Viel Kommission – wenig Reform? Öffentliche Großbauprojekte: Erst planen, dann bauen!
Viel Kommission – wenig Reform? Öffentliche Großbauprojekte: Erst planen, dann bauen!
Ein Jahr später als geplant stellte die "Reformkommission Bau von Großprojekten" (im folgenden kurz "Reformkommission") am 29. Juni 2015 ihren Abschlussbericht (BMVI (d), 2015) der Öffentlichkeit vor. Über die Arbeit der Reformkommission berichtete das Projekt Magazin in einem Interview mit Klaus Grewe (Angermeier, Projekt Magazin, 19/2013). Grewe ist Mitglied der Reformkommission und stellte Lösungsansätze für das Management von großen Bauprojekten im Projekt Magazin vor (Grewe, Projekt Magazin 2/2014).
Eingerichtet hatte die Reformkommission im April 2013 noch der damalige Bundesverkehrsminister Dr. Peter Ramsauer (BMVI (a), 2013). Sein Nachfolger, Alexander Dobrindt, will nun mit einem 10-Punkte-Plan die Empfehlungen der Kommission in die Praxis umsetzen (BMVI (e), 2015).
10 durchgreifende Maßnahmen … mit Wohlfühlfaktor
Der 112 Seiten umfassende Abschlussbericht (BMVI (d), 2015) liefert in seiner Zusammenfassung zehn Empfehlungen:
- Kooperatives Planen im Team
- Erst planen, dann bauen
- Risikomanagement und Erfassen von Risiken im Haushalt
- Vergabe an den Wirtschaftlichsten, nicht den Billigsten
- Partnerschaftliche Zusammenarbeit
- Außergerichtliche Streitbeilegung
- Verbindliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchung
- Klare Prozesse und Zuständigkeiten / Kompetenzzentren
- Stärkere Transparenz und Kontrolle
- Nutzung digitaler Methoden – Building Information Modeling
Auf den ersten Blick sieht dies nach einer klaren Maßnahmenliste aus, die man direkt umsetzen kann. Bei genauerer Betrachtung – und vor allem im Vergleich mit der Sammlung von Defiziten bei Großprojekten – kommt man etwas ins Grübeln, wie wirksam diese Maßnahmen denn sein können. Viele klingen wie die wohlbekannten, in immer wieder unterschiedlichen Formulierungen aufgeführten Erfolgsfaktoren für Projekte: Kommunikation, Kooperation sowie vollständige Planung von Leistungsumfang, Terminen und Kosten.
Und natürlich darf das Lieblingsmodewort aller Manager nicht fehlen: "Transparenz". Dass die identifizierten Mängel auf strukturellen Defiziten beruhen und daher nicht nur auf Symptom- oder Apell-Ebene angegangen werden können, scheint dem ersten Augenschein nach nicht zur Botschaft der Reformkommission zu gehören.
Selbstverständlich finden sich in den Empfehlungen durchaus harte Aussagen. So fordert die Reformkommission z.B., dass die Mittel für ein Großprojekt erst dann in den Haushalt eingestellt werden sollten, wenn die Planung vollständig vorliegt und ein angemessenes Risikobudget berechnet ist, das ebenfalls im Haushalt ausgewiesen sein muss. Wenn man weiterhin die Empfehlungen ernst nimmt und konsequent zu Ende denkt, dann sind tiefgreifende Änderungen unter anderem im Genehmigungsprozess von Großprojekten und im Vergabeverfahren erforderlich.
Wenig Konkretes, nichts Verbindliches
Von Konsequenzen dieser Art scheint jedoch das Ministerium weit entfernt zu sein. Die Präsentation des Bundesverkehrsministers zur Umsetzung der Empfehlungen ist nur noch eine weichgespülte Variante der ohnehin schon vorsichtig formulierten Zusammenfassung des Endberichts. Da werden die sich auf das Projektmanagement beziehenden Punkte rasch zusammengefasst als: "Mit dem Aktionsplan ist es unser Ziel einen Kulturwandel bei Großprojekten einzuleiten: Mit mehr Partnerschaftlichkeit zu mehr Kostentransparenz und Termintreue." (BMVI (e), 2015). "Kulturwandel" und "Partnerschaftlichkeit" sind schöne Worte, aber schwer zu quantifizieren.
Von den im Endbericht genannten, überprüfbaren Maßnahmen bleibt dagegen beim Ministerium wenig übrig: Neuregelung von Vergaberichtlinien? Fehlanzeige. Verbindliche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen für alle Großprojekte und beständiges Controlling? Fehlanzeige. Aufbau einer bundesweiten Baukostendatenbank? Fehlanzeige.
Konkret führt Alexander Dobrindt dann nur noch zwei Punkte aus: Das Risikomanagement und das Building Information Modeling (BIM). Davon wiederum scheint die IT-Komponente das besondere Augenmerk des Bundesverkehrsministers gefangen zu haben. Die Gründung der planen-bauen 4.0 GmbH, eines neuen Unternehmens zur breiten Einführung des BIM (s. u. Interview mit Dr. Ilka May), wird dementsprechend als Vorzeigemaßnahme präsentiert (BMVI (f), 2015).
Aber selbst diesen beiden Punkten nimmt der Bundesverkehrsminister gekonnt die Verbindlichkeit. Für das Risikomanagement werden zunächst einmal Testprojekte benannt, an denen es ausprobiert werden soll. Da staunt der Laie und der PM-Experte wundert sich: Muss Risikomanagement wirklich erst nochmal an Pilotprojekten getestet werden? Genügen internationale Erfahrungen (s.u. Interview mit Klaus Grewe), ISO-Normen und vor allem ganz einfach gesunder Menschenverstand nicht, um zu erkennen, dass man dies ganz einfach tun muss? Bei allen Projekten und zwar sofort?
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SC
19.08.2015
z.B.:
Hier wurde mir nicht klar, ob Reformen gewünscht werden, oder ob es Befürchtungen gibt, bestehende Strukturen zu verändern.
u.v.m.