss messbar sein.

Beim Benchmarking fahren wir zweigleisig: Wir vergleichen, wo möglich, mit dem Vorjahr und dem vorherigen Quartal des aktuellen Jahres. Es gibt z.B. ein Objective, das zum Ziel hat, in einem bestimmten Bereich das Vorjahr zu übertreffen. Und hier backen wir keine kleinen Brötchen, sondern haben ein Plus von 15% definiert – ambitioniert eben. Die entsprechenden Key Results werden auf Monats- und Quartalsebene quantifiziert, weil wir saisonale Effekte nicht vernachlässigen können.

Ein anderes Objective ist gänzlich neu – hier konnten wir für die zugeordneten Key Results nur eine Schätzung vornehmen. Ein echtes Benchmarking war erst möglich, als die Zahlen von Q1 vorlagen. Für Q2 legten wir dann gleich eine extra Schippe drauf.

6 Learnings aus 6 Monaten

1. Ambitionierte Ziele motivieren

Wir haben zwei Drittel unserer Key Results erfüllt oder übererfüllt. Das heißt nach den OKR-Prinzipien: unsere Ziele sind ambitioniert genug. Denn im Gegensatz zu anderen Ziel-Setzungstechniken sollen die OKRs gar nicht erreichbar sein, es gilt bereits als Erfolg, wenn 60-70% erfüllt werden.

Das bereitete uns am Anfang etwas Unbehagen – auch das ist gewollt. Denn schließlich sind doch die Wenigsten gerne durchschnittlich; jeder möchte gut oder sehr gut sein. Und regelmäßig jedes dritte Key Result in die Kanban-Spalte "Nicht erreicht" einzuordnen ist auf den ersten Blick nicht so toll.

Aber genau das wirkt motivierend. Denn keines der Key Results wurde überhaupt nicht erreicht. Sondern eben "nur" zu einem oder zwei Dritteln. In der OKR-Welt ist aber auch das etwas Wert, denn sie ist nicht binär – es gibt nicht nur Erfolg oder Misserfolg sondern auch "Fasterfolg", "Zweidrittelerfolg" oder "Ausprobiert-funktioniert-nicht-wieder-was-gelernt-Erfolg".

2. OKRs haben unseren Berg an Arbeit transparent gemacht

Nachdem wir alle unsere Key Results für das Q1 festgehalten hatten, stand die Befürchtung im Raum, wir hätten uns zu viel vorgenommen. Denn bei Google werden pro Quartal maximal fünf Objectives mit je fünf Key Results definiert. Wir haben zwar "nur" drei Objectives, aber auf Grund unserer vielen Marketing-Kanäle eine ganze Latte an Key Results.

Die Befürchtung wurde zu einem Aha-Erlebnis, wie viele Arbeiten, für die nie Projekte aufgesetzt oder irgendwelche Rahmenbedingungen abgesprochen werden, das Team nebenher stemmt. Wir machen halt einfach.

Das machen wir zwar weiterhin, mit den OKRs haben wir die Aufgaben aber strukturiert, dokumentiert und messbar gemacht. Was auch dazu beigetragen hat, dass wir einiges nicht mehr machen, was ineffizient war.

3. Fokussieren und Priorisieren leicht gemacht

Nun kommen wir zu dem aus unserer Sicht größten Vorteil von OKRs: Jeder erhält seine To-Dos, die allesamt darauf ausgerichtet sind, die eigenen Key Results zu erreichen, welche dazu beitragen die Abteilungs-Objectives zu erreichen, die wiederum auf die Unternehmens-Ziele einzahlen. Man behält in seinem Arbeitsalltag immer den Fokus auf das Wesentliche, und stellt sich bei seinem Tun regelmäßig die Frage, ob es zielführend ist.

Diese Fokussierung führt unweigerlich zu einer anderen Priorisierung. Wir alle haben Tätigkeiten, die wir gerne machen und für die wir gerne etwas mehr Zeit aufwenden als unbedingt notwendig. Wer hinterfragt schon immer, ob das gerechtfertigt ist? OKRs fördern ein Mindset, welches einen davon abhält, viel Aufwand in wenig gewinnbringende Aufgaben zu stecken.

4. Delegieren tut Not

Wer sich schwer tut zu delegieren – egal ob an Kollegen oder an Dienstleister – oder wer dazu neigt, jede anfallende Arbeit an sich zu reißen, für den sind OKRs vielleicht eine harte Schule. Denn aufgrund der ambitionierten Ziele kann man gar nicht alles selbst machen.

Stattdessen zwingen sie einen, Aufgaben an die jeweiligen Experten zu übergeben, denn sonst verpasst man seine Ziele. OKRs schaffen klare Zuständigkeiten und fördern so eine ausgewogene Belastung unter den Teammitgliedern.

5. Man erhält "gute" Daten

Wie im Video zum Startup Lab Workshop von Google Ventures erwähnt (siehe bei 4:40), ist es offensichtlich, warum man bei Google bereits in seiner Startup-Phase so ein System enthusiastisch aufnahm: es liefert Daten – und zwar gute: OKRs zeigen ganz genau, wo es sich lohnt zu investieren und wo nicht.

Man sieht, welche Key Results zur Erreichung von Objectives taugen und welche nicht, beziehungsweise welche Key Results optimiert werden müssen oder schlicht nichts mehr bringen und somit verzichtbar sind.

6. OKRs schärfen die Unternehmensvision

Was ist das Ziel Ihres Unternehmens, wo soll seine Reise hingehen? Diese Fragen können viele weder für sich selbst, noch für ihre Abteilung, geschweige denn für das gesamte Unternehmen beantworten.

Falls es Ihnen da auch so geht, sollten Sie die Einführung von OKRs prüfen. Denn sie helfen nach dem Bottom-up-Prinzip dabei, die Vision für das Unternehmen zu schärfen. Vorausgesetzt natürlich – wie bei jeder Bottom-up-Bewegung – dass Ihr Management für solche Vorschläge offen ist.

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Alle Kommentare (2)

Tobias
Felber

Ein toller Erfahrungsbericht, den ich aus eigener Erfahrung bestätigen kann. Die genannten Punkte fassen die fühlbaren Veränderungen gut zusammen. Wir stehen zwar am Anfang (erster 3-Monats-Zyklus durchlaufen), jedoch sind die Erfahrungen im Team ganz ähnlich. Die Einführung brauch auf jeden Fall Zeit. Zeit, um den Umgang mit Zielvereinbarungen in den Köpfen sich verändern zu lassen. So sind wir im Prinzip mit Trivial-Zielen begonnen, die oft auch sehr unkonkret und schwammig formuliert waren, gestartet. Damit hat sich das Team wohler gefühlt, jedoch mittlerweile bemängelt es die Qualität der KR und sie werden deutlich "SMART"er. Anfangs haben wir auch eher über KR die Objectives geclustert und formuliert, jetzt allerdings formulieren wie im Beitrag auch ERST die Objectives und leiten daraus KR ab. Schön wäre es im Beitrag noch gewesen einen Eindruck von den Tools zu erhalten, ob als Bild oder Tool (XLS ggf.). Danke für den tollen Beitrag, der hoffentlich zum Nachmachen animiert.

Hallo Herr Felber, danke für die positive Rückmeldung.
Es würde mich sehr interessieren, wie es Ihnen und Ihrem Team im weiteren Verlauf der Umsetzung der OKR-Methode ergeht!
Wie wir die OKR-Methode mit unserm PM Tool InLoox umgesetzt haben, können Sie hier nachlesen: https://www.inloox.de/unternehmen/blog/artikel/innovativ-selbstbestimmt…