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Falk Janotta
09.06.2017
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Sie befürchten negative Konsequenzen, wenn Sie Projektpuffer offen kommunizieren? Hendrik Hilmer räumt mit diesen Bedenken auf und plädiert für einen offenen Umgang mit Puffern. Hierfür setzt er eine vertrauensvolle Teamarbeit voraus – auch im Bauprojektmanagement.
Sie befürchten negative Konsequenzen, wenn Sie Projektpuffer offen kommunizieren? Hendrik Hilmer räumt mit diesen Bedenken auf und plädiert für einen offenen Umgang mit Puffern. Hierfür setzt er eine vertrauensvolle Teamarbeit voraus – auch im Bauprojektmanagement.
Neulich gab ich einer Gruppe von Mitgliedern einer öffentlichen Verwaltung ein Grundlagenseminar zum Projektmanagement. Unvermeidlich kamen wir auf das Thema Terminplanung zu sprechen. Bei der Klärung grundsätzlicher Kernstücke der Terminplanung wurden auch Pufferzeiten thematisiert. Was drückt der Puffer aus? Wie ist er zu kalkulieren? Welche Rolle spielt dabei die Eintrittswahrscheinlichkeit von terminrelevanten Risiken? Wie errechnet sich der Gesamtpuffer und was passiert mit ihm im Projektverlauf?
Ich stellte die Frage, wie man diese Pufferzeiten im Projekt – also gegenüber den verschiedenen Projektbeteiligten – kommunizieren sollte. "Wieso kommunizieren?", war die erste spontane Reaktion. Einige Seminarteilnehmer argumentierten, sie würden dem Auftraggeber und der Steuergruppe (z.B. dem Verwaltungsausschuss) gegenüber offen kommunizieren, den Mitarbeitern und beauftragten Unternehmen jedoch einen "offiziellen" Terminplan vorstellen, der die Puffer unberücksichtigt lasse. Sollte es dann zu Verzögerungen kommen, könne man immer noch die Puffer ziehen, ohne gleich ins Rotieren zu kommen.
Einige aus der Gruppe hielten dagegen, dass – insbesondere in öffentlichen Projekten – niemals eine ausreichende "Geheimhaltung" gewährleistet werden könne (gemeint war wohl "Vertraulichkeit" – machen Sie sich den Unterschied der bei der Wortwahl klar). Es würde immer etwas durchsickern. Dann wäre der Projektleiter "verbrannt" und niemand würde ihm mehr trauen. Der logische Schluss: Wenn man als Projektmanager überhaupt Puffer einplane, dürfe niemand etwas davon erfahren – auch nicht Auftraggeber und Lenkungsausschuss.
Ich stellte dagegen den offenen Umgang mit Pufferzeiten zur Diskussion. Diese Option stieß zunächst auf gemeinschaftliches Stirnrunzeln. Einige Teilnehmer schüttelten spontan den Kopf.
Warum wird die Kommunikation von Puffern von vielen (zu Recht) als problematisch angesehen? Was steckt hinter der Annahme, es sei besser, Puffer zu verschweigen? Bei dieser Einschätzung spielen einige mittlerweile gut erforschte Mechanismen eine Rolle. Einige von Ihnen möchte ich kurz aufgreifen, um die Ressentiments gegen die offene Kommunikation von Puffern zu würdigen. Anschließend werde ich jedoch darstellen, warum ich finde, dass Sie den Mut finden sollten, Puffer (in meinen Beispielen im Bauprojektmanagement) zu kommunizieren. Die Kommunikation von Puffern kann einerseits als Indikator, andererseits als Werkzeug zur Verbesserung der Projektkultur herangezogen werden.
Bei Puffern handelt es sich um knappe Ressourcen, die Verteilungskämpfe und mikropolitisches Verhalten provozieren (Solga/Blickle, 2012). Unter Ressourcen stellen wir uns in der Regel Geld, Verbrauchsmaterialien oder Mitarbeiter vor. Also Dinge, die man in irgendeiner Weise "greifen" kann. Puffer in Form von Zeit bei der Terminplanung oder freiem Budget sind jedoch genauso als Ressourcen zu verstehen. Ebenso wie bei anderen Ressourcen wird man sie als Projektmanager sparsam einsetzen und nur gebrauchen, wenn es nicht anders geht.
Der "Besitzer" von (Projekt-)Puffern ist anderen Projektteilnehmern ohne Puffer gegenüber im Vorteil, weil er mindestens im klassischen Dreieck der Projektmanagements (Zeit, Kosten, Qualität) über Spielräume verfügt. Zeitpuffer können z.B. eingesetzt werden, um die eigene Kostenstruktur zu entlasten. Dies spielt insbesondere in einem Umfeld wie dem öffentlichen Bau eine besondere Rolle, da die Teilnehmer im Projekt auch in anderen Projekten mit anderen Auftraggebern eingebunden sind.
Sind beispielsweise auf der Baustelle B Terminziele einer Firma in Gefahr, können unter Nutzung von Puffern des Projekts A Kolonnen abgezogen werden, um die Terminziele des Projekts B zu garantieren. Auf der Baustelle A geht die Arbeit somit weniger schnell und unter Einsatz der dortigen Pufferzeiten voran. Die Abwägung, ob so verfahren wird, ist zwar ökonomischer Natur und soll den Nutzen optimieren – dies dient jedoch nur der ausführenden Firma, nicht dem jeweiligen Projekt. Analog gilt dies für die Planungs- und Überwachungsleistungen der beauftragten Ingenieur- und Architekturbüros sowie Fachplaner.
Auch projektintern können Puffer dazu genutzt werden, um die Kostenstruktur des Projekts zu entlasten. Die Umverteilung findet dann intern statt, sodass der Verbrauch von Pufferzeiten in einer früheren Projektphase zu Lasten des Puffers in späteren Phasen geht. Ist z.B. ein vorgelagerter Projektteil auch nach Nutzung der Puffer unter Verzug, müssen die Puffer der nachgelagerten Prozesse/Gewerke neu berechnet werden, um das Terminziel des Gesamtprojekts nicht zu gefährden. Durch das nachträgliche Streichen von Puffern gehen den Besitzern dieser Puffer jedoch gewisse Sicherheiten verloren und der Druck hinsichtlich der eigenen Terminzielerreichung steigt.
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09.06.2017
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Wolfram Müller
31.05.2017