Nachlese zur Tagung "Projektmanagement Tools und Lösungen 2009" Das Ende der Featureitis?
Nachlese zur Tagung "Projektmanagement Tools und Lösungen 2009" Das Ende der Featureitis?
Schon im dritten Jahr fand die Expertentagung "Focus > Projektmanagement Tools und Lösungen" am 5. und 6. Mai 2009 in Würzburg statt. Veranstalter war das Institut für Projektmanagement von Professor Dr. Hasso Reschke aus München. Ca. 130 Teilnehmer - etwa so viele wie im Vorjahr - trafen sich, um mögliche Lösungen dafür zu diskutieren, wie man Projektmanagement unternehmens- oder zumindest abteilungs- oder bereichsweit mit entsprechender Toolunterstützung einführen und realisieren kann. Plenarvorträge behandelten übergreifende Fragestellungen und in drei parallelen Streams berichteten Unternehmen von ihren Erfahrungen bei der Einführung von PM-Tools und über den gegenwärtigen Stand ihrer Anwendung. 24 Aussteller informierten über die von ihnen angebotenen Programme und Beratungsleistungen, und ein Teil von ihnen stellte ihre Programme bzw. Programmzusätze in Live-Demonstrationen vor. Zwei Workshops beleuchteten das Thema aus ungewohnten Perspektiven.
Projekte in der Krise
Eine Tagung zu den Tools des Projektmanagements im Mai 2009 kann das Thema "Krise" nicht ignorieren.
Ein in letzter Zeit oft zu hörendes Argument ist, dass gerade in Krisenzeiten Investitionen in IT und insbesondere in IT-gestütztes PM notwendig seien, um weiterhin konkurrenzfähig zu bleiben. Dem steht die Erfahrung gegenüber, dass viele Unternehmen in der Krise zuerst Investitionen in IT, in neue Software sowie in Beratung und Schulung streichen.
Eine konkretere Analyse lieferte Dr. Schott (Campana & Schott) in seinem Eröffnungsvortrag, der drei mögliche Auswirkungen der aktuellen Rezession auf Projekte identifizierte:
- Laufende Projekte geraten in die Krise, da z.B. der Business Case anders bewertet wird oder der Kunde kein weiteres Interesse zeigt und das Budget gestrichen wird.
- Unternehmen starten Projekte, die gezielt auf die Krisenproblematik eine Antwort suchen: Kostensenkungsprojekte, Restrukturierungsprojekte.
- Projektportfolios werden an die aktuellen Herausforderungen angepasst. Diese Anpassungen gehen über eine Priorisierung und gegebenenfalls eine Reduzierung des Portfolios hinaus.
Schott schlug in diesem Zusammenhang vor, das Projektmanagement im Sinne eines Engpass-Managements gleichsam auf sich selbst anzuwenden mit der Vision, gleichen Output mit geringeren Mitteln für das unternehmensweite Projektmanagement zu erreichen. Hierzu seien die Analyse von Kostenblöcken und Rationalisierungen im PM z.B. durch Verschlankung von Prozessen und Standardisierungen die Mittel der Wahl.
Auch andere Hersteller- und Beratungsfirmen nahmen sich des Themas an, um die richtigen Projekte und effizientes Projektmanagement als Ausweg aus der Krise zu propagieren. So unterscheidet ein Papier von Rich Murphy (Planview Inc.) IT-Kosten in "Run the Business = RTB-Kosten" und "Change the Business = CTB-Kosten". Zur Bewältigung der Krise müssten (nicht nur, aber auch) die "Run the Business"-Kosten reduziert werden, während die "Change the Business"-Investitionen der Wachstumskatalysator seien, die die entscheidenden technologischen Innovationen vorantrieben und damit die Chancen der Unternehmen spätestens bei wieder anspringender Konjunktur wesentlich verbesserten. Da Projekte dem "Change the Business" zuzurechnen seien, wäre es falsch, an ihnen zu sparen. In Gesprächen mit den Herstellern und Beratern war eine dieser Einschätzung entsprechende, optimistische Stimmung zu spüren: Gegenwärtig leiden wir zwar unter der Zurückhaltung unserer Kunden, aber wir sind mit unseren Produkten gut aufgestellt, da Projektmanagement in jeder Konjunkturlage eine wachsende Bedeutung erhalten wird.
Welchen Nutzen haben Projektmanagement-Informationssysteme?
Auf die stattliche Zahl der Anbieter, geschätzte 300 mit über 400 Produkten weltweit, wies Prof. Dr. Ahlemann von der European Business School (Oestrich-Winkel) in seinem Einleitungsvortrag hin. Projektmanagement-Informationssysteme (PMIS) seien heute Standard-Werkzeuge des Projektmanagements, da ab einer mittleren Komplexität Projekte ohne Softwareunterstützung nicht mehr zu bewältigen seien. Er stellte eine (noch laufende) Studie vor, die empirisch untersucht, welchen nachweisbaren Nutzen diese Systeme haben unter den drei zentralen Fragestellungen:
- Welche Eigenschaften von PMIS bewirken die Realisierung von Nutzen?
- Welche direkten und indirekten Nutzeffekte werden realisiert?
- Welche Implikationen haben diese beiden Punkte für die Praxis?
Beim gegenwärtigen Stand der Studie ergeben sich bisher diese (vorläufigen) Trendaussagen:
- Die Anwendungsschwerpunkte von PMIS sind das Terminmanagement, das Ressourcenmanagement und überraschenderweise das Kostenmanagement, obwohl letzteres häufig von ERP-Programmen übernommen wird.
- Mit der Qualität der Informationen sind die Benutzer im Wesentlichen zufrieden, besonders mit der Nützlichkeit der Informationen und ihrer Korrektheit.
- Die technische Qualität wurde mit "Gut" beurteilt, insbesondere die Verfügbarkeit, das Multitasking und die Reaktionszeit.
Unzufriedenheit besteht mit der Ergonomie der PMIS, da sie weder unnötige Eingaben noch Fehleingaben vermeidet und auch keine schnelle Fehlerkorrektur ermöglicht.
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andrusch
22.06.2009