Ich will keine Lösungen hören, sondern nur Probleme!
Einmal war ich bei einer Firma, deren Chef gern zu seinen Projektleitern sagte: "Ich will keine Probleme hören, ich will nur Lösungen hören!" Wir alle kennen solche Sprüche – und wir alle hassen sie. Diese Äußerung kann nicht nur sehr demotivierend sein, die dahinterliegende Einstellung ist sogar gefährlich.
Ich will keine Lösungen hören, sondern nur Probleme!
Einmal war ich bei einer Firma, deren Chef gern zu seinen Projektleitern sagte: "Ich will keine Probleme hören, ich will nur Lösungen hören!" Wir alle kennen solche Sprüche – und wir alle hassen sie. Diese Äußerung kann nicht nur sehr demotivierend sein, die dahinterliegende Einstellung ist sogar gefährlich.
Einmal war ich bei einer Firma, deren Chef gern zu seinen Projektleitern sagte: "Ich will keine Probleme hören, ich will nur Lösungen hören!" Wir alle kennen solche Sprüche – und wir alle hassen sie. Diese Äußerung kann nicht nur sehr demotivierend sein, die dahinter liegende Einstellung ist sogar gefährlich.
Sehen wir uns einmal etwas genauer an, was Probleme eigentlich sind. Hier erweist sich (wieder einmal) die Welt des Systems Thinking als eine wahre Fundgrube der Inspiration. Demnach lässt sich ein Problem definieren als
der Unterschied zwischen einem wahrgenommenen Zustand und einem ersehnten Zustand.
Diese Definition ist nun beim ersten Lesen vielleicht nicht wirklich überraschend, aber bei genauerem Hinsehen hat sie es in sich! Denn in dieser Sichtweise ergeben sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten, um Probleme zu lösen. Laut dem amerikanischen Professor und Unternehmensberater Russell Ackoff können wir nämlich
a) die Realität verändern (den augenblicklichen Zustand),
b) unsere Ziele anpassen (den ersehnten Zustand) oder
c) unsere Wahrnehmung des Status Quo auf den Prüfstand stellen.
Problem-Zapping
Allein dadurch, dass wir uns diese drei Optionen klar machen, sind wir schon einen riesigen Schritt weiter als die allermeisten Organisationen! Denn für sie bedeutet Probleme lösen stets, die Realität zu verändern (also Variante a). Meistens nimmt das dann in etwa dieses Schema an: "Die Situation XY ist unbefriedigend, also lasst sie uns ändern." Tut man dies jedoch losgelöst von den beiden Aspekten b) und c), wird man in vielen Fällen nicht besonders weit kommen.
Ackoff gibt ein plastisches Beispiel hierzu: Was tun wir, wenn uns die Sendung nicht gefällt, die gerade im Fernsehen läuft? Wir zappen weiter! Dann ist zwar die lästige Sendung augenblicklich verschwunden, doch wahrscheinlich haben wir sie einfach nur gegen eine andere lästige Sendung eingetauscht. Nun haben wir beim Fernsehen nur eine begrenzte Anzahl an Sendern. So kann es eventuell schon eine vernünftige Strategie sein, alle durchzuzappen, in der Hoffnung, etwas Passendes zu finden (auch wenn jeder von uns den zunehmenden Frust beim Zapping kennen dürfte).
In der Realität sollten wir Zapping auf jeden Fall vermeiden. Stattdessen müssen wir uns Gedanken darüber machen, was eigentlich unser ersehnter Zustand ist – und wie wir erkennen werden, dass wir ihn erreicht haben. Dieser Aspekt ist im Spruch "Ich will keine Probleme hören, ich will nur Lösungen hören" völlig unterbelichtet. Wie soll jemand eine Lösung präsentieren können, wenn es gar keine einheitliche Vorstellung dazu gibt, wo die Reise hingehen soll? Dann bleibt ihm ja gar nichts anderes übrig, als "Zapping" zu betreiben und zu hoffen, dass sich das Problem damit früher oder später erledigt hat!
Sehen wir uns nun noch den dritten Bestandteil von Ackoffs Problemdefinition an: Die Wahrnehmung des Status Quo. Dieser Aspekt macht deutlich, dass es beim Lösen von Problemen nicht einfach nur darum geht, Ist- und Soll-Zustand in Einklang zu bringen. Zusätzlich sollten wir ständig unsere Wahrnehmungen in Frage stellen. Was genau ist eigentlich unbefriedigend am augenblicklichen Zustand? Sehen das alle so? Welche positiven Aspekte hat der Status Quo, die wir vielleicht vernachlässigen? Ist wirklich der Status Quo schlechter geworden, oder hat sich lediglich unsere Wahrnehmung geändert? Dies sind Fragen, die großen Erkenntnisgewinn bringen und zu einer wirklichen Lösung des Problems führen können, anstatt allzu schnell zu vermeintlichen Lösungen zu hetzen.
Chancen mit Dornen
Von Hugh Miller stammt der schöne Ausspruch "Problems are just opportunities with thorns on them." Wir sollten aufhören, Probleme immer nur als lästige Plagegeister zu sehen, die es gilt, möglichst schnell loszuwerden. Denn Probleme (in der Sichtweise Ackoffs) bieten uns die Möglichkeit, uns selbst und das System, in dem wir arbeiten, genauer zu verstehen und immer weiter zu verbessern. Die Einstellung des Chefs vom Anfang ist deshalb nicht nur unbefriedigend für seine Mitarbeiter, sie ist auch äußerst schädlich für das Unternehmen, weil sie auf Dauer Stillstand bedeutet.
Chefs sollten sich selbst als oberste Problemlöser betrachten und einen Großteil ihrer Zeit darauf verwenden, weitere Problemlöser auszubilden. Wie können sie das tun? Ein guter Weg, um sich der Sache zu nähern, ist die A3-Methode, wie sie von John Shook beschrieben wird (s. hierzu Shook (2008): "Managing to Learn: Using the A3 Management Process" sowie Kudernatsch: "Probleme effizient lösen mit dem A3-Report", Projekt Magazin 6/2014). Bei A3 geht es darum, ein Problem auf einem A3-Zettel zu beschreiben und sich dann iterativ zu einer Lösung vorzuarbeiten. Dafür wird der Zettel in verschiedene Sektionen unterteilt, die beispielsweise "Titel", "momentaner Zustand", "Zielzustand" usw. lauten können.
Probleme genauer verstehen…
Auf die genauen Mechaniken von A3 soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden. In Zusammenhang mit A3 wird jedoch häufig übersehen, dass es in erster Linie nicht darum geht, einen A3-Zettel auszufüllen. Es geht noch nicht einmal darum, konkrete Probleme loszuwerden. Wichtiger ist es, Probleme (und damit das System, in dem wir arbeiten) genauer zu verstehen. Der entscheidende Aspekt besteht jedoch darin, Problemlöser auszubilden. Deshalb ist die Rollenaufteilung zwischen Problemlöser und Mentor, die in A3 angelegt ist, auch so wichtig.
Der größte Wert von A3 entsteht in den regelmäßigen Gesprächen, die die beiden miteinander führen. Der A3-Zettel dokumentiert dann viel mehr den Lernprozess, den die beiden durchlaufen als die Lösung des Problems. Leider wird genau dieser Aspekt beim Einsatz von A3 häufig weggelassen. Weil er nicht richtig verstanden wird, oder aus falschem Effizienzdenken heraus ("Wir können nicht zwei Personen gleichzeitig auf dasselbe Problem ansetzen.")
…und Systeme verbessern
Probleme sind in der Tat Chancen mit Dornen drauf. Wir sollten aufhören, sie nur als Defizite zu begreifen, die es gilt, möglichst schnell loszuwerden. Probleme lösen bedeutet, unser System zu begreifen und zu verbessern. Deshalb muss es heilige Aufgabe von Managern sein, sich mit Problemen zu beschäftigen und weitere Problemlöser auszubilden. Die A3-Methode mit seiner Aufteilung in Problemlöser und Mentor bietet dafür einen guten Zugang.
Lesen Sie auch passend zum Thema in unserem Blog: "Das Problem ist nicht das Problem" von Dr. Arne Roock.
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